06.10.2017

Wie smart ist die Cloud?

Im Kampf der Buzz-Wörter fällt es manchmal schwer, den Bezug zwischen den jeweiligen Trendthemen herzustellen. Wie passen also smart und die Cloud zusammen?

von Andreas Weiss, Director EuroCloud Deutschland_eco e.V.

Cloud Computing als Technik betrachtet ist sehr nah im Kontext von IT-Infrastrukturdiensten zu sehen, also von Hardware- und Softwarekomponenten. Bei der Verwendung von Cloud im Allgemeinen kann ein viel weiterer Bereich gefasst werden: Dann geht es zusätzlich um Netzwerke, Peering, Routing und die gesamte Topologie. Die Art und Weise, wie und wo Daten gespeichert werden, wie sie zum gewünschten Auswertungsort gelangen, mit welchen Diensten sie geteilt werden und wer die Verantwortung für die Daten übernimmt, stellt alle Beteiligten vor immer größere Herausforderungen.

Treuhand-Clouds nur kurzfristige Lösung

Als das Internet entstand, sollte es nicht anfällig gegen Störungen und gerade mal intelligent genug sein, alternative Wege für die zu übertragenden Datenpakete zu finden. Wichtig dabei war die Maßgabe der Netzneutralität – alle Datenpakete sollten gleichbehandelt werden.

Je mehr sich die Welt aber in Richtung Cloud Computing bewegt, desto relevanter werden die Daten, ihre Inhalte, Verwertungsmöglichkeiten und die zuständige Rechtsprechung. Sobald die Daten an einem konkreten Ort sind, unterliegen sie zunächst der Rechtsprechung dieses Landes. Genauso unterliegen sie aber auch jeweils der anzuwendenden Rechtsprechung des Datenbesitzers oder der des beauftragten Datenverwalters. Manche Auslegungen gehen sogar soweit, dass der Systemverantwortliche für die technische Betriebsumgebung in die Verantwortung gezogen werden kann. Gerne wird dann wieder eine nationale Cloud gefordert oder es werden Treuhand-Clouds gebildet, die aber nur eine kurzfristige Lösung darstellen.

Transparenz der Datenwege

Eine Alternative kann sein, Sender und Empfänger auf eindeutigen Wegen zu verbinden. Das widerspricht aber dem grundlegenden Netz-Gedanken des Internet, denn wenn ein Weg nicht funktioniert, wird einfach einer der vielen anderen möglichen Wege gewählt. Nun können über Mietleitungen feste Wege definiert werden – aber mit spezifischem Ziel und Datenvolumen. Die aktuelle Multi-Cloud-Studie von Crisp Research zeigt, dass die Unternehmen jetzt schon mit vielen Cloud Services verbunden werden müssen und nicht nur mit einem oder zwei. DE-CIX, der weltweit führende Betreiber von Internet Exchanges, hat zu diesem Zweck einen neuen intelligenten Service entwickelt: DirectCLOUD richtet sich an Internet Service Provider, Rechenzentren und Unternehmen. Sie bekommen damit eine extrem schnelle, sichere und kosteneffektive Verbindung zu einer großen Auswahl an Cloud Service Providern: Über einen Port am DE-CIX werden Cloud-Anwender via Virtual Local Area Network (VLAN) direkt mit den gewünschten Cloud-Anbietern verbunden. Fällt die Wahl auf einen lokalen Cloud-Service Provider, kann der Internet Service Provider garantieren, dass die Daten Deutschland nie verlassen.

Die Verbindung via VLAN umgeht das Internet und ist dadurch sicher vor DDoS-Attacken. Sie erleichtert redundante IT-Lösungen, die für mehr Ausfallsicherheit sorgen und reduziert erheblich das Risiko von verlorenen Internetpaketen, langen Antwortzeiten und Cyberangriffen von Verbindungen. Für die Kunden wirkt dies wie ein lokales Netzwerk, das in die Cloud verlängert ist. Hinzu kommt, dass DirectCLOUD-Nutzer ihre eigenen IP-Adressen in der Cloud verwenden können und keine Umschaltmechanismen notwendig sind.
Die Themen Territorialität, Absicherung gegen Cyberangriffe und Transparenz der Datenwege werden also bedeutender und nehmen Einfluss bis in den Infrastruktur- und Netzbereich.

