20.05.2016

Neue Wege beim IT-Recruiting gehen

Es wird immer schwieriger, IT-Fachkräfte über Jobmessen oder Stellenanzeigen zu finden. Deshalb sind neue Wege gefragt, meint Lutz Leichsenring, Chief Evangelist bei young targets. Die Berliner Agentur ist ein Pionier im Bereich des erlebnisorientierten Recruitings. Im Interview haben wir ihn nach unkonventionellen Recruiting-Formaten, Recrutainment und einem Hackathon gefragt.

Herr Leichsenring, läuft das Recruiting von IT-Fachkräften grundsätzlich anders ab?

Klassisches Personalmarketing über Jobmessen oder Stellenanzeigen reicht oftmals nicht mehr aus, um qualifizierte IT-Talente zu erreichen. Eine genaue Tätigkeitsbeschreibung über eine Stellenanzeige abzubilden, ist kaum möglich. Mit einem Informatikstudium kann man nach dem Abschluss in fast allen Branchen mitmischen. Medizin, Mobilität, Kommunikation und Raumfahrt sind dabei nur ein paar interessante Felder, in denen InformatikerInnen gefragt sind.

Konzerne und Start-ups buhlen gleichermaßen um die Gunst der schlausten Köpfe. Doch eine Recruiting-Messe ist nicht der Ort, an dem man sich über Karrieremöglichkeiten austauscht. Man trifft sich in User Groups, auf Barcamps und Fachkonferenzen. Mobiltelefone, soziale Medien, spezialisierte Blogs und Foren werden heute von der Zielgruppe genutzt, um sich zu vernetzen und weiterzubilden. Wer also in diesen Tagen IT-Nachwuchsfachkräfte für sein Unternehmen gewinnen möchte, muss neue Wege gehen und seine Recruiting-Themen mit interessanten Fachthemen verknüpfen.

Warum benötigt man heute unkonventionelle Recruiting-Formate?

Einer – wenn nicht der wichtigste – Erfolgsfaktor ist die Wahrnehmung eines attraktiven Arbeitgebers. Wer dieses Image erlangen möchte, steht allerdings angesichts des Versagens klassischer Kommunikationsansätze vor einem Problem: Wie vermittle ich dieses positive Image, welches meiner Assets spricht die Zielgruppe besonders an? Wie kann ich überhaupt bei der für mich wichtigen Absolventengruppe ein wirkungsvolles Employer Branding betreiben?

Heutige Hochschulabsolventen legen ihrer Berufsentscheidung vielfältigere und andere Kriterien zugrunde als jene in der Vergangenheit. Natürlich spielt das angebotene Gehalt auch weiterhin eine Rolle, aber immer stärker suchen sie Herausforderungen, gute Entwicklungsmöglichkeiten, eigenverantwortliches oder selbständiges Arbeiten. Der neue Job soll nicht nur vom Gehalt, sondern vor allem auch emotional und ideell zum Bewerber passen.

Unkonventionelle Recruiting-Formate bedienen nicht nur die Interessen des Arbeitgebers, sondern bieten auch dem Kandidaten die Möglichkeit, hinter die Kulissen von Unternehmen zu schauen, Mitarbeiter auf Augenhöhe kennenzulernen und mehr über die Branche und die Tätigkeit zu erfahren.

CampusHackathon

Was versteht Ihre Agentur unter „Recrutainment“?

Recrutainment-Events sind Veranstaltungsformate, bei denen der Spaß- und Informationsfaktor im Vordergrund stehen, aber dennoch klare Recruiting- und Employer-Branding-Ziele verfolgt werden. Sie eignen sich insbesondere, um sich bei der aktuellen und kommenden Generation an Berufseinsteigern ins Gespräch zu bringen und potenziellen Bewerbern persönlich auf Augenhöhe zu begegnen.

Die Veranstaltungsbewerbung wird genutzt, um die Arbeitgebermarke in der Tech-Szene zu kommunizieren, indem man mit Fachthemen und spannenden Speakern die Technologie-Affinität in den Mittelpunkt rückt. Werbemaßnahmen können so gesteuert werden, dass potenzielle Kandidaten ohne große Streuverluste erreicht werden und sich auf einer Website mit ihrem Karriereprofil registrieren. Zusätzlich kann eine Befragung oder Aufgabenstellung im Anmeldeprozess zur Selektion und Einschätzung der fachlichen Qualifikation genutzt werden.

Die Interaktion zwischen Arbeitgeber und Kandidaten während der Veranstaltung dient dazu, den Eindruck zu vervollständigen und eine Evaluation vornehmen zu können. Im Nachgang der Veranstaltung kann mit Teilnehmerstimmen und Testimonials auf Folgeveranstaltungen aufmerksam gemacht werden, um den Arbeitgeber insgesamt als glaubwürdig und attraktiv darzustellen.

Wie nutzt einem Arbeitgeber ein „Hackathon“?

Ein Hackathon ist kein Programmier-Wettbewerb im klassischen Sinne, sondern ein Programmier-Fest! Es ist ein kollektives, soziales Erlebnis, bei dem sich ein Unternehmen mit Mentoren einbringen kann und Nachwuchsfachkräfte in einer Arbeitsatmosphäre persönlich und fachlich kennenlernt. Denn die Teilnehmer arbeiten 24 Stunden lang in Teams aus Programmierern und Webdesignern an einer Idee, die unter Zeitdruck in Code umgesetzt werden muss.

Beim Hackathon können alle Teilnehmer profitieren: Nachwuchskräfte treffen auf Unternehmensvertreter und IT-Experten, und andersrum. Ziel ist der Austausch unterschiedlicher Fachkompetenzen und die Entwicklung spannender und innovativer Projekte. Wissensaustausch und Networking stehen hierbei im Vordergrund. Unternehmen und Bewerber lernen sich in lockerer Atmosphäre vor Ort in den Räumlichkeiten der Unternehmen kennen und die Bewerber können die Mitarbeiter in deren Arbeitsalltag beobachten. Dabei können die IT-Firmen zeigen, dass auch kleine Unternehmen ihren Mitarbeitern ein modernes und attraktives Arbeitsumfeld bieten können.

Lutz Leichsenring nimmt als Referent und Diskussionsteilnehmer beim nächsten Treffen der eco Kompetenzgruppe New Work am 31. Mai in Köln teil.

Fotos: young targets GmbH