02.09.2014

Internet Verwaltung: eco fordert klaren Prozess zur IANA Reform

  • Übergabe der ICANN Kontrolle zu September 2015 fraglich: IGF muss jetzt Prozess festlege
  • Sicherheit und Stabilität der Netzarchitektur sind zentrale Wirtschaftsfaktoren
  • eco begrüßt Engagement der Bundesregierung für starkes Multi-Stakeholder Modell

Heute startet in Istanbul das 9. Internet Governance Forum (IGF). Vier Tage lang werden sich geschätzt 2.500 Vertreter internationaler Regierungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen sowie Teilnehmer aus der Zivilgesellschaft zu aktuellen Fragen der Internet Governance wie Internet Verwaltung, Netzneutralität, Sicherheit und Datenschutz, Überwachung und Urheberrechte im digitalen Zeitalter austauschen. Von größter Bedeutung werden hier aus Sicht der Internetwirtschaft die Diskussionen rund um den Reformprozess der IANA-Aufsichtsein. Es geht um eine Nachfolgeregelung für die Verwaltung der Internet-Adressverwaltung der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) verwaltet die Rootzone des Domain Name System. Sie betreibt die dreizehn Root Server, die den Startpunkt für alle Namensauflösungen im Internet bilden.

Übergabe der ICANN Kontrolle zu September 2015 fraglich: IGF muss jetzt Prozess festlegen

Eine führende Rolle in der Internet Verwaltung spielt bislang noch die US-Regierung, die über ihr Handelsministerium die Oberaufsicht über die IANA-Funktion der ICANN ausübt, jedoch verkündet hat, diese Rolle im September 2015 abgeben zu wollen. Wie die Neuorganisation der ICANN dann aussehen soll, ist bislang noch unklar und Gegenstand internationaler Verhandlungen. Viel Zeit bleibt dabei allerdings nicht mehr. „Es geht bei der IANA-Diskussion weniger um Inhalte, als mehr um Prozesse, die festgelegt werden müssen“, sagt der eco Vorstandsvorsitzende Michael Rotert. „Wenn es in Istanbul nicht gelingt, die Rolle und den Beitrag festzulegen, den das IGF bei der Neuorganisation der IANA einnehmen will, sowie einen koordinierten Prozess zur Klärung dieser Fragen in Gang zu setzen, bezweifle ich, dass es gelingt, bis September 2015 eine alternative Lösung zu erarbeiten. Dann wird immer wahrscheinlicher, dass die USA ihren Vertrag noch einmal verlängern“, so Rotert.

Sicherheit und Stabilität der Netzarchitektur sind zentrale Wirtschaftsfaktoren

Die Sicherheit, Stabilität, Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit sowie Vertrauenswürdigkeit der Internetinfrastruktur und Netzarchitektur gewährleistet die Innovationsfähigkeit des Internet und bildet die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und ein prosperierendes digitales Ökosystem.

„Für uns ist die Verlässlichkeit des Systems der IP-Adressvergabe und Domainnamen von höchster Priorität“, sagt Michael Rotert. „Unsere Mitgliedsunternehmen sind auf sichere, stabile, robuste und interoperable Internet-Infrastrukturen angewiesen. Unabhängig von der Diskussion über die IANA-Reform ist daher entscheidend, dass bei der Vergabe und Koordinierung zentraler Internetressourcen wie Domainnamen und IP-Adressen Stabilität und Sicherheit gewährleistet sind. Dies hat in der Vergangenheit gut geklappt und sollte auch das Kernziel jedes neuen Selbstverwaltungssystems sein“, betont Rotert.

eco begrüßt Engagement der Bundesregierung für starkes Multi-Stakeholder Modell

Die Mehrheit der Internetnutzer (rund 40 %) sind laut einer von eco im Februar diesen Jahres beauftragten repräsentativen Online-Umfrage von TNS Infratest der Meinung, dass die EU künftig mehr Verantwortung für Internet Governance übernehmen sollte, dicht gefolgt von Internationalen Organisationen wie zum Beispiel den Vereinten Nationen (UN), die 35 % der Nutzer gerne stärker an der Internetverwaltung beteiligt sähen. Immerhin ein Drittel der Befragten (32 %) sieht allerdings auch eine direkte Verantwortung für Internet Governance bei den Nutzern selbst.

Dieses Meinungsbild spricht für den Ausbau eines starken Multistakeholder-Modells in der Internetverwaltung, wie es auch eco in einem kürzlich veröffentlichten Leitlinien-Papier zur Internet Governance fordert: „Das Multi-Stakeholder-Modell hat sich als ein bewährtes Konzept für den Dialog unterschiedlicher Akteure und die Regulierung grundlegender Internetfunktionen erwiesen. Um es nachhaltig zu stärken, brauchen wir einen starken legitimationsstiftenden Prozess für alle an Internet Governance beteiligten Institutionen und Personen“, sagt Michael Rotert.Die Kontrolle der Internetverwaltung durch nationale Regierungen oder zwischenstaatliche Organisationen sei keine Alternative, so Rotert.

eco begrüßt daher ausdrücklich die Aufwertung, die das Thema Internet Governance jetzt im Rahmen der Digitalen Agenda der Bundesregierung erfährt. Mit der Ankündigung der USA, ihre Aufsichtsfunktion über die wichtige Internet Assigned Numbers Authority (IANA) aufgeben zu wollen, hat sich neuer Gestaltungsspielraum in der Internet Governance ergeben, den sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union nutzen sollte. Gerade vor der anstehenden Diskussion ist die positive Aussage über die Mitwirkung der Bundesregierung an der ICANN Neuorientierung ein richtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland.