01.12.2014

Interview mit Stefan Moritz – new gTLDs im Fokus

Folge 10 mit dem Head of Business Development der NetNames GmbH aus München

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Lars Steffen: Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe unserer Interviewreihe „New gTLDs im Fokus“. Heute mit Stefan Moritz von der NetNames GmbH, hallo!


Stefan Moritz: Hallo Herr Steffen!

Lars Steffen: Ein mal ganz kurz – NetNames, wer sind Sie und was machen Sie?

Stefan Moritz: NetNames ist ein Anbieter von Lösungen im Bereich Domain-Management und Online-Markenschutz. Wir arbeiten vor allem für mittelständische und große Unternehmen und sind da eigentlich schon recht alt: In Internetjahren gerechnet sind wir seit Mitte der 90er Jahre aktiv mit ungefähr 350 Mitarbeitern und 12 Büros in Europa, ich selbst sitze in München. Kürzlich haben wir auch Büros in Asien, Indien, Singapur und in Australien aufgemacht. Damit sind wir in dem Themenbereich sehr stark. Beim Thema der neuen TLDs sind wir schon frühzeitig eingestiegen weil unsere Firmenkunden natürlich auch an dem Thema interessiert sind. Wir haben viele Anmeldungen von Unternehmen betreut und setzten hier natürlich auch die Umsetzung der .brand um. Wir kümmern uns aber auch um den Bereich der new gTLD-Anmeldungen für Unternehmen – gerade bei generischen und geographischen Begriffen.

Lars Steffen: Ja, steigen wir doch gleich in das Thema ein: Was macht denn für Sie eine gute und erfolgreiche TLD aus, auch unabhängig von den neuen gTLDs?

Stefan Moritz: Ich glaube eine erfolgreiche TLD ist daran zu erkennen, dass sie eine öffentliche Annahme hat, dass sie eine aktive Nutzung hat, und dass sie auch tatsächlich aktiv von Konsumenten angenommen wird. Wenn man sich derzeit die Verkaufszahlen ansieht, dann gibt es durchaus ein verzerrtes Bild: Schaut man sich z.B. die .xyz an sieht man, dass es um die 500.000 Registrierungen gibt, wobei die meisten davon wohl eher fragwürdig kreiert worden sind. Die Frage stellt sich, wie lange es diese Registrierungen überhaupt geben wird. Sind diese nächstes Jahr überhaupt noch da? 75% aller neuen TLDs sind derzeit auch mit Holding-Pages besetzt. Vor allem die langfristige Nutzung eines TLD-Namenraums wird den Erfolg bestimmen.

Lars Steffen: Denken Sie denn, dass aus der Sicht von NetNames bereits genug Kunden und Interessenten von den neuen gTLDs bescheid wissen?

Stefan Moritz: Da muss man auch differenzieren, denn es gibt unterschiedliche Kundensegmente. Die öffentliche Wahrnehmung ist je nach Zielgruppe sehr unterschiedlich. Wenn Sie jetzt zum Beispiel die breite Öffentlichkeit ansprechen – da sind die neuen TLDs noch relativ unbekannt. Es gibt auch sehr wenig Unternehmen, die derzeit mit neuen TLDs an den Markt gehen, es fängt gerade erst an. In unserem Bereich, vor allem im Domain-Management-Bereich, ist es schon seit langer Zeit ein sehr heißes Thema. Wenn wir mit Kunden sprechen merken wir, dass es unterschiedlich und abhängig von der Unternehmensgröße ist: Die großen Unternehmen haben sich schon durchaus mit dem Thema auseinander gesetzt und sind auch schon strategisch unterwegs mit entsprechenden Plänen. Bei kleineren und mittelständischen Unternehmen ist dies eher weniger der Fall, sie werden noch ein wenig überrascht von dem Thema.

Lars Steffen: Bei Ihnen geht es ja in erster Linie um den direkten Dialog mit dem Kunden. Führen Sie denn auch weitere Maßnahmen allgemein durch, um auf die neuen gTLDs aufmerksam zu machen?

Stefan Moritz: Ja, natürlich führen wir durchgehend Maßnahmen durch und das seit Anbeginn dieses Programms. Wir sind da auch sehr frühzeitig sehr aktiv gewesen. Wir publizieren Whitepapers, haben Publikationen in unterschiedlichen Fachmedien aber auch generell in den Medien. Ebenso führen wir regelmäßig Seminare durch. Man muss aber sagen, dass die Hauptberatung durch Kundentermine passiert. Dezidiert Unternehmen zu beraten, die ja unsere Hauptkunden sind, und zu sehen, welche Strategie Sinn macht und wie man sich mit den neuen gTLDs gut aufstellen kann.

Lars Steffen: Werden denn die neuen TLDs ein Erfolg und wenn ja, welche?

Stefan Moritz: Das ist natürlich die große Frage in die Glaskugel… Wenn wir Erfolg mit einer breiten aktiven öffentlichen und wirtschaftlich relevanten Nutzung definieren, dann wird es sicherlich einige .brands geben, die dies entsprechend strukturieren und nutzen werden, wie z.B. die gesamten Marketingaktivitäten auf .brand umzulagern. Wenn also ein Unternehmen wie z.B. BMW es durchsetzte, dann würde sich natürlich auch relativ schnell bei den Konsumenten herumsprechen, dass es dieses Konzept gibt und dementsprechend eine Nutzung erfahren. Letzte Woche gab es ja den Fall mit der CITIC in China, die als erstes Unternehmen von der .com auf die .brand umgeleitet haben.

