07.10.2020

Brüsselblick

­Das Wichtigste im Überblick

Digital Services Act I – EP Berichte: Drei Berichte hat das Europäische Parlament zum Digital Services Act (DSA) verfasst.

Bereits vorvergangene Woche unterstützten die Mitglieder des LIBE den Text des EVP-MdEP K. Peeters, der sich für die Beibehaltung der Grundlagen der E-Commerce-Richtlinie aussprach; darunter die Bestimmungen zur Haftungsbeschränkung und das Verbot allgemeiner Überwachungspflichten.

Unterdessen wurde vergangene Woche zunächst der Bericht von MdEP A. Agius Saliba (S&D) im IMCO angenommen. Er stellt fest, wie wichtig Transparenz bei der Identifizierung von Verkäufern ist, und verschärft die Haftungsbestimmungen für Hosting-Provider.

Darüber hinaus nahm der JURI am Donnerstag den Bericht von MdEP T. Wölken (S&D) an, wobei dieser besonderes Augenmerk auf das „Notice and Takedown“-Verfahren legte. Die Abgeordneten fordern, dass bei der Kennzeichnung oder Entfernung von Inhalten die Nutzer benachrichtigt werden und diese die Möglichkeit haben sollten, bei einem nationalen Streitbeilegungsgremium Rechtsmittel einzulegen.

Eine endgültige Entscheidung sollte jedoch von einer unabhängigen Justiz getroffen werden. „Wir wollen nicht, dass private Unternehmen das Internet überwachen“, sagte der Berichterstatter, T. Wölken, nach der Abstimmung.

Im Plenum werden die Texte vermutlich Ende Oktober bestätigt.

Digital Services Act II – Leak Kommissionsentwurf: Drei verschiedene Dokumente der Kommission haben vergangene Woche ebenfalls Verbreitung gefunden.

Die beiden umfangreicheren Dokumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Revision des EU-Haftungssystems: Die Europäische Kommission schlägt mehrere Optionen vor:

  • Option 1: Harmonisierte Maßnahmen gegen illegale Aktivitäten: Dazu würden Transparenz- und Sorgfaltspflichten für Online-Plattformen, Benachrichtigungs-, Beschwerde- und Abhilfemechanismen, regelmäßige Transparenzberichterstattung usw. gehören.
  • Option 2: Basiert auf Option 1 zuzüglich einer Klausel des Guten Samariters, extra territoriale Anwendbarkeit der Gesetzgebung sowie weitere Transparenzverpflichtungen bezüglich der Empfehlungssysteme.
  • Option 3 (von der Kommission bevorzugt): Asymmetrische Maßnahmen und Beaufsichtigung auf EU-Ebene. Dazu würden spezifische Verpflichtungen für sehr große Online-Plattformen gehören, die eine beträchtliche Anzahl von Europäern erreichen, die in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Fähigkeiten und Auswirkungen sowie zu den Risiken stehen, die diese für die Gesellschaft und das Geschäftsumfeld darstellen. Die Kommission würde auch die Haftungsregelung für Online-Vermittler durch verschiedene Maßnahmen klären (z.B. würde sie bei Hosting-Diensten zwischen Infrastruktur-Hosting, Suchmaschinen und Online-Plattformen unterscheiden). Schließlich würde sie ein Aufsichtssystem auf EU-Ebene einrichten.

Regulierung von Gatekeeper-Plattformen: Die Kommission definiert „Gatekeeper-Plattformen“ als Anbieter von einem oder mehreren Vermittlungsdiensten, die für geschäftliche Nutzer in der digitalen Wirtschaft, die Zugang zu ihren Märkten in der Europäischen Union suchen, de facto unvermeidlich sind. Sie betrachtet Online-Vermittlungsdienste (B2C-Marktplätze, App-Stores, Social Media), Online-Suchmaschinen, Betriebssysteme und Cloudservices. Die Kommission befasst sich mit „unlauteren Praktiken“ wie „Selbstreferenzierung“, „Anti-Steering“, unlautere Kopplung und Bündelung sowie keine oder nur eingeschränkte gemeinsame Nutzung von Daten.

