eco
07.07.2025

Infrastruktur mit Weitblick – Sascha Horn über Trends und Entwicklungen im Rechenzentrumsmarkt

Digitale Infrastrukturen stellen hohe Anforderungen an Stromversorgung, Kühlung und Systemverfügbarkeit. Das Unternehmen Vertiv entwickelt Lösungen für genau diese Bereiche – etwa für Rechenzentren und industrielle Anwendungen. Im Mitgliederinterview gibt Sascha Horn, Regional Strategic Account Manager DACH bei Vertiv, Einblick in aktuelle Trends und Entwicklungen im Datacentermarkt.

Welche Trends sehen Sie derzeit beim Bau neuer Rechenzentren in der DACH-Region?

Innerhalb der DACH-Region beobachten wir derzeit drei wichtige Trends: erstens die zunehmende Nachfrage nach KI-fähiger RZ-Infrastruktur. Während bisher die Leistungsdichten in klassischen Rack-Umgebungen eher langsam, aber kontinuierlich anstiegen und Racks jenseits der 20 kW die Ausnahme waren, sehen wir jetzt regelmäßig Installationen mit 70 bis 100 kW Leistung pro Rack. Bei modernen KI-Anwendungen können das auch schon mal 120 kW oder mehr sein. Zweitens gewinnt das Thema digitale Souveränität an Bedeutung – eine Entwicklung, die auch der eco Verband bereits seit Jahren erfolgreich vorantreibt, die aber ebenfalls neue Anforderungen an die Datacenter-Infrastruktur stellt. Ein dritter Trend sind sicherlich die steigenden Konnektivitäts- und Infrastrukturanforderungen zwischen Cloud-, Edge- und On-Premise-Umgebungen.

Welche innovativen Technologien setzt Vertiv beim Bau neuer Rechenzentren ein – insbesondere in Bezug auf Energieeffizienz?

Im High-Density-Umfeld, etwa in den Bereichen KI und Edge, setzen wir verstärkt auf die Integration von Flüssigkeitskühlung – entweder als Direct-to-Chip-Lösung für GPU-intensive KI-Workloads oder in Form von Immersion Cooling mit maximalen Leistungsdichten von bis zu 200 kW pro Einheit. Liquid Cooling ermöglicht nicht nur PUE-Werte nahe 1,0, sondern auch eine effizientere Wärmerückgewinnung. Als Brückentechnologie bieten wir zudem hybride Kühlkonzepte an, mit denen Betreiber schrittweise von Luft- zu Flüssigkeitskühlung wechseln können. Besonders entscheidend sind dabei nicht nur Effizienz und Zuverlässigkeit, sondern auch unser ganzheitlicher Serviceansatz. Unsere speziellen Serviceangebote für Liquid-Cooling-Systeme decken dabei den gesamten Lebenszyklus ab – von der Installation über das Flüssigkeitsmanagement bis hin zu Monitoring und präventiver Wartung.

Wie lassen sich Rechenzentren modular und skalierbar aufbauen, um flexibel auf zukünftige Anforderungen reagieren zu können?

Der Schlüssel zu einer skalierbaren RZ-Infrastruktur liegt heute vor allem im Einsatz modularer Prefab-Systeme, die sich je nach Bedarf einfach erweitern lassen. Diesen Ansatz verfolgen wir beispielsweise mit unseren Konzepten Vertiv SmartRun, PowerMod oder MegaMod. Gerade vor dem Hintergrund der digitalen Transformation sollten moderne Rechenzentren in der Lage sein, schnell auf neue Anforderungen zu reagieren, ohne dabei Einbußen bei der Ausfallsicherheit oder Energieeffizienz hinnehmen zu müssen. Entscheidend für eine hohe Flexibilität ist dabei eine weitgehende Entkopplung der verschiedenen Infrastrukturebenen: Wenn Kälte-, Strom- und IT-Infrastruktur nahezu unabhängig voneinander skaliert werden können, lassen sich auch die jeweiligen Investitionsphasen, etwa bei einer Standorterweiterung, präziser steuern.

