24.11.2021

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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­Das Wichtigste im Überblick

DIGITAL MARKETS ACT I – PARLAMENT EINIGT SICH AUF TEXT: Am Montag soll im Binnenmarktausschuss über den Text zum DMA abgestimmt werden. Die Medien berichteten bereits in den Tagen zuvor von abgeschlossenen Verhandlungen. Doch noch am Freitag wurden letzte Feinheiten auszubügeln versucht.

Am Donnerstag steht im Rat dann auch der Beschluss der allgemeinen Ausrichtung zum DMA auf der Tagesordnung.

Das Parlament wird in seinem Bericht (Version vom 17. November, PDF) bekannterweise die Schwellenwerte auf 8 Mrd. Euro Umsatz und 80 Mrd. Euro Marktwert anheben. Der Rat hat den Kommissionsvorschlag (6,5 bzw. 65 Mrd. Euro) nicht verändert.

Der IMCO Bericht sieht zudem vor, Webbrowser, virtuelle Assistenten und vernetztes Fernsehen als „Core Platform Service“ zu definieren und somit in den Anwendungsbereich einzubeziehen.

DIGITAL MARKETS ACT II – TASK FORCE NIMMT ARBEIT AUF: Nachdem die Task Force der Kommission für den DMA vor kurzem in Kraft getreten ist, hat sie nun ihre Arbeit aufgenommen. Im Rahmen der AmCham Competition-Konferenz betonte Thomas Kramler, Leiter des E-Commerce-Referats der Generaldirektion Wettbewerb, wie wichtig es ist, dass das Team einen Vorsprung bei den wichtigen Vorbereitungsarbeiten für den Digital Markets Act erhält, die zu seiner wahrscheinlichen Verabschiedung Anfang nächsten Jahres führen.

„Die erste Aufgabe besteht darin, den Prozess der Verabschiedung des DMA zu unterstützen“, sagte Kramler. Die zweite Aufgabe wird dann darin bestehen, die Umsetzung vorzubereiten“, fügte er hinzu und wies darauf hin, dass „sehr tiefgreifende Fragen“ wie die Einrichtung eines Systems zur Bearbeitung von Beschwerden und die Sicherstellung einer effizienten Personalausstattung zur Bewältigung der erhöhten Arbeitsbelastung nach der Verabschiedung Vorrang haben würden. „Die Task Force wird auch mit der Arbeit an einigen Durchführungsrechtsakten beginnen müssen, die vor dem Inkrafttreten des DMA erlassen werden müssen“, so Kramler weiter. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

DIGITAL SERVICES ACT – LANGE LISTE AN FORDERUNGEN IM RAT: Nachdem der AStV vergangene Woche die Position bestätigt hat, soll am Donnerstag, neben dem DMA, im Rat auch die allgemeine Ausrichtung zum DSA (PDF) beschlossen werden.

Diese enthält in ihren Erwägungsgründen u.a. eine 24-Stunden-Frist für die Entfernung von Hass-Inhalten, die von vertrauenswürdigen Hinweisgebern gemeldet wurden. Die Gesamtzahl der, von den jeweiligen nationalen Digital Services Koordinatoren zu ernennenden Hinweisgeber, soll dabei limitiert werden. Außerdem will der Rat eine eigene Kategorie für sehr große Suchmaschinen schaffen.

Obwohl der Rat die Verhandlungen damit eigentlich beendet hat, haben die Mitgliedstaaten weiterhin eine (relativ lange) Liste an Forderungen (PDF), die sie in den Verhandlungen noch untergebracht sehen wollen – allen voran Dänemark, Deutschland, Polen, Italien, Spanien und Ungarn.

Die Diskussionen im EU-Parlament gehen unterdessen weiter. Politico Pro (Paywall, EN) berichtet aus den Verhandlungen von letzter Woche:

