03.07.2018

Bericht zum 62. ICANN-Meeting

ICANN62 ICANN veranstaltet jedes Jahr drei international Meetings, die sich zwischen fünf geografischen Regionen und drei Meeting-Formaten mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten abwechseln. Die Agenda des Meetings hatte einen klaren Fokus auf die fortlaufende Arbeit an Regularien im ICANN-Umfeld, wie beispielsweise einer Reihe von so genannten Policy Development Prozessen(PDP) sowie auf mehrere Cross-Community Sessions zu aktuellen Themen.

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Im Rahmen der Eröffnung des Meetings wurde Stéphane Van Gelder posthum für seine Verdienste für die ICANN-Community mit dem Multistakeholder Ethos Award 2018 gewürdigt.

Europäische Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) und WHOIS Data Access

 

Die Auswirkungen der europäischen Datenschutz-Gundverordnung (EU-DSGVO) auf die Domain-Industrie im Allgemeinen und auf das WHOIS System für die Registrierungsdaten von Domains im Speziellen waren die wichtigsten Themen der ICANN-Community. Insbesondere die Diskussion um die sogenannte Temporary Specification for gTLD Registration Data loteten die Grenzen des Multi-Stakeholder-Modells aus. Die Temporary Specification wurde am 17. Mai 2018 vom ICANN-Vorstand verabschiedet und enthält einige deutliche Änderungen am WHOIS-Dienst.

Der Temporary Specification mangelt es allerdings noch an Eindeutigkeit in Fragen eines angemessenen Zugangs, wie ein Akkreditierungssystem aussehen soll und wie Registrare einen „berechtigten Zugang“ gewährleisten können. Die Definition, welche Gruppen berechtigte Dritte sein können und die Festlegung von Authentifizierungsanforderungen für Strafverfolgungsbehörden in auf internationaler Ebene in Übereinstimmung mit den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen waren die Schlüsselfragen in zwei Cross-Community Sessions. Das eco Names & Numbers Forum – Verfasser des „GDPR Domain Industry Playbook“ - wird diesen Prozess genau verfolgen und seine Mitglieder über die weitere Entwicklung informieren.

Die Temporary Specification kann vom ICANN Board alle 90 Tage um bis zu einem Jahr verlängert werden. Sie soll durch eine dauerhafte Consensus Policy ersetzt werden, die von der ICANN-Community entwickelt wird. Demzufolge hat das GNSO Council, das für die Verwaltung der gTLD Policy Entwicklung zuständig ist, die ersten Schritte zur Einführung eines bislang noch nie angewendeten Expedited Policy Development Process (EPDP) unternommen, um eine solche Consensus Policy zu entwickeln,. Aufgrund der sehr kurzen Frist von einem Jahr, die durch die ICANN-Satzung vorgegeben ist, hat das GNSO vier Monate Zeit, um diesen Prozess abzuschließen und den ersten Bericht zu erstellen.

Am 18. Juni 2018 veröffentlichte ICANN außerdem einen Entwurf zum „High-Level Framework for a Unified Access Model for Continued Access to full WHOIS Data“ für Strafverfolgungs- und Regierungsbehörden sowie für weitere Interessensgruppen, die an den Code of Conduct gebunden sind. Die Europäische Kommission arbeitet bereits mit den Mitgliedsstaaten zusammen, um ein Akkreditierungsmechanismus für die Strafverfolgungsbehörden zu entwickeln.

 

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In einer Session von Tuscows äußerte CEO Elliot Noss Bedenken, dass keine der Contracted Parties, an die sich das Unifed Access Model richtet, im Entwicklungsprozess vertreten sei. Noss betonte, dass die Registrare keine ICANN-Richtlinie umsetzen werden, die nicht mit der EU-DSGVO vereinbar sein wird.

Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG-Accountability)

 

Die Arbeit der Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG-Accountability) kommt langsam zu ihrem Ende. Am 24. Juni 2018 leiteten die Co-Chairs Thomas Rickert (eco), Jordan Carter (InternetNZ) und Tijani Ben Jemaa (FMAI) ihr letztes Face-to-Face Meeting, um die Diskussion zum sogenannten Work Stream 2 abzuschließen. Aufgrund der wenigen Kommentare seitens des ICANN-Vorstands wird erwartet, dass die endgültigen Empfehlungen von den Chartering Organizations der CCWG-Accountability auf dem nächsten ICANN-Meeting in Barcelona angenommen werden. Nach der Bewilligung wird die CCWG-Accountability ihre Unterlagen an den ICANN-Vorstand weiterleiten. Die Arbeit der CCWG-Accountability ist ein wichtiger Baustein der IANA Transition.

Das „WS2 Implementation Oversight Team“, dass sich aus den Co-Chairs und den so genannten Rapporteurs zusammensetzt, wird auch zukünftig zur Verfügung stehen, um während des Bewilligungs- und Implementierungsprozesses bei Bedarf zu unterstützen.

Internet Service Providers & Connectivity Provider Constituency (ISPCP)

 

Die Arbeitstreffen der Commercial Constituencies der Generic Names Supporting Organization (GNSO), zu denen auch die Internet Service Providers & Connectivity Providers (ISPCP) gehört, wurden ebenfalls von den Gesprächen über die Temporary Specification und dem EPDP zur Entwicklung einer Consensus Policy für die Temporary Specification geprägt. Darüber hinaus beteiligte sich die ISPCP an den ICANN Multi-Stakeholder Strategic Initiatives (MSSI). Die Ergebnisse werden in die 5-Jahres-Strategieplanung von ICANN Org einfließen.

Es ist vorgesehen, bis zum ICANN63 in Barcelona ein Konzept auszuarbeiten, welches im Anschluss in einen strategischen Plan bis Juni 2019 mündet. Die ISPCP diskutierte und priorisierte die zwölf von ICANN Org identifizierten und in drei Kategorien gruppierten Trends:

 

Community-weite Trends

  • Die Entwicklung des Internets und der technische Fortschritt erhöhen den Druck auf die Relevanz des DNS und die Legitimität von ICANN.
  • Die Skalierbarkeit der Communiy und die Fähigkeit auf die steigende Nachfrage und benötigte Kapazität zu reagieren.
  • Zunehmende Veränderungen in der Domain -Industrie sowie aufstrebende Geschäfts- und Finanzierungsmodelle im Internet.
  • Zunehmende Diskussionen über die Mission von ICANN und zunehmender Druck, sowohl die Rolle als auch den operativen Umfang von ICANN zu erweitern.
  • Steigende Anforderungen an Transparenz, Offenheit und Verantwortlichkeit, die zusätzliche Komplexität schaffen und die Ausführung erschweren.
  • Sich verändernde Machtverhältnisse zwischen der ICANN-Community, Vorstand und Organisation.

 

Organisatorische und operative Trends

  • Zunehmende Anforderungen an die ICANN Organisation, Mitarbeiter und Ressourcen.
  • Steigende Sicherheitsrisiken – sowohl physisch wie auch im Cyberspace.

 

Geopolitische und wirtschaftliche Trends

  • Zunehmende Bedenken hinsichtlich der Effektivität und Skalierbarkeit des Multi-Stakeholder-Modells von ICANN.
  • Zunehmende geopolitische und technische Risiken der Fragmentierung
  • Zunehmender Druck, Menschenrechte, Privatsphäre und Strafverfolgung in staatliche Mechanismen zu integrieren.
  • Verstärkt staatliche Interventionen in das Ökosystem des Internets mithilfe von Gesetzen und den damit verbundenen Auswirkungen auf ICANN.
  • Die Beiträge werden von allen Supporting Organizationsund Advisory Committees gesammelt und fließen in die strategischen Planungen ein.

Diese strategischen Planungsmeetings erwiesen sich als vielversprechender Beginn eines neuen Bottom-up-Ansatzes, um des Fokus der strategischen Pläne von ICANN auszurichten.