Wie unterstützt Vertiv den Trend zu nachhaltigen Rechenzentren – sei es durch Technik, Materialien oder Bauweise?

Ein effektives IT-Nachhaltigkeitsmanagement ist heute längst kein Selbstzweck mehr, sondern einer der entscheidenden Wettbewerbsfaktoren im IT-Betrieb. Darüber hinaus ist Strom in Deutschland ein teures und je nach Region immer knapper werdendes Gut. Betreiber müssen daher heute gleich auf mehreren Ebenen an ihrer Energieeffizienz arbeiten, um umfangreichen gesetzlichen Vorgaben, wachsenden Kundenerwartungen und einem eng kalkulierten Kostenrahmen gerecht zu werden. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund steigender Leistungsdichten, etwa durch die Integration lokaler KI-Anwendungen. Bei Vertiv verfolgen wir in Sachen Nachhaltigkeit einen mehrdimensionalen Ansatz. Im Bereich Kühlung steht vor allem die Integration von hocheffizienten Flüssigkeitskühlsystemen im Mittelpunkt. Für bestehende Rechenzentren bieten wir zudem vielfältige Retrofit-Möglichkeiten an. So lassen sich etwa Rear-Door-Wärmetauscher einfach in bestehende Racks integrieren, um die Effizienz und die Leistung pro Rack zu steigern. Auch im Materialbereich versuchen wir neue Wege zu gehen. So setzen wir bei unseren TimberMod-Modullösungen beispielsweise auf Holz als Konstruktionsbasis, ein nachwachsender und besonders nachhaltiger Baustoff, der dazu beiträgt, den Ressourcenverbrauch zu minimieren und CO2-Emissionen zu senken.

Neben der Kühlungsinfrastruktur tragen auch weitere Infrastrukturkomponenten zu einem geringen Stromverbrauch und einer hohen Verfügbarkeit bei. Wie ist Vertiv hier aufgestellt?

Unsere hochmodernen Multimode-Doppelwandler-USVs erreichen im ECO-Modus Wirkungsgrade von bis zu 99 Prozent. Dank intelligenter Betriebsmodi kann das USV-System automatisch auf die aktuelle Netzqualität reagieren. Ergänzend sorgen unsere Schranksysteme und Einhausungslösungen für eine effektive Trennung von Warm- und Kaltluft. Die digitale Ebene wird über unsere Monitoring-Softwarelösungen unterstützt. Das adaptive Infrastrukturmanagement überwacht dabei alle Sensoren und Komponenten im Rechenzentrum in Echtzeit und nutzt moderne KI-Algorithmen, um Energieeinsparpotenziale frühzeitig zu identifizieren und PUE-Werte zu optimieren.

Wie wichtig sind Partnerschaften mit Energieversorgern, Kommunen oder anderen Tech-Unternehmen für den erfolgreichen Rechenzentrumsbau?

Zusammenarbeit ist das Fundament der digitalen Wirtschaft. Insbesondere für Planung und Betrieb moderner Rechenzentren sind starke Partner-Ökosysteme zudem unverzichtbar. Vertiv arbeitet seit vielen Jahren mit Energieversorgern vor Ort, Kommunen und lokalen Providern auf unterschiedlichsten Ebenen zusammen. Auf technologischer Ebene kooperieren wir zudem mit führenden Chip-Herstellern wie NVIDIA, um effiziente Flüssigkeitskühllösungen für die neuesten KI-Systeme entwickeln zu können. Unser globales Servicenetzwerk mit mehr als 310 Servicezentren weltweit und über 4000 Außendiensttechnikern stellt ebenfalls einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Die zunehmende Komplexität von Flüssigkeitskühlsystemen wird künftig zudem immer mehr spezialisiertes Know-how erforderlich machen – hier schlagen wir mit unseren Liquid Cooling Services eine Brücke zwischen Herstellern, RZ-Betreibern und Partnern. Hierzu wird im Juni 2025 auch unser innovatives EMEA- Schulungszentrum in Frankfurt eröffnet.

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