  • Entschädigung für Nutzer/innen, wenn sich Online-Marktplätzen nicht an den DSA halten, statt einer generellen Haftung.
  • Opt-out-Möglichkeit bei der Datenverwendung für Nutzer/innen gegenüber Online-Plattformen, wobei Daten nicht für „Direktmarketing, Profiling und verhaltensorientierte Werbung für Minderjährige“ verwendet werden dürfen.
  • Sanktionsmöglichkeiten für die Kommission gegenüber großen Plattformen, im Falle wiederholten Verabsäumens systemische Risiken für die Grundrechte, die öffentliche Gesundheit und die Desinformation anzugehen.
  • Möglichkeit für Online-Plattformen Ausnahmen zu beantragen, um auf zusätzliche Verpflichtungen in Bezug auf Transparenz, vertrauenswürdige Hinweisgeber, Drittanbieter und Werbung zu verzichten, wenn sie kein erhebliches Systemrisiko darstellen, gemeinnützig sind oder „eine offensichtlich positive Rolle in der Öffentlichkeit spielen“, weniger als 250 Mitarbeiter haben und weniger als 500 Millionen Euro Umsatz generieren.

Derzeit ist vorgesehen, dass die Abstimmung im Binnenmarktausschuss am 9. Dezember und eine Bestätigung im Plenum im Januar 2022 stattfinden soll.

Unterdessen zeigt sich der französische Digitalminister, Cédric O, weiterhin optimistisch und hält einen Abschluss der Verhandlungen unter französischer Ratspräsidentschaft bis Juni 2022 immer noch für möglich.

ONLINE-WERBUNG – IMCO WORKING GROUP: Vergangenen Freitag traf sich die Arbeitsgruppe zum Digitalen Binnenmarkt des Binnenmarktausschusses im Europäischen Parlament zu einer Sitzung, um über das Thema der gezielten Online-Werbung zu diskutieren (Agenda, PDF). Dazu eingeladen wurden verschiedene Expert/innen aus der Wirtschaft (Video).

EUGH – GENERALANWALT ERTEILT DEUTSCHER VORRATSDATENSPEICHERUNG ABFUHR: Generalanwalt C. Sánchez-Bordona, hat in seiner Einschätzung in den Verfahren von SpaceNet (C-793/19) und Telekom Deutschland (C-794/19) vorherige EuGH-Vorteile so ausgelegt, dass die Vorratsdatenspeicherung nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit erlaubt wäre. Auch die zeitlich begrenzte Speicherung einer Vielzahl an Verbindungsdaten, wie sie in Deutschland vorgesehen ist, würde bereits zu sehr in die Grundrechte und das Privatleben eingreifen.

Der Generalanwalt zeigte sich in seinen Schlussanträgen verwundert, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten trotz der eindeutigen EuGH-Urteile weiterhin die Vorratsdatenspeicherung fordern.

E-PRIVACY – TRILOG MACHT KLEINE FORTSCHRITTE: Vergangene Woche hat der politische Trilog zur E-Privacy Verordnung stattgefunden. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Kapitel III, V und VI, die sicherlich nicht die umstrittensten Punkte der Verhandlungen sind (d. h. Vorratsdatenspeicherung, Cookies, Durchsetzung). Obwohl Fortschritte erzielt wurden gelang es nicht, eine Einigung zu erreichen, da technische Details unklar blieben. Während technische Treffen nun im Dezember geplant sind, wird es aus „terminlichen Gründen“ keine weiteren politischen Triloge unter der slowenischen Präsidentschaft geben. (vgl. Euractiv, EN)

GREEN DEAL – RAT GIBT GRÜNES LICHT FÜR 10 EUROPÄISCHE PARTNERSCHAFTEN: Der Rat der Europäischen Union hat den Weg für die Gründung von zehn Europäischen Partnerschaften, sog. „Joint Undertakings“, zwischen der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten und/oder der Industrie freigemacht (u.a. digitale Schlüsseltechnologien, sauberer Wasserstoff, smarte Netzwerke und Dienste).

Die EU wird im Rahmen von „Horizont Europa“ Mittel in Höhe von fast 10 Mrd. EUR bereitstellen, die die Partner mit Investitionen in mindestens gleicher Höhe ergänzen werden. Dieser kombinierte Beitrag soll zusätzliche Investitionen in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Energie, Digitaltechnik und Metrologie mobilisieren, Arbeitsplätze und Wachstum schaffen und langfristige positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. (vgl. KOM Pressemitteilung)

VERHALTENSKODEX ZUR BEKÄMPFUNG VON DESINFORMATION – NEUE UNTERZEICHNER: 16 künftige Unterzeichner haben sich dem Überarbeitungsprozess des Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation angeschlossen: Twitch, Adobe, Havas, The Bright App, Neeva, Reporter ohne Grenzen, VOST Europe, die Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung, Maldita, PagellaPolitica, Demagog, MediaMath, Integral Ad Science, die GARM-Initiative, Crisp Thinking und Newsback. (vgl. Pressemitteilung KOM)

