24.02.2015

2. eco Politikfrühstück: Dringender politischer Handlungsbedarf beim Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger war und ist eines der umstrittensten Gesetzesvorhaben im Bereich der Internet- und Netzpolitik. Seit seinem Inkrafttreten im August 2013 herrscht bei allen Beteiligten eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft lud deshalb am 24. Februar zum Politikfrühstück in das eco Hauptstadtbüro, um über Auswirkungen, Probleme und Zukunft des Leistungsschutzrechtes zu diskutieren.

Unter den Gästen befanden sich unter anderem Mitarbeiter aus dem Bundestag und den Ministerien sowie Vertreter aus der Wirtschaft und von eco Mitgliedsunternehmen. Anlass war ein Antrag zur Streichung des Leistungsschutzrechts durch die Oppositionsfraktionen Bündnis 90 / Die Grünen und DIE LINKE, der im Dezember 2014 veröffentlicht wurde. Zu diesem Aufhebungsantrag wird am 4. März 2015 eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Außerdem kündigt der Koalitionsvertrag an, das Leistungsschutzrecht in dieser Legislaturperiode zu evaluieren.

Im Rahmen des Politikfrühstücks wurde über die rechtlichen und ökonomischen Aspekte des Leistungsschutzrechts für Presseverleger diskutiert. Dabei sind verfassungsrechtliche und europarechtliche Fragestellungen nach wie vor ungeklärt. Insbesondere wurde die Frage aufgeworfen, ob das Gesetz der EU zur Notifizierung hätte vorgelegt werden müssen und ob daraus möglicherweise

die Nichtanwendbarkeit des Gesetzes oder ein Vertragsverletzungsverfahren resultieren könnte. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Beseitigung der Rechtsunsicherheit dringend notwendig ist und politischer Handlungsbedarf besteht.

In seinem Eingangsstatement wies Oliver Süme, Vorstandsmitglied für den Bereich Politik & Recht, darauf hin, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverleger nicht notwendig sei. Es gebe keine entsprechende Schutzlücke im Urheberrecht. Gleichzeitig widerspreche das Leistungsschutzrecht der Grundidee des Meinungs- und Informationszugangs im Internet und würde sich negativ auf Anbieter innovativer Dienste auswirken. Oliver Süme sagte dazu: „Wir torpedieren eine wachsende Branche mit dem Leistungsschutzrecht, ohne eine entsprechende Grundlage, ohne das daraus positive Effekte für die Presseverleger entstünden.“ Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger benachteilige zudem die Urheber und Journalisten und schütze lediglich die Verlage, dadurch wird die kreative Wertschöpfung gebremst.

Bislang ist das Leistungsschutzrecht für Presseverleger seit seinem Inkrafttreten im August 2013 praktisch zwar nicht zur Anwendung gekommen, hat aber bereits negative Auswirkungen. Noch immer werden entsprechende Verhandlungen und Rechtstreitigkeiten geführt. Zweifelhaft ist zudem, ob das Gesetz wegen der nicht erfolgten Notifizierung bei der europäischen Kommission überhaupt zur Anwendung gebracht werden kann. In der Zwischenzeit haben die Verleger dem größten Suchmaschinenanbieter Google zunächst eine kostenfreie Lizenz zur Anzeige von sogenannten Snippets ausgestellt. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, das Leistungsschutzrecht in dieser Legislaturperiode evaluieren zu wollen. Die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE haben dazu im Dezember 2014 einen Antrag zur Aufhebung des Gesetzes gestellt. Zu diesem Aufhebungsantrag wird am 4. März 2015 eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

Für Oliver Süme, Vorstand Politik & Recht lag einer der wesentlichen Diskussionspunkte über das Leistungsschutzrecht für Presseverleger bei den europarechtlichen und europapolitischen Fragestellungen. Er warnte in diesem Zusammenhang vor den Auswirkungen nationaler Initiativen, die sich negativ auf den digitalen Binnenmarkt auswirken könnten.

In Deutschland führt das Leistungsschutzrecht seit seiner Einführung zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen. Für eco ist das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, zudem weder mit dem Verfassungs- noch mit dem Europarecht in Einklang zu bringen.

Die Folgen die sich aus der Gesetzgebung gerade für kleine- und mittelständische Unternehmen ergeben, können gravierend sein und sind aufgrund der derzeitigen Situation finanziell weder kalkulier- oder planbar. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger wirkt sich auch auf die Bereitstellung und das Angebot innovativer Dienste aus.

Gerade Start-Ups werden häufig im Kerngeschäft durch das Leistungsschutzrecht für Presseverleger angegriffen, die geforderten Gebühren übersteigen das Leistungsvermögen, deshalb müssen innovative Geschäftsmodelle oft einschneidend verändert oder gar einstellt werden. Ein weiteres Problem ist die bestehende Rechtsunsicherheit und die zu erwartenden langwierigen Rechtsstreitigkeiten.

Einige Beispiele zeigen bereits jetzt die negativen Folgen: So stellte die Nachrichtensuchmaschine „nasuma.de“ ihren Dienst wegen des Leistungsschutzrechts ein. Der Newsaggregator „rivva“ sah sich gezwungen, eine Vielzahl von Angeboten aus seinem Dienst auszulisten und seinen Dienst gänzlich umzugestalten, wodurch der Nutzen von „rivva“ erheblich abnahm.

Gegen Ende waren sich aber alle Gäste einig, dass es die Presselandschaft und den Qualitätsjournalismus zu schützen gilt, jedoch das Leistungsschutzrecht als Finanzierungsmodell hierfür ungeeignet sei. Viele namenhafte Verlage und Medien wie Spiegel, FAZ und Süddeutsche Zeitung haben sich schon jetzt bewusst gegen die Ausübung des Leistungsschutzrechts entschieden.

Die Bundesregierung muss sich jetzt klar zum Leistungsschutzrecht positionieren und zumindest einen Fahrplan für die bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Evaluation des Gesetzes vorlegen. eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft wird sich auch weiterhin nachhaltig für die Abschaffung des Leistungsschutzrechts einsetzen.

Lesen Sie hier das eco Positionspapier und eco Hintergrundpapier und zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger.