28.11.2014

Nachbericht: eco Kongress 2014

Diskussionspanel „focus on new gTLDs“

Köln, 19.11.2014 – Am 19. November war das eco Names & Numbers Forum mit einem international besetzen Diskussionspanel beim eco Kongress im RheinEnergieStation vertreten, um den aktuellen Stand der neuen gTLDs zu beleuchten.

Thomas Rickert, Director Names & Numbers und frisch gebackener Co-Chair der Enhancing ICANN Accountability Cross Community Working Group, diskutierte mit Joke Braeken (EURid), Oliver Elste (Smart-NIC), Jeff Neuman (Neustar) und Ulrich Retzlaff (Public Interest Registry) über ihre Einschätzungen und Ansichten zum aktuellen Stand des New generic Top-Level Domain Program der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers).

Den Aufschlag zum Thema machte Oliver Elste mit einem Impulsvortrag, der den Erfolg einiger gTLDs mithilfe sprachwissenschaftlicher Ansätze erklärte. „Sprache ist einer steten Weiterentwicklung unterworfen, die nicht steuerbar ist“, sagte Elste. So werde heute „.com“ häufig als allgemeines Synonym für das Internet verwendet. Außerdem würden Begriffe und somit auch TLDs sowohl mit der Zeit als auch in Abhängigkeit von bestimmen Nutzergruppen mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt. Daher sei die Herausforderung für Anbieter und Vermarkter von neuen gTLDs, ihre jeweiligen Communities zu identifizieren und gezielt anzusprechen.

Jeff Neuman stimmte Oliver Elste zu und brachte es mit „you have to throw the right rock into the right pool“ auf den Punkt. Er wusste dabei genau wovon er spricht. Schließlich ist Neustar, Anbieter von Top-Level-Domains wie .biz und .us, erst vor Kurzem mit der geoTLD .nyc für New York City gestartet. Der Markt habe sich stark verändert, erklärte Neuman. Früher hätte es nur wenige Domains auf dem Markt gegeben. Wenn alle paar Jahre eine neue Domain dazu kam, sei es „one new big thing“ gewesen, so Neuman weiter. Doch heute sei der Markt mit mehreren hundert gTLDs ein völlig anderer – auch mit anderen Registrierungszahlen.

„Aktuell verteilen sich rund 3,4 Millionen Registrierungen auf bislang circa 400 neue gTLDs auf dem Markt“, erklärte Rickert den anwesenden Zuhörern. Und dass der Markt heute dadurch ein anderer ist, erläuterte Joke Braeken anhand der Tatsache, dass 2006 beim Launch von .eu alleine am ersten Tag mehr als 1,5 Millionen Registrierungen gezählt werden konnte. Trotzdem stelle sich EURid, die Registrierungsstelle von .eu, auf die neue Marktsituation mit vielen gTLDs ein. Sie werde zukünftig ihre Top-Level-Domain zusätzlich in griechischer und kyrillischer Schreibweise anbieten – auch wenn es aktuell noch Hürden für den Endnutzer bei so genannten Internationalized Domain Names (IDNs) gebe, so Braeken weiter. Da aber die sprachliche Vielfalt Europas ein wichtiger Bestandteil der europäischen Identität und somit auch für EURid darstelle, sei dies ein logischer Schritt, erklärte die Deputy Managerin für External Relations von EURid.

„IDNs sind auch für uns ein wichtiger Schritt, um ein ‚internet for everybody‘ zu etablieren“, ergänzte Ulrich Retzlaff von der Registrierungsstelle der Top-Level-Domain .org. „So bringen wir Communities online, die vorher nicht online waren.“ In Kürze werde die Public Interest Registry daher .org ebenfalls in weiteren Schreibweisen und darüber hinaus die Endungen .ngo sowie .ong anbieten, so Retzlaff weiter. „Letztere werden wir mit zusätzlichen Services versehen und ausschließlich an berechtigte NGOs vergeben“, erklärte der Director EMEA von PIR unter dem Hinweis auf „know your target-group“ weiter.

Dass sich die Identifizierung einer Zielgruppe für einige Top-Level-Domain-Anbieter schwierig darstellen könnte, darin waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Oliver Elste wies unter anderem darauf hin, dass bei einigen Domains der Beratungsaufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag für den Registrar stünde. Hier erwiderte wiederum Joke Braeken, dass einige Registries wie EURid gerne mehr Marketingaktionen für ihre Domains durchführen würden,um gemeinsam den Endnutzer zu erreichen, wenn eine bessere Zusammenarbeit mit einigen Registraren möglich sei. Dass Marketing und ein entsprechender Business-Plan heute unverzichtbar seien, brachte Ulrich Retzlaff auf den Punkt: „Früher saßen wir nur da und haben Domains gezählt. Diese Zeiten sind vorbei. Heute haben wir Marketingpläne und beschäftigen Community-Manager.“

Auf die Frage von Thomas Rickert, ob die neuen gTLDs vielleicht erfolgreicher sein könnten, wenn sie noch mehr Innovationen mit auf den Markt brächten, erwiderte Jeff Neuman, dass diese in der Vergangenheit sehr technisch und somit schwer zu vermarkten gewesen seien, wie das Beispiel .tel gezeigt habe. Daher sehe er hier erst den entscheidenden Fortschritt, sobald Unternehmen wie BMW, Google, Nike und Amazon ihre eigenen Top-Level-Domains auf den Markt bringen und diese mit Zusatzdiensten verknüpfen werden. Schließlich hätten diese Unternehmen auch entsprechend große Kundengruppen und damit klar definierte Communities, um ihre Domains mit passenden Diensten zu etablieren.

Dass eine klar definierte Zielgruppe und eine entsprechende Ansprache ein Schlüsselelement für den Erfolg einer neuer Top-Level-Domains bereits ist und zukünftig verstärkt sein wird, war auch das Ergebnis der abschließenden Frage an die Diskussionsteilnehmer, welche Domains ihrer Meinung nach langfristig den größten Erfolg haben werden. Neben IDNs und geoTLDs wurden Endungen mit klar umrissenen Communities wie .gay, .music und .shop genannt. Bei der Definition des Erfolgs einer Domain wies Joke Braeken abschließend auf das Ergebnis einer Studie von EURid hin, dass die reine Anzahl von Registrierungen weder aussagekräftig noch nachhaltig sei. Jeff Neuman stimmte ihr zu, dass sowohl der Prozentsatz aktiv genutzter Domains für Websites mit Content als auch der Anteil von erneuerten Registrierungen elementar für eine gesunde TLD-Community sei. „Es bleibt also weiterhin spannend, wie sich der Markt der neuen gTLDs entwickelt und welche Domains am Ende das Rennen machen werden. Schließlich befinden wir uns gerade mitten in der größten Revolution, die das DNS in seiner bisherigen Geschichte erlebt hat“, schloss Thomas Rickert die Diskussionsrunde.