Es muss zudem unterschieden werden, wer Daten erzeugt, diese sammelt und verwertet, aber ganz generell auch, wem diese Daten gehören und wer ein Mitbestimmungsrecht hat. Nehmen wir das – auch ohne autonomes Fahren – relevante Beispiel des Connected Car. Die Daten werden vom Benutzer des Autos generiert, das IoT-Gerät (Fahrzeug) gehört ihm, seinem Arbeitgeber oder einer Leasingfirma. Die zugehörige Auswerteplattform für PKW-nahe Dienste gehört dem PKW-Hersteller oder einem Verbund von Branchenanbietern. An der nachgelagerten Digitaldrehscheibe für Verkehrssteuerung, Reisebegleitung und kontextbezogene Werbung aller Art sind eine Reihe von Drittanbietern beteiligt und da wird es schon schwierig: Was passiert, wenn das Auto verkauft wird oder der Benutzer sich trotz zahlreicher Vorteile gegen die Verwertung seiner Daten entscheidet? Kümmert sich dann jemand um das Löschen im System und in den zugehörigen Plattformen? Hinzu kommt, dass ab einem gewissen Punkt die angebotenen Dienste ohne zwangsweise Datenbereitstellung gar nicht richtig funktionieren können.

Werden wir also erleben, dass zukünftig Datensendungen eindeutigen Vereinbarungen zur Verwertung und zu den Besitzverhältnissen zwischen Sender und Empfänger unterliegen?

Smart mit tiefgreifendem Einfluss

Mit dem generellen Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) im Mai 2018 werden solche Überlegungen zunehmend relevant. Damit stehen wir aber noch immer am Anfang der Frage, in welchem Umfang die Qualifizierung von Daten Einfluss auf die Gestaltung von Cloud-Topologie, Datenlogistik und Datenverarbeitung nehmen wird und was darauf aufsetzend passiert. Dabei bewegen wir uns immer stärker in die Welt der „smarten Services“. Mit den kürzlich von eco veröffentlichen Studien zu Smart Home und Smart City wird eindrucksvoll belegt, wie tiefgreifend diese Servicekonzepte unsere zukünftige Lebenswelt beeinflussen und zudem einen Servicemarkt mit Wachstumsprognosen von circa 20 Prozent pro Jahr ermöglichen.

Damit eine Stadt aber als „smart“ bezeichnet werden darf, sind vielfältige Maßnahmen nötig und die Zielvorgaben steigen im internationalen Vergleich stetig. Auf jeden Fall ist das Internet dabei eine entscheidende Infrastrukturkomponente, besonders im Bereich des mobilen Zugangs. Es ist aber auch entscheidend für die Sensorik (IoT) und letztendlich das digitale Ökosystem, die beide aufgrund von Leistungsanforderungen und aus wirtschaftlicher Sicht ausschließlich unter Zuhilfenahme von Cloud Services entstehen können. Der Löwenteil des Umsatzes an Serviceleistungen von zusammen mehr als 50 Prozent entfällt dabei in den kommenden fünf Jahren auf die Segmente Transport und Logistik, Kommunikation und Sicherheit sowie Gebäudeautomatisierung. In der zweiten Welle sind aber Bildung, Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung die Wachstumstreiber.

Vieles hängt davon ab, dass sich Cloud Computing genauso stabil und zuverlässig wie das Internet selbst darstellt und sich für alle Beteiligten eine angemessene Rechtssicherheit, vorrangig im Bereich Datenschutz, darstellen lässt. eco engagiert sich umfassend bei der Gestaltung aller internetnahen Themen, wozu auch die Rahmenbedingungen für eine gut funktionierende Digitalwirtschaft gehören.

Andreas Weiss