 

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New gTLD Subsequent Procedures Working Group

 

In der New gTLD Subsequent Procedures Working Group - auch bekannt als Work Track 5 - wird weiterhin über mögliche Änderungen der Bestimmungen und Anforderungen bezüglich der Verwendung von Begriffen mit geografischer Bedeutung als zukünftige gTLDs diskutiert. Die Gespräche über geografische Namen scheint zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen zu sein, dass sich bei ASCII-kodierte Zeichenketten, vollständige und abgekürzte Länder- und Hauptstadtnamen, nichts an den bestehenden Bestimmungen ändern wird. Es gibt jedoch noch keine Einigung über Buchstaben-Zahlen-Kombinationen.

In der New gTLD Subsequent Procedures Working Group wurden im so genannten Work Track 5 mögliche Änderungen an den Regeln und Anforderungen für die Verwendung von Begriffen mit geografischer Bedeutung als zukünftige neue gTLDs diskutiert. Es zeichnet sich ab, dass sich die bestehenden Regeln für ASCII-Strings mit zwei Buchstaben sowie vollständige und abgekürzte Länder- und Großstadtnamen nicht ändern werden. Über Kombinationen von Buchstaben und Zahlen gibt es jedoch noch keine Einigung.

Viele Regierungen arbeiten auf Regeln zu, die mögliche Verwechslungen vermeiden sollen, wenn Nichtregierungsorganisationen TLDs zugesprochen bekommen, die einem geographischen (oder sogar kulturell bedeutenden) Namen entsprechen. ccTLD-Betreiber hoffen in ähnlicher Weise, zukünftig Verwechslungen zwischen ccTLDs und gTLDs zu vermeiden und den Markt für ccTLDs zu erhalten, der auf der Bereitstellung einer Online-Identität für nationale oder territoriale Ortsnamen basiert.

Aktuelle und potenzielle Bewerber für .brandTLDs möchten ihrerseits sicherstellen, dass sie sich auch in Zukunft um gTLDs bewerben können, die ihrer Unternehmensmarke entsprechen – auch wenn diese Marken zufällig oder absichtlich mit einem Begriff von geografischer Bedeutung übereinstimmen. Das derzeit bekannteste Beispiel ist der Rechtsstreit zwischen Amazon.com, Inc. und mehreren lateinamerikanischen Regierungen über .amazon.

Dementsprechend drängen die meisten Regierungen und ccTLD-Betreiber darauf, dass die nationale Souveränität Priorität genießt, während gTLD-Interessenten und Markeninhaber auf eine Lösung hinarbeiten, die auf internationalem Recht basiert, die der freien Meinungsäußerung und dem Recht auf Privateigentum ein höheres Gewicht einräumt.

New gTLD Auction Proceeds

 

Obwohl die Arbeit der Cross-Community Working Group on new gTLD Auction Proceeds (CCWG-AP) durch die aktuellen Diskussionen um die EU-DSGVO in den Hintergrund rückte, setzt die Arbeitsgruppe ihre Arbeit an den Prozessen und der Entwicklung eines Vorschlages fort, der einen Verteilungsprozess für die Einnahmen aus den gTLD-Versteigerungen vorsieht. Sobald die endgültigen Empfehlungen ausgearbeitet sind, werden sie dem ICANN-Vorstand zur Prüfung vorgelegt, wie beispielsweise Umfang der Mittelzuweisung, Sorgfaltspflicht- und Rechenschaftsmechanismen oder Strategien zum Umgang mit Interessenkonflikten. Entscheidungen über die konkrete Verwendung der Gelder fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gruppe.

Die CCWG-AP prüft derzeit vier mögliche Mechanismen, um die Verwaltung der Gelder umzusetzen:

  • Eine neue Abteilung als Teil der ICANN Org für die Zuweisung der Gelder.
  • Die Schaffung einer neuen Proceeds Allocation Abteilung innerhalb ICANN Org, die mit einer oder mehreren gemeinnützigen Organisationen kooperiert.
  • Aufbau einer neuen Struktur, wie beispielsweise einer ICANN-Stiftung; oder…
  • Die Involvierung einer oder mehrerer etablierter Einrichtungen (Stiftungen oder Fonds). In diesem Fall würde ICANN die Prozessüberwachung wahrnehmen, um sicherzustellen, damit der Verwendungszweck innerhalb ICANN´s Mission sowie treuhänderische Pflichten erfüllt werden.

