10 Jahre eco Datacenter Expert Group

16.11.2017
10 Jahre eco Datacenter Expert Group

Vom Arbeitskreis zum Expertennetzwerk – Ein Ausblick auf die Zukunft der Branche

Auf mittlerweile zehn sehr erfolgreiche Jahre kann ecos Datacenter Expert Group zurückblicken. Das am 8. November 2007 als Arbeitskreis Datacenter von Patrick Pulvermüller, SVP Head of GoDaddy EMEA, ins Leben gerufene Gremium hat sich zum Ziel gesetzt, einen offenen vertraulichen Informationsaustausch zwischen Rechenzentrums-Betreibern, Planern und Herstellern zu fördern.

Anlässlich des Jubiläums haben wir den Initiator Patrick Pulvermüller sowie die beiden Kompetenzgruppenleiter Dr. Béla Waldhauser, CEO Telehouse Deutschland, und Marc Wilkens, proRZ Rechenzentrumsbau GmbH, zu den Entwicklungen der letzten Jahre befragt und um einen Ausblick auf die Zukunft der Branche gebeten.

Welchen technologischen Entwicklungen konnten wir in den letzten 10 Jahren in der RZ-Industrie beobachten?

Patrick Pulvermüller: Die „direkte freie Kühlung“ von Rechenzentren ist mittlerweile hoffähig geworden. Die Effizienz ist auch 2017 immer noch ein Kernthema mit dem sich die Datacenter Industrie beschäftigt. Eine ganzheitliche Betrachtung – inklusive der Server – hat zu einer noch höheren Effizienz geführt. Open-Source Designs beeinflussen immer stärker die Industrie.

Dr. Béla Waldhauser: Die RZ-Infrastruktur (Strom und Kühlung) ist wesentlich effizienter geworden und das schon bei deutlich geringerer Auslastung. Die RZ-Anbieter bauen ihre Infrastruktur inzwischen modularer aus. Das bedeutet, dass durch die bessere Auslastung auch die Effizienz steigt. Die Kunden sind mehr und mehr bereit in Kalt- bzw. Warmgang-Einhausung zu investieren, was die Effizienz der Kühlung weiter vorantreibt. Das Gleiche gilt auch für die Bereitschaft höhere Temperaturen im Kaltgang zu akzeptieren.

Marc Wilkens: Im Bereich der IKT konnten wir einen verstärkten Trend zur Virtualisierung und den Einsatz von Blade-Technologie beobachten. Damit einher gehen höhere Leistungsdichten (elektrische Leistung pro Rack). Im Bereich der RZ-Infrastruktur hat sich der Trend zu neuen innovativen Kühlkonzepten (Einhausung, höhere Temperaturen im Serverraum und im Kaltwasser, mehr „Freie Kühlung“) fortsetzen können. Modulare USV-Konzepte haben an Bedeutung gewonnen. Übergreifend lässt sich sagen: Für Unternehmen spielt eine „Mehr-Standort-Strategie“ für ihre Rechenzentren unter dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit und Energieeffizienz eine größere Rolle. Die Rechenzentren bilden sich gegenseitig als Redundanz ab. Voraussetzung ist hier, dass die Datenleitungen zwischen den RZ-Standorten physisch redundant und mit ausreichenden Kapazität vorhanden sind.

Wie haben sich die Märkte in den letzten 10 Jahren (weiter)entwickelt? –
Was wünschen sich die Kunden heute von einem kompetenten Colo-/Hosting-Dienstleister?

Patrick Pulvermüller: Drei Punkte: Flexibilität, Flexibilität, Flexibilität – Kunden verlangen nach Know-How, um hybride Setups (Colo, Hosting, Public Cloud) möglich zu machen. Datacenter Designs passen sich deshalb noch stärker dem tatsächlichen Nutzungsprofil an.

Dr. Béla Waldhauser: Insbesondere die großen Colo-Anbieter setzen mehr und mehr auf Standardisierung ihrer Infrastruktur. Insgesamt ist das Niveau (Technik, Personal, Prozesse) weiter angestiegen. Die Kunden erwarten deutlich mehr von Zertifizierungen (nicht nur eine ISO 9001). Die Anzahl der internen und externen Audits hat zugenommen. Die großen Colo-Betreiber sind mittlerweile Teil der kritischen Infrastruktur der BRD. In den vergangenen 20 Jahren sind die „Carrier-Hotels“ mehr und mehr zu „Cloud-Hotels“ geworden. Durch das unterschiedliche Geschäftsmodell der Cloud-Anbieter müssen auch die Colo-Betreiber deutlich flexibler werden. Zum Thema Konsolidierung: hier werden die Märkte von wenigen großen Anbietern beherrscht. Seit Edward Snowden und dem NSA-Skandal ist Deutschland wieder „attraktiv“ geworden für die großen US-Cloud-Anbieter. Insbesondere Frankfurt hat in Deutschland gigantische Wachstumsraten im Colo-Geschäft mit Cloud-Anbietern.

Marc Wilkens: Kunden wünschen sich übergreifendes Know-How zu den unterschiedlichen Teildisziplinen für den sicheren und effizienten IT-Betrieb: IT-Hardware, IT-Software, IT-Service-Management, RZ-Gebäudetechnik, Informationssicherheitsmanagement (ISMS z.B. nach ISO 27001) etc.

Wo sehen Sie zukünftig die größte Herausforderung für ihre Branche?

Patrick Pulvermüller: Die Konsolidierungswelle in den vergangenen Jahren wird den Markt auf einige wenige, globale Anbieter konzentrieren – mit allen Vor- und Nachteilen. Obendrein sehen wir immer stärker werdende regulatorische Anforderungen in allen Ländern der Welt. Das Wachstum findet nicht mehr in den westlichen Märkten statt. Schlussendlich beginnen mehr und mehr „Hyperscaler“ ihr eigenes „Silkon“ zu produzieren, welche auf spezielle IT Workloads ausgelegt sind. Dies könnte zu ganz neuen, komplett geschlossenen Systemen führen.

Dr. Béla Waldhauser: Die Konsolidierung wird sich weiter fortsetzen. Das heißt der Markt wird von wenigen, globalen Anbietern dominiert. Ich erwarte auch in den nächsten Jahren ein überproportionales Wachstum, getrieben durch Cloud, IoT, Smart City, Smart Home, Industrie 4.0, autonomes Fahren, etc.
Weiterhin sehen wir eine Zunahme der internen und externen Audits und Anforderungen an Prozesse etc. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir auch in Deutschland einen RZ-Campus mit mindestens 100 MW Leistung (Hyperscaler RZ) haben werden. Sogenannte „Edge-Rechenzentren“ werden die großen Rechenzentren ergänzen. Der Fachkräftemangel wird ein Problem werden.

Marc Wilkens: Die größte Herausforderung wird das Zusammenwachsen bzw. die enge Abstimmung von IT-Management und RZ Facility-Management sein. Zwei grundsätzlich verschiedene Welten müssen hier in Zukunft eng zusammenarbeiten und dafür zuerst eine gemeinsame Sprache finden. Die Schnittstellen zwischen dem Informationssicherheitsmanagement nach ISO 27001 und der neuen RZ-Norm EN 50600 bieten hier gute Ansätze.

Ausblick 2018