  • Option 1: Unfaire Handelspraktiken: Blacklist/Whitelist für Gatekeeper-Plattformen in 4 Schlüsseldiensten, Wettbewerbsregeln würden energisch durchgesetzt; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung in 4 Schlüsseldiensten, in denen Gatekeeper präsent sind; Beziehung ex ante und Marktuntersuchung;
  • Option 2a: Unfaire Handelspraktiken und Strukturelle Probleme: Wie Option 1 mit zusätzlicher Greylist.
  • Option 2b: Unfaire Handelspraktiken: Wie Option 2; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung in 4 Schlüsseldiensten;
  • Option 3: Unfaire Handelspraktiken: Wie Option 3; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung eines beliebigen Dienstes der Informationsgesellschaft;

The Commission defines “Gatekeeper platforms” as providers of one or more intermediary services that are de facto unavoidable for business users in the digital economy seeking to access their markets in the European Union. They consider online intermediation services (B2C marketplaces, app stores, social media), online search engines, operating systems, cloud. The Commission looks at “unfair practices” such as “self-preferencing”, “anti-steering”, unfair “tying and bundling”, no or limited data sharing.

Regulierung von Gatekeeper-Plattformen: Die Kommission definiert „Gatekeeper-Plattformen“ als Anbieter von einem oder mehreren Vermittlungsdiensten, die für geschäftliche Nutzer in der digitalen Wirtschaft, die Zugang zu ihren Märkten in der Europäischen Union suchen, de facto unvermeidlich sind. Sie betrachtet Online-Vermittlungsdienste (B2C-Marktplätze, App-Stores, Social Media), Online-Suchmaschinen, Betriebssysteme und Cloudservices. Die Kommission befasst sich mit „unlauteren Praktiken“ wie „Selbstreferenzierung“, „Anti-Steering“, unlautere Kopplung und Bündelung sowie keine oder nur eingeschränkte gemeinsame Nutzung von Daten.

  • Option 1: Unfaire Handelspraktiken: Blacklist/Whitelist für Gatekeeper-Plattformen in 4 Schlüsseldiensten, Wettbewerbsregeln würden energisch durchgesetzt; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung in 4 Schlüsseldiensten, in denen Gatekeeper präsent sind; Beziehung ex ante und Marktuntersuchung;
  • Option 2a: Unfaire Handelspraktiken und Strukturelle Probleme: Wie Option 1 mit zusätzlicher Greylist.
  • Option 2b: Unfaire Handelspraktiken: Wie Option 2; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung in 4 Schlüsseldiensten;
  • Option 3: Unfaire Handelspraktiken: Wie Option 3; Strukturelle Probleme: Marktuntersuchung eines beliebigen Dienstes der Informationsgesellschaft;

Das dritte Dokument enthält die oben referenzierten potenziell unfairen Praktiken von Gatekeepern, unterteilt in eine Schwarze, Weiße und Graue Liste. Bei letzterer solle die zuständige Regulierungsbehörde ad hoc eingreifen.

Digital Services Act III – Noch zwei Monate: Wie aus dem jüngsten Arbeitsprogramm der Kommission hervorgeht, will die EU-Exekutive den Digital Services Act sowie den Media Audiovisual Action Plan und den European Democracy Action Plan am 2. Dezember vorlegen.

Vizepräsident der Kommission V. Jourová äußerte sich am Freitag auf einer von der NGO EU DisinfoLab organisierten Konferenz dazu, dass der DSA einige der Anforderungen des EU-Verhaltenskodexes zur Desinformation enthalten werde (Video). Sie sagte: „Wir werden mit dem verbesserten Verhaltenskodex fortfahren und einige Elemente in das Gesetz über digitale Dienste aufnehmen. Ich werde nicht verraten, welche, denn es gibt noch einige interne Diskussionen.“ Sie fügte aber hinzu, sie wäre „der Meinung, dass [er] Dinge im Zusammenhang mit der Berichterstattung, den Daten, die den Forschern zur Verfügung gestellt werden, und den Fragen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit von mehr Transparenz“ beinhalten sollte.

