16.03.2023

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – PARLAMENT GEHT IN RICHTUNG OECD-DEFINITION: Wie der Rat sind auch die Verhandlungsführer des Parlaments dabei, die von der Kommission vorgeschlagene Definition (PDF) eines KI-Systems einzuschränken. Laut Definition handelt es sich um ein „maschinengestütztes System, das so konzipiert ist, dass es mit unterschiedlichen Autonomiegraden arbeitet und das zu expliziten oder impliziten Zwecken Ergebnisse wie Vorhersagen, Empfehlungen oder Entscheidungen erzeugen kann, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen“. (vgl. Euractiv) Anhang I des Kommissionsvorschlags, der spezifische KI-Techniken wie maschinelles Lernen, Logik, Wissen oder Statistik auflistet soll gestrichen werden. (Artikel 4a bis 4e und Artikel XX – PDF)

Die Ko-Berichterstatter haben unterdessen die Idee eines politischen Treffens Mitte März aufgegeben und stattdessen weitere technische Treffen anberaumt. Damit soll vermieden werden, die Fehler vom 15. Februar zu wiederholen, als bei der letzten politischen Sitzung gerade einmal die Hälfte der Tagesordnung abgearbeitet wurde.

Die Mitberichterstatter arbeiten noch an Vorschlägen zu KI-Systemen für den allgemeinen Gebrauch, wie generative KI vom Typ ChatGPT. Je nach Fortschritt könnte dann Ende März bis Anfang April ein weiteres politisches Treffen angesetzt werden. (vgl. Contexte, Paywall, FR)

KI-HAFTUNG – JURI-ZEITPLAN UND STAND IM RAT: Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) hat den vorläufigen Zeitplan für seine Arbeit an diesem Dossier veröffentlicht. Demnach werden die Europaabgeordneten ihren nächsten Meinungsaustausch über die vorgeschlagene AI-Haftungsrichtlinie am 24. oder 25. April abhalten. Der Berichterstatter, A. Voss (EVP, DE), wird dann voraussichtlich den Entwurf des Berichts über das Dossier vorbereiten, um ihn dem Ausschuss am 3. Juli 2023 zur Beratung vorzulegen. Die Frist für Änderungsanträge wäre dann der 14. Juli 2023 und voraussichtlich am 7. September 2023 soll eine Diskussion dazu stattfinden. Die Abstimmung könnte am 7. Dezember im Ausschuss und am 11. bis 14. Dezember 2023 im Plenum stattfinden.

Zur Vorbereitung der Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ vergangene Woche, hat der schwedische Ratsvorsitz ein Informationsdokument (PDF) an die Delegationen der Mitgliedstaaten verteilt. Das Dokument gibt einen Überblick über den Stand der Arbeiten an mehreren aktuellen Legislativvorschlägen und enthält Informationen über die vorgeschlagene Richtlinie über die Haftung für künstliche Intelligenz.

Insbesondere wurde in dem Dokument darauf hingewiesen, dass die technischen Arbeiten an dem Dossier in der Ratsgruppe „Zivilrecht“ (zivilrechtliche Haftung) vorübergehend unterbrochen und „zu einem späteren Zeitpunkt im Anschluss an den Fortschritt der Verhandlungen über das eng damit verbundene KI-Gesetz wieder aufgenommen werden“.

In der Zwischenzeit werden sich die Sachverständigen des Rates auf den damit verbundenen Vorschlag für eine Richtlinie zur Überarbeitung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates (Produkthaftungsrichtlinie) konzentrieren.

ENERGIEEFFIZIENZ – RAT UND PARLAMENT EINIGEN SICH BEI EED: Die Verhandlungsführer von Parlament und Rat haben sich vergangene Woche auf neue Regeln zur Förderung von Energieeinsparungen geeinigt.

Die Energieeffizienz-Richtlinie setzt Ziele für das Jahr 2030. Dazu gehört u.a. die Senkung des Primär- und Endenergieverbrauchs um 11,7 % auf EU-Ebene. Die neue Gesetzgebung soll helfen, den Klimawandel zu bekämpfen und die Energiesicherheit zu erhöhen.

Die vorläufige Einigung muss nun sowohl vom Parlament als auch vom Rat gebilligt werden. (vgl. Pressemitteilung EP)

DATA ACT – IN ERWARTUNG DES TRILOGS: Das Europäische Parlament wird in Straßburg den Bericht zum Data Act verabschieden. Mit großen Überraschungen ist dabei nicht zu erwarten.

