30.07.2019

Baustopp für Rechenzentren gefährdet Wachstum und Wohlstand

Gezielte Förderung statt Forderung nach Baustopp: Eine erfolgreiche Digitalisierung sowie ein zukunftsfähiger Standort setzen leistungsfähige digitale Infrastrukturen voraus. Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland, erläutert im Kurzinterview, warum diese so wichtig für Wirtschaftswachstum und Wohlstand sind.

Herr Dr. Waldhauser, warum muss das Internet der Zukunft besonders leistungsstark und vertrauenswürdig sein?

Wir gehen davon aus, dass bis Ende dieses Jahrzehnts voraussichtlich 50 Milliarden Menschen, Dinge und Prozesse weltweit über das Internet verbunden sein werden. Diese enorme Zahl lässt erahnen, welche Last das Internet in Zukunft verkraften muss oder anders herum, wie leistungsstark es sein muss.

Auch das Vertrauen spielt eine sehr wichtige Rolle. Für die Digitalisierung bestehender Prozesse und der Einführung neuer ist Vertrauen der Schlüssel, was durch Aufklärung und bestmögliche Sicherheit auf allen Ebenen erworben werden muss.

Welche Bedeutung kommt dabei Rechenzentren zu?

Voraussetzung für Leistungsfähigkeit ist eine entsprechende Infrastruktur. Diese besteht auf der einen Seite aus flächendeckend verfügbaren Breitbandnetzen und auf der anderen Seite aus energieeffizienten, verlässlich leistungsstarken und sicheren Rechenzentren. In Deutschland stellen allerdings schlechte politische Rahmenbedingungen die Betreiber digitaler Infrastrukturen vor teils hohe Herausforderungen und gefährden ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben deshalb die „Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland“ gegründet, damit die Politik diese endlich als wesentlichen Standortfaktor der Zukunft anerkennt und die Betreiber stärker unterstützt.

Politiker von Metropolregionen wie Amsterdam wollen mehr Kontrolle über die Errichtung neuer Rechenzentren haben. Sogar ein vorübergehender Baustopp ist im Gespräch. Was sagen Sie dazu?

Kritik kommt wegen der knappen Bauflächen, des Strombedarfs und der mangelnden Nutzung der Restwärme auf. Dazu kann ich nur sagen, dass die Branche seit Jahren selbst ein elementares Interesse daran hat, so sozialverträglich und umweltfreundlich wie möglich zu bauen und zu betreiben. Wir haben übrigens zum Thema Restwärme selbst ein Whitepaper veröffentlicht.

So benötigen moderne Groß-Rechenzentren beispielsweise nur noch rund 20 bis 25 Prozent des Stromes für die Kühlung. Zudem steigt der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen stetig – manche Anbieter setzen bereits auf 100 Prozent Ökostrom. Und an der besseren Nutzung der Abwärme wird ebenfalls bereits gearbeitet.

Ich halte so plakative Aktionen für das völlig falsche Signal. Unsere Studie „Bedeutung digitaler Infrastrukturen in Deutschland“ belegt, wie wichtig Rechenzentren für die digitale Souveränität und den Wachstumsmotor Internetwirtschaft sind. Unsere Schlüsselbranche sichert hierzulande mehr als 200.000 Arbeitsplätze. Wenn Kommunen den Bau neuer Rechenzentren verbieten, gefährden sie schlicht Wirtschaftswachstum und Wohlstand.

Bela Waldhauser