Online-Plattformgiganten dürfen nicht länger nur als „Hosts“ definiert werden, brachte der EU-Binnenmarkkommissar T. Breton vergangenen Montag vor: „Sie sind nicht mehr nur Online-Hosts, sondern vertikal integrierte und werbetreibende Akteure, und auf diese Weise sind sie Gatekeeper“, sagte Breton im IMCO (Video). Auch im ITRE war Breton vergangene Woche zu Gast (Video, Digitale Dekade ab ca. 9.33 Uhr).

IMCO Vorsitz: Die grüne MdEP P. De Sutter wird stellvertretende Premierministerin in der neuen belgischen Regierung. Der IMCO muss sich entsprechend eine/n neue/n Ausschussvorsitzende/n suchen.

CSAM und E-Privacy: Die Kommission hat, entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung, eine öffentliche Konsultation über den Vorschlag für eine Ausnahme von der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation zur Aufdeckung von Material über sexuellen Kindesmissbrauch im Internet eröffnet. Die Konsultation läuft bis 27. November. Angesichts der zeitgleich stattfindenden Diskussionen und Verhandlungen zwischen Rat und Parlament im beschleunigten Verfahren stehen hinter dieser Konsultation allerdings drei große Fragezeichen.

Die deutsche Ratspräsidentschaft hat derweil einen Diskussionsvorschlag mit drei Optionen präsentiert. Option 1 wäre die änderungslose Übernahme des Kommissionsvorschlags. Option 2 enthält eine Klarstellung in Artikel 1, dass die DSGVO weiterhin Vorrang hat. Option 3 enthält zwei Änderungen: Zum einen den Wegfall der Beschränkung auf Technologien vor Inkrafttreten der Verordnung. Zum anderen sollen die Transparenzberichte u.U. öfter und auch direkt an die Datenschutzbehörden übermittelt werden.

Terroristische Onlineinhalte: Ein weiterer Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft betrifft die TCO Verordnung. Er enthält Anpassungen zu Artikel 4, der sich mit grenzüberschreitenden Abschiebungsanordnungen befasst. Das Dokument schlägt auch vor, dass einer der heikelsten Punkte – die Verwendung von automatisierten Inhaltserkennungsinstrumenten durch Plattformen – bei der nächsten Trilog-Sitzung am 29. Oktober diskutiert werden sollte.

Künstliche Intelligenz: Die Abgeordneten im JURI billigten vergangene Woche die drei KI-Berichte: A. Voss‘ (EVP) Bericht über das europäische System der zivilrechtlichen Haftung für KI; jener von I. García Del Blanco (S&D), der einen ethischen Rahmen für KI vorschlägt; sowie der Bericht von S. Séjourné (Renew), der sich mit der Frage befasst, wie geistige Eigentumsrechte im Zeitalter von KI übernommen werden können. Auch die KI-Berichte werden in der zweiten Oktober-Session zur Abstimmung im Plenum erwartet.

Sondersitzung des Rats: Donnerstag und Freitag vergangener Woche trafen sich die Staats- und Regierungschefs zu einer Sondersitzung in Brüssel. Sie dämpften dabei das Streben nach größerer wirtschaftlicher Unabhängigkeit des Blocks mit einem fortgesetzten Engagement für freien Handel und offene Märkte. Die Staats- und Regierungschefs waren sich in ihren Schlussfolgerungen einig: „Um digital souverän zu sein, muss die EU einen wirklich digitalen Binnenmarkt aufbauen, ihre Fähigkeit stärken, ihre eigenen Regeln zu definieren, autonome technologische Entscheidungen zu treffen und strategische digitale Kapazitäten und Infrastrukturen zu entwickeln und einzusetzen. Auf internationaler Ebene wird die EU ihre Instrumente und Regelungsbefugnisse nutzen, um globale Regeln und Standards mitzugestalten. Die EU wird für alle Unternehmen offen bleiben, die die europäischen Regeln und Standards einhalten“.

Datenschutz – Bußgeld: Hamburgs Datenschutzbehörde verhängte vorige Woche ein Bußgeld in Höhe von 35 Mio. Euro gegen das schwedischen Bekleidungsunternehmens H&M. Anlass dafür war eine Mitarbeiter-Überwachung unter Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen der EU. In einer Erklärung sagte die Aufsichtsbehörde, dass die Erstellung von Mitarbeiterprofilen des Nürnberger Servicecenters in Aufzeichnungen, die Daten über religiöse Überzeugungen, Einzelheiten über den Gesundheitszustand und familiäre Probleme enthielten, eine „schwere Missachtung des Beschäftigtendatenschutzes“ dokumentiere.