Im Rat ist die Einigung weiterhin noch nicht erreicht. Diese Woche soll es in einem sechsten Anlauf klappen. Im letzten Vorschlag (PDF) wurden Artikel 4(3a) und 5(8a) hinzugefügt, um Herstellern die Möglichkeit zu geben, eine Anfrage „unter außergewöhnlichen Umständen“ abzulehnen, während der Begriff „ernsthafter Schaden“ in Erwägungsgrund 28a weiter präzisiert wurde. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

Sollte eine Einigung erreicht werden könnten die Botschafter am 22. März ihr OK geben und die Trilogverhandlungen in Bälde beginnen. Die Verhandler hatten ja einen Abschluss bis Juni angepeilt. (vgl. Euractiv, EN)

CSAM – RAT MIT ANPASSUNGEN AN DEN DSA: In ihrem Kompromissvorschlag vom 8. März (PDF) fasst die schwedische Ratspräsidentschaft die Artikel 27 bis 30 der Verordnung zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen (sog. „CSAM“) zusammen, um deren Wortlaut an den des DSA anzupassen.

Ein wichtiger Unterschied: Während das DSA den nationalen Koordinierungsbehörden zahlreiche Ermittlungsbefugnisse einräumt, werden diese in der CSAM-Verordnung dem Koordinator der Verordnung zusammen mit den anderen zuständigen Behörden übertragen. Im Falle einer unmittelbaren Gefahr für ein Kind muss der Hosting- oder Messenger-Dienst einen Inhalt „unverzüglich und direkt“ den ermittelnden Behörden melden. Wenn der Dienst den betreffenden Mitgliedstaat nicht identifizieren kann, muss die Meldung an das Land der Niederlassung oder an Europol gehen. Parallel dazu wird das Recht, einen Diensteanbieter wegen eines Verstoßes gegen die Verordnung zu belangen, auf Verbraucherschutzverbände ausgeweitet. Darüber hinaus werden die Höchstgrenzen für Geldbußen zu festen Beträgen. Der Höchstbetrag für Geldbußen bei Verstößen wird auf 6 % des weltweiten Umsatzes festgelegt. Ebenso soll der für wiederkehrende Sanktionen bei 5 % liegen. Dieser Kompromissvorschlag steht auf der Tagesordnung der Arbeitsgruppe Strafverfolgungsbehörden am 16. März. (vgl. Contexte, Paywall, FR)

MEDIENFREIHEIT – 48 STUNDEN SPERRFRIST FÜR PLATTFORMEN: In seinem Stellungnahmeentwurf (PDF) schreibt der Berichterstatter für den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (LIBE) den Artikel 17 der Verordnung über die Medienfreiheit (EMFA), der die Moderation von Medieninhalten durch Plattformen (einschließlich Suchmaschinen) betrifft, weitgehend neu.

  1. Geoffrey will Medien 48 Stunden Zeit geben, um zu reagieren, bevor deren Inhalte von einer Plattform eingeschränkt entfernt, heruntergestuft oder (z. B. als irreführend oder gefährlich) gekennzeichnet werden dürfen. Zu den „Koregulierungs- oder Selbstregulierungsmechanismen“ fügt er die Aufsicht durch eine Regulierungsbehörde für audiovisuelle Medien oder einen Presserat hinzu, sowie die Ernennung eines professionellen Mediums durch sein Niederlassungsland. Sein Bericht soll Mitte März veröffentlicht werden und am 27. und 28. März im Binnenmarktausschuss erörtert werden. Der Ausschuss wird an der Arbeit des Kulturausschusses beteiligt. (vgl. Contexte, Paywall, FR)

INFRASTRUKTURABGABE – BERICHT ZUR WETTBEWERBSPOLITIK SIEHT ÄNDERUNGSANTRÄGE: Die Diskussion um „Fair Share“ macht auch vor dem jährlichen Bericht zur Wettbewerbspolitik 2022 nicht halt. Zahlreiche Änderungsanträge (PDF) von Abgeordneten aus Fraktionen wie der EVP, S&D und Renew lassen die Thematik auch im entsprechenden Bericht im Wirtschaftsausschuss (ECON) einfließen (zB Änderungsanträge 139, 216, 226, 242 und 243).

