Entwicklung von Rechenzentren im Jahr 2016

Entwicklung von Rechenzentren im Jahr 2016

 
Interview mit Dr. Ralph Hintemann, Borderstep Institut
 

Dr. rer. pol. Ralph Hintemann ist Partner und Senior Researcher am Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit. Als Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler forscht er seit mehr als 20 Jahren zu neuen Technologien und innovativen IT-Lösungen sowie den Möglichkeiten, hiermit Energie und andere Ressourcen zu sparen. Ein Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit liegt auf den technischen, ökonomischen und ökologischen Entwicklungen bei Rechenzentren.
 

Wie hat sich der Energiebedarf der Rechenzentren in Deutschland im Jahr 2016 entwickelt?

Der Energiebedarf der Rechenzentren in Deutschland ist auch 2016 wieder deutlich angestiegen, um 4,2% auf 12,4 Mrd. kWh – das ist so viel, wie vier mittlere Kohlekraftwerke im Jahr an Strom produzieren. Der Anstieg hat im Vergleich zu den Vorjahren sogar etwas zugenommen. Grund für den Anstieg ist vor allem ein deutlicher Ausbau der Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland. Es wird so viel gebaut, dass die Effizienzfortschritte in der Technik beim Energiebedarf leider mehr als ausgeglichen werden.
 

Was sind die Gründe für den aktuellen Boom beim Bau von Rechenzentren in Deutschland?

Der Bedarf an Rechenzentrumskapazitäten steigt weltweit stark an. Immer mehr Geräte und Sensoren werden an das Internet angeschlossen – Experten gehen hier bis 2020 von etwa 50 Mrd. Geräten aus. Diese zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft führt zu einer sehr hohen Nachfrage nach zentraler Rechen- und Speicherkapazitäten. Speziell in Deutschland führen aktuell die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit zu einem zusätzlichen Boom.

Deutsche Unternehmen legen einen sehr hohen Wert darauf, dass ihre Daten in Deutschland bleiben. Viele amerikanische Internetriesen bauen daher ihre Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland aus, um so den Anforderungen der hiesigen Kunden zu entsprechen.
 

Wie sehen Sie den deutschen Rechenzentrumsmarkt im internationalen Vergleich?

Trotz des aktuellen Booms wächst der deutsche Rechenzentrumsmarkt mittelfristig nur auf durchschnittlichem internationalen Niveau. Die Märkte in Nord- und Südamerika und vor allem in Asien, aber auch in Skandinavien wachsen deutlich stärker. Gründe hierfür liegen unter anderem in den vergleichsweise hohen Strompreisen und den verhältnismäßig aufwändigen Genehmigungsprozessen für Rechenzentren in Deutschland.

Die hohe Bedeutung von Rechenzentren für die digitale Wirtschaft der Zukunft ist bei der deutschen Politik noch kaum im Bewusstsein. Viele andere Länder fördern die Neuansiedlung von Rechenzentren deutlich stärker, in Schweden und Finnland gibt es beispielsweise Steuervergünstigungen für große Rechenzentren. In Hinsicht auf die Energieeffizienz hingegen stehen deutsche Rechenzentren im weltweiten Vergleich sehr gut dar.

Die „Studie zur Entwicklung von Rechenzentren im Jahr 2016“ kann auf der Website des Borderstep-Instituts kostenfrei heruntergeladen werden:

www.borderstep.de/publikationen