Die Commercial Constituencies im GNSO - einschließlich der ISPCP – unterstützen im Allgemeinen die Variante drei, obwohl eine Reihe von Bedenken geäußert wurden, dass die Mittel letztendlich für Dinge eingesetzt werden könnten, die nicht im Aufgabenbereich von ICANN liegen. Jedoch ist es wichtig, dass die Mittel in Höhe von ca. 233 Mio. USD verantwortungsvoll verwaltet und eingesetzt werden.

 

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GAC Communiqué

 

Mit Blick auf das Unified Access Model hat das Governmental Advisory Committee (GAC) in seinem ICANN62 Panama Communiqué die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit ICANN Org und der Community zum Ausdruck gebracht. Der Regierungsbeirat beabsichtigt im ersten Schritt eine detaillierte Stellungnahme zu erarbeiten und abzugeben.

Die GAC-Empfehlungen zum Unified Access Model an den ICANN-Vorstand wurden auf Grundlage der ICANN- Statuten erarbeitet, was bedeutet, dass diese Empfehlungen für den Vorstand bindend sind. Das GAC fordert den ICANN-Vorstand darin auf, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Weiterentwicklung und Implementierung eines Unified Access Model zu gewährleisten, welches die Akkreditierung, Authentifizierung, aber auch den Zugang und die Verantwortlichkeiten klar organisiert und für alle Vertragsparteien sobald wie möglich verpflichtend ist. Es ist das Ziel, vier Wochen vor dem ICANN-Meeting in Barcelona einen Statusbericht zu veröffentlichen.

Das GAC sieht es als wichtig an, den Zugang zu WHOIS-Informationen zu wahren, wenn ein legitimes Interesse vorliegt, zu denen Strafverfolgung, Cybersicherheit, Verbraucherschutz und der Schutz geistigen Eigentums gehören.

 

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DENIC & eco luden zum Deutscher Abend

 

Für das Networking war der Deutsche Abend einer der Höhepunkte des ICANN-Meetings in Panama City, zu dem DENIC und eco stets gemeinsam einladen. Dort fanden die Mitglieder von eco und DENIC sowie die deutsche ICANN-Community den geeigneten Rahmen für intensive Gespräche.

eco Names & Numbers Steering Committee

 

In Panama City fand das dritte Face-2-Face Meeting des eco Names & Numbers Steering Committee statt. Sechzehn Vertreter aus allen Bereichen der Domain-Branche sind in diesem Gremium vertreten. Dazu zählen Vertreter von Country-Code Top-Level Domains (ccTLDs), herkömmlichen und neuen Generic Top-Level Domains (legacy bzw. new gTLDs) sowie Registrare, technische Service Provider sowie Consultants und Sekundärmarktbetreiber.

Steering Committee Mitglied Giovanni Seppia (EURid) wurde in Panama in das ccNSO Council gewählt. Nigel Roberts (Channel Islands Networks) verlässt das ccNSO-Council, um in den ICANN-Vorstand zu wechseln.

Das nächste ICANN-Meeting findet vom 20. bis 25. Oktober 2018 in Barcelona statt. Die Meeting-Webseite mit Möglichkeit zur Registirerung ist bereits online.

ICANN-Konferenz 2020 in Hamburg

 

eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. und DENIC eG werden vom 17. bis 22. Oktober 2020 gemeinsam mit der Stadt Hamburg als Gastgeber das 69. Meeting der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) ausrichten. Die Entscheidung für den Veranstaltungsort Hamburg fiel am 26. Juni 2018 während des ICANN-Meetings in Panama. Mehr Informationen zur ICANN-Konferenz in Hamburg finden Sie hier.

Wo war eco für seine Mitglieder aktiv?

 

Thomas Rickert

 

Lars Steffen

Report on 62nd ICANN Meeting