Bei den generischen wird es sich noch zeigen – hier werden wohl auch zusätzliche Innovationen von Unternehmen benötigt, um sich vom Namensslogan zu differenzieren. Da gibt es natürlich TLDs mit einem breiteren Ansatz, die eher die Möglichkeit haben wirtschaftliche Konzepte anzubieten wie z.B. eine .sports oder .club. Ich denke aber, dass auch Nischenspieler – wenn sie ein smartes Konzept verfolgen – sich durchsetzen werden. Die geographischen sind natürlich auch zu erwähnen, so hat z.B. .berlin oder .wien eine sehr klare Nutzung und einen sehr klaren Nutzen mit dem sie an den Markt heran treten können – diese sehe ich natürlich auch als zukünftig relevant an.

Lars Steffen: Sie hatten ja gerade schon die geographischen genannt – werden denn die neuen TLDs Auswirkungen auf die bereits bestehenden TLDs auf dem Markt haben?

Stefan Moritz: Das ist eine schwierige Frage – ich denke schon. Von den Gesprächen, die wir mit den Unternehmen führen, wissen wir, dass die Budgets für Domains nicht unlimitiert sind. Viele Unternehmen müssen natürlich haushalten und planen, wie viele Euros in Zukunft für Domainnamen ausgegeben werden. Das muss dann natürlich auch im Verhältnis zu der bisherigen Struktur stehen. Bei einigen Unternehmen machen wir Domainbestände frei, um Platz für neue TLD-Anmeldungen zu schaffen. Also bei den Domains ein wenig Hausputz betreiben, was ja in der Vergangenheit etwas vernachlässigt wurde: Domain-Portfolios wachsen und wachsen normalerweise eher und die Unternehmen müssen hier ein bisschen smarter arbeiten. Dabei unterstützen wir die Unternehmen und helfen ihnen, die Domainstrategie anzupassen und auch umzulagern. Wir erkennen aus unseren Gesprächen, die wir derzeit führen, dass sich die etablierten gTLDs im Wachstum sicherlich verlangsamen werden.

Lars Steffen: Ich höre daraus, dass ein gewisses Interesse an den neuen gTLDs vorhanden ist. Warum sollten denn Ihrer Meinung nach Ihre Kunden bei einigen Themen auf die neuen gTLDs wechseln?

Stefan Moritz: wir diskutieren vor allem zwei Grundmotivationen bei Unternehmen. Zu bewerten sind hier zum einen „Risiken“ und zum anderen die „Chancen“. Wobei man aber auch sagen muss, dass Registrierungen auf Basis von Risiken, die entstehen können (man nennt sie auch defensive Registrierungen) im Moment immer noch der stärkere Teil der Motivation sind.

Allerdings muss man sagen, dass einige Unternehmen jetzt auch in den neuen TLDs nach Marketing-Ansätzen suchen und sich überlegen, wie man mit Markenregistrierungen (z.B. NetNames.online) oder mit generischen Begriffen (z.B. Krebsforschung.center) Themenseiten platziert und Traffic auf der eigenen Seite generiert. Hier sehen wir, dass die Kreativität zunimmt und dass sich Unternehmen immer mehr darauf einlassen, sich neu zu positionieren und sich auch ohne eine .brand überlegen, wie sie sich besser aufstellen können.

Lars Steffen: Bieten Sie grundsätzlich alle neuen TLD-Endungen an oder differenzieren Sie da in Ihrer Auswahl?

Stefan Moritz: Wir bieten generell alle an. Es gibt natürlich ein paar, die von der rechtlichen Grundlage noch in der Implementierungsphase sind, die sind dann meistens auch in anderen Sprachen gehalten. Aber alle Kundenwünsche, die wir derzeit von Unternehmen haben, werden auch von uns klar umgesetzt. Wir müssen uns da auch breit aufstellen, weil Unternehmen mit uns natürlich alle Domains registrieren möchten und da sind auch sehr große Unternehmen dabei.

Lars Steffen: Also gehe ich davon aus, dass Sie in Ihrem Bereich auch immer direkt in der Sunrise Phase mit dabei sind oder differenzieren Sie an der Stelle?

Stefan Moritz: Nein, auf keinen Fall. Wir müssen natürlich auch in der Sunrise Phase anbieten, was wir auch tun. Dies ist natürlich ganz wichtig, weil gerade der Markenschutz bei sehr relevanten TLDs sehr frühzeitig umgesetzt werden muss. Deswegen findet die Umsetzung natürlich auch mit einem Trademark Clearinghouse, mit einem Zertifikat oder einer Anmeldung bereits in der Sunrise Phase statt.

Lars Steffen: Da sind wir auch schon am Ende des Interviews. Vielen herzlichen Dank für den kurzen Einblick bei NetNames zu den new gTLDs. Vielen Dank Herr Moritz!