11.09.2025

Vom Fahrzeug zum digitalen Service – Europas Weg zu einer vertrauenswürdigen und skalierbaren Mobilität

Auf der IAA Mobility 2025 in München prägen Themen wie „Software-Defined Vehicle Platform“ und 5G-Korridore die Debatten. Parallel diskutiert die EU im Strategiedialog zur Automobilindustrie über die digitale Wettbewerbsfähigkeit – ein Signal, wie eng Automobil- und Internetwirtschaft zusammenrücken. Juan I. Hahn, Gründer von HAHN Network und Leiter der eco Kompetenzgruppe Mobility, erklärt, warum digitale Infrastruktur, Datenräume, KI und Cybersecurity entscheidend sind und was Politik und Wirtschaft jetzt tun können.

Vom Auto zum digitalen Endgerät

Die Branche erlebt den doppelten Wandel von Elektrifizierung und Digitalisierung. Mit dem softwaredefinierten Fahrzeug (SDV) wandert Wertschöpfung von Hardware zu Software, Daten und Services. OTA-Updates erweitern Funktionen nach dem Kauf, Fahrzeuge werden Teil digitaler Ökosysteme. Für Nutzer bedeutet das mehr Komfort und Sicherheit, für Hersteller neue Einnahmequellen. Laut S&P Global Mobility erzeugen vernetzte Autos rund 25 Gigabyte Daten pro Stunde – Potenzial, das nur mit leistungsfähigen Netzen, Cloud, Datenräumen, KI und Cybersecurity nutzbar wird.

Netze und Konnektivität

Zuverlässige Netze sind Grundvoraussetzung für SDV. Autonomes Fahren, Echtzeit-Updates und V2X-Kommunikation erfordern stabile Verbindungen. Mit 5G-Campusnetzen und später 6G steigt die Bedeutung weiter. Studien erwarten für den V2X-Markt jährliche Wachstumsraten von über 40 %.

Cloud und Datenräume

Die Cloud verarbeitet Massendaten in Echtzeit, steuert Updates und verwaltet Fahrzeugflotten. Für den Automotive-Cloud-Markt wird bis 2032 ein Wachstum von rund 15 % pro Jahr prognostiziert. Gleichzeitig stärkt die EU mit dem Data Act den Zugriff auf Fahrzeugdaten. Dezentrale Datenräume wie der Mobility Data Space fördern nutzernahe Dienste und reduzieren Abhängigkeiten.

Interoperabilität statt Insellösungen

Noch hemmen inkompatible Systeme die Entwicklung. Offene Standards wie AUTOSAR Adaptive, Eclipse SDV, COVESA oder SOAFEE schaffen Kompatibilität – vergleichbar mit App-Ökosystemen bei Smartphones. Partnerschaften treiben diese Entwicklung: BMW und Microsoft bauen Connected-Car-Plattformen, Bosch investiert Milliarden in KI, SAP und Siemens unterstützen Produktion und Mobilität mit Cloud- und Edge-Lösungen.

KI als Herzstück

Ohne KI ist das SDV nicht denkbar: Sie ermöglicht automatisiertes Fahren, intelligente Cockpits und vorausschauende Wartung. Edge Computing bringt Entscheidungen direkt ins Fahrzeug. Prognosen sehen jährliche Wachstumsraten von 15–30 % für Automotive-KI. Europa kann mit souveränen Modellen auf eigenen Datenräumen Unabhängigkeit von Hyperscalern schaffen.

Sicherheit und Vertrauen

Mit steigender Softwarelast wächst die Angriffsfläche. Seit 2022 gelten neue Sicherheitsstandards (UNECE, ISO). Pflicht sind Risikoanalysen, strukturierte Update-Prozesse und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Transparenz durch Software-Bill-of-Materials und Strategien für post-quantensichere Kryptografie erhöhen das Vertrauen.

Herausforderungen und Zielkonflikte

Der Wandel bringt hohe Kosten und Komplexität. Cloud-Lösungen beschleunigen Innovation, bergen aber Abhängigkeitsrisiken. Zielkonflikte entstehen etwa zwischen OTA-Geschwindigkeit und Safety, Monetarisierung und Datenschutz oder Offenheit und IP-Schutz. Europa konkurriert mit den USA, wo Tech-Konzerne dominieren, und mit China, das durch Skalenvorteile wächst. Europas Differenzierung: Vertrauen, Sicherheit und Interoperabilität.

Empfehlungen für Europa

  • Offene Schnittstellen und ein EU-Rechtsakt bis 2026
  • Governance-Rahmen für Datenräume, Verdopplung produktiver Datensätze bis 2028
  • 5G-Abdeckung auf TEN-T-Korridoren bis 90 % im Jahr 2029
  • Grenzüberschreitende Pilotprojekte und Sandboxes
  • Stärkere KMU-Beteiligung in Allianzen
  • Mischfinanzierung über CEF, IPCEI und private Mittel
  • Post-Quantum-Roadmap für sichere Verschlüsselung

Softwaredefinierte Fahrzeuge sind zentral für Europas digitale Wettbewerbsfähigkeit. Sie erfordern die enge Zusammenarbeit von Automobil- und Internetwirtschaft. Netze, Cloud, Datenräume, Interoperabilität, KI und Cybersecurity bilden die Basis – nur gemeinsam können Industrie und Tech-Branche Mobilität in Europa verlässlich und skalierbar machen.

Der Deep Dive von Juan I. Hahn steht hier als PDF zum Download bereit.

 

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