Aktualisierte Cookie-Richtlinien in Frankreich: Die französische Datenschutzbehörde CNIL hat geänderte Richtlinien sowie eine Empfehlung zur Verwendung von Cookies und anderen Rückverfolgungstechnologien verabschiedet. Der Leitfaden besagt, dass das Browsen keine Zustimmung darstellt und dass die Ablehnung von Tracern so einfach sein sollte wie ihre Annahme.

Schrems II & Standardvertragsklauseln: Wie Access Partnership berichtet, haben das US-Handels-, Justizministerium und das Büro des Direktors des National Intelligence ein Weißbuch über den Schutz der Privatsphäre in den USA in Bezug auf den Datenzugang der Geheimdienste veröffentlicht:

Das Weißbuch, Informationen über US-Datenschutzvorkehrungen in Bezug auf Standardvertragsklauseln (SCCs) und andere EU-Rechtsgrundlagen für Datentransfers zwischen der EU und den USA nach Schrems II, stellt fest:

Digitalsteuer in Belgien: Fast 16 Monate nach den Wahlen hat Belgien seit vergangener Woche eine neue Regierung und entsprechend dem Entwurf der Koalitionsvereinbarung wird diese neue belgische Regierung bis 2023 eine Digitalsteuer einführen, falls ein internationales Abkommen über eine solche Steuer nicht erreicht werden kann.

Neue Kommissionsmitglieder Am Freitag fanden die Anhörungen der Kommissionskandidaten M. McGuiness und V. Dombrovskis statt. Kommenden Mittwoch ist die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments vorgesehen.

Einzelne Veröffentlichungen u.a. des EP Think Tanks:

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie eine Übersicht für die kommende Plenarsitzungswoche. Themen sind u.a. die Rechtsstaatlichkeit und das Budget sowie die Bestätigung der (neuen) Kommissare.­

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier bzw. die Liste der Tagungen/Sitzungen zw. 1. und 31. Oktober hier (Rev. 2) sowie die Schwerpunkte der kommenden 14 Tage hier.

Darunter finden sich u.a.:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Für die kommende Woche finden sich darauf folgende Punkte:

  • Strategischer EU-Rahmen für die Gleichstellung, Eingliederung und Beteiligung der Roma
  • Mitteilung über einen Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan
  • Erweiterungspaket

Den Gerichtskalender des EuGH finden Sie hier. Diese Woche finden mehrere Verfahren zum Themenbereich Datenschutz und Privatsphäre statt. So kommt es u.a. am Montag zur Anhörung im Fall Facebook Ireland u.a. gegen die belgische Datenschutzbehörde (C645-19) betreffend den One-Stop-Shop und die nationale Zuständigkeit. Tags darauf steht die Urteilsverkündung in den zusammengelegten Fällen zur Vorratsdatenspeicherung, La Quadrature du Net u.a. (C‑511/18), French Data Network u.a. (C-512/18) sowie Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. (C-520/18) an. Zudem ist auch die Verkündung des Urteils in Privacy International/Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs u. a (C-623/17) sowie eine Sitzung in Facebook Ireland u.a. (C-645/19) vorgesehen.

LIBE Ausschuss (EP)

  • Mittwoch, 15. Oktober 2020, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (EP)

  • Montag 26./Dienstag 27. Oktober 2020 (Brüssel)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (EP)

  • Montag, 12. Oktober 2020, 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (EP)

  • Montag, 26. Oktober 2020, 13.45-15.45 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 27. Oktober 2020, 9.00-11.00 Uhr und 11.30-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (EP)

  • Montag/Dienstag, 26./27. Oktober (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender 

KW 42 / Montag, 12. bis Donnerstag, 16. Oktober: Fraktions- und Ausschusssitzungen (Brüssel);

KW 43 / Montag, 19. bis Donnerstag, 23. Oktober: Plenarsitzungen (Straßburg);

KW 44 / Montag, 26. bis Donnerstag, 30. Oktober: Ausschusssitzungen (Brüssel);

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