Eine Diskussion im ECON ist für den 20. März geplant. Die Annahme des ECON-Berichts ist für den 24. April vorgesehen.

AUDIOVISUELLE MEDIEN – BERICHT ZUR AVMS-IMPLEMENTIERUNG: Einige Abgeordnete des Kulturausschusses im Europäischen Parlament trafen sich vergangene Woche zur dritten und letzten Schattenberichterstatter-Sitzung für ihren Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste. Über den Bericht soll Ende des Monats abgestimmt werden. Bereits in der Woche zuvor stimmten die Mitglieder des Binnenmarktausschusses über ihre Stellungnahme (PDF) ab. (EP Legislative Observatory)

DEUTSCHLAND – URHEBERABGABE FÜR PRIVATKOPIEN IN CLOUD-DIENSTEN: Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) in München vertritt neun Verwertungsgesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten. Zahlreiche Cloud-Dienste wurden von der ZPÜ zuletzt aufgefordert, detailliert Auskunft über den Umfang der Geschäfte mit Privat- und Gewerbekunden im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 zu geben.

Die ZPÜ fordert von den Anbietern unter anderem Daten über die Anzahl der „in Verkehr gebrachten Clouds“, die Zahl der registrierten Nutzer, Speicherkapazitäten und die Höhe des Preises. Gleichzeitig drohte die ZPÜ den Empfängern des Schreibens mit der Einleitung „notwendiger Maßnahmen“ nach erfolglosem Ablauf der Frist.

Die ZPÜ will auch gegen Cloud-Anbieter Vergütungsansprüche von Rechteinhabern für Privatkopien geltend zu machen und beruft sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Austro Mechana (C-433/20). (vgl. Golem)

FRANKREICH – GESETZESVORSCHLAG ÜBER DAS RISIKO ÜBERMÄSSIGER BILDSCHIRMNUTZUNG: Die Abgeordneten haben vergangene Woche die Prüfung des Gesetzesvorschlags abgeschlossen. Der Text, der die Hersteller von Endgeräten (Telefone, Computer, Tablets) dazu verpflichtet, auf den Verpackungen einen Warnhinweis über die Risiken einer übermäßigen Nutzung von Bildschirmen anzubringen, wurde auf Fernseher ausgeweitet. Die Modalitäten dieser Maßnahme sind durch ein Dekret zu präzisieren.

Darüber hinaus haben die Abgeordneten einen Änderungsantrag angenommen, der eine wissenschaftliche Bewertung von als pädagogisch wertvoll angepriesenen Inhalten, insbesondere von kommerzieller Software für Kinder unter 6 Jahren, vorsieht. Auf der Grundlage dieser Bewertung soll ein Bericht der Regierung an das Parlament Kriterien vorschlagen, die die Schaffung eines zertifizierenden Labels ermöglichen. (vgl. Contexte, Paywall, FR)

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

Ausgewählte Konsultationen der EU-Kommission

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie die Übersicht der Plenarsitzungswoche. Am Dienstag findet u.a. eine Aussprache sowie anschließend die Abstimmung zum Data Act statt.
Der Sitzungskalender für 2023 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier.
Den offiziellen Kalender sowie das Programm des schwedischen Ratsvorsitzes können Sie auf der entsprechenden Webseite einsehen.

Bei den Terminen im Rat finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Für 26. April wird die Empfehlung zur Piraterie bei Online-Livesportveranstaltungen erwartet.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • Gesetz über die Netto-Null-Industrie
  • Europäisches Gesetz über kritische Rohstoffe

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Mittwoch, 22. März, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 23. März, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (Recht)

  • Montag, 20. März, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 21. März, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (Industrie)

  • Montag, 27. März, 15.00-30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 28. März, 9.00-30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (Binnenmarkt)

  • Montag, 27. März, 15.00-30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 28. März, 9.00-30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (Kultur)

  • Montag, 27. März, 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 28. März, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

PEGA Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Donnerstag, 16. März, 9.00-12.00 Uhr (Straßburg)
  • Dienstag, 28. März, 9.00-12.30 Uhr und 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)

INGE2 Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • Dienstag, 21. März, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 12 / Montag, 20. bis Donnerstag, 23. März: Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 13 / Montag, 27. bis Donnerstag, 30. März: Miniplenarsitzungswoche (Brüssel);

KW 14 / Montag, 3. bis Freitag, 7. März: Grüne Woche (Sitzungsfrei);

 

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