PROGRAMM DIGITALES EUROPA – KOMMISSION VERÖFFENTLICHT ERSTE AUSSCHREIBUNGEN: Die EU-Kommission hat die ersten Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Programms Digitales Europa veröffentlicht. Die Aufforderungen richten sich an Unternehmen, Organisationen und öffentliche Verwaltungen. Eingereicht werden können Vorschläge im Bereich digitale Technologie, Cybersicherheit und zum Aufbau des Netzes europäischer Zentren für digitale Innovation. Bis Ende 2022 werden im Rahmen dieser Ausschreibungen über 415 Mio. Euro investiert. Weitere Aufforderungen werden Anfang 2022 veröffentlicht.

OPEN RAN – KOALITION PRÄSENTIERT: Eine Koalition von Telekommunikationsanbietern (Deutschen Telekom, Orange, Telecom Italia (TIM), Telefónica und Vodafone) hat vergangene Woche ein Papier (PDF) veröffentlicht, in dem sie für die Notwendigkeit plädiert, offene Funkzugangsnetze (Open Radio Access Networks – RAN) zu einer Priorität für die europäische Konnektivitätsstrategie zu machen.

Nach Ansicht der Betreiber wäre die flexible und offene Architektur von Open RAN eine wichtige Triebkraft für eine wettbewerbsfähige digitale Infrastruktur in Europa. Sie forderten außerdem politische Unterstützung auf hoher Ebene, die Schaffung einer Europäischen Allianz für Kommunikationsinfrastrukturen der nächsten Generation durch die Europäische Kommission, weitere Anreize für die Entwicklung offener Funkzugangsnetze und eine stärkere europäische Führungsrolle bei der Entwicklung internationaler Normen.

WETTBEWERBSRECHT – KOMMISSION VERÖFFENTLICHT AGENDA: Die Europäische Kommission hat ihre Agenda für die Verbesserung ihrer Kartellvorschriften veröffentlicht. In der Mitteilung wird die Lockerung der Vorschriften für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Breitbandinvestitionen bestätigt und die Komplementarität des DMA mit der Wettbewerbsaufsicht betont.

Ein interessanter Hinweis wurde zu den „Killer-Akquisitionen“ hinzugefügt, wobei darauf hingewiesen wird, dass auch Unternehmen mit geringem oder gar keinem Umsatz für kartellrechtliche Untersuchungen in Betracht gezogen werden sollten, wenn derartige Übernahmen den Markt stören könnten. (vgl. Euractiv, EN)

URHEBERRECHT – IRLAND SETZT DSM-RICHTLINIE UM: In Irland ist die nationale Umsetzung der Urheberrechtrichtlinie am 12. November in Kraft getreten. Der Text der Irischen Umsetzung ist hier (PDF) zu finden.

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

Ausgewähltes der kommenden Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie die Übersicht der Plenarsitzungswoche. Diese findet wieder in hybrider Form statt.
Den vorläufigen Sitzungskalender für 2022 finden Sie hier (PDF).

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier, die Schwerpunkte der Sitzungen der nächsten 14 Tage hier sowie eine Übersicht für den slowenischen Ratsvorsitz hier (PDF).

Darunter finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Hervorzuheben gilt es u.a. das Paket „Sicherheit und Recht in der digitalen Welt“ (1. Dezember).
Für die kommende Woche sind folgende Themen vorgesehen:

  • Herbstpaket des Europäischen Semesters
  • Kapitalmarktunion
    • Mitteilung „Die Kapitalmarktunion – Umsetzung ein Jahr nach dem Aktionsplan”
    • Kapitalmarktunion-Vorschlag für eine Richtlinie/Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine einheitliche europäische Anlaufstelle für die Veröffentlichung finanzieller und nichtfinanzieller Informationen durch Unternehmen (ESAP)
    • Überprüfung des Rahmens für europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF)
    • Überprüfung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD)
    • Überprüfung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR)
  • Reaktion der EU auf die Situation an den Außengrenzen der EU zu Belarus
  • Paket zur Stärkung der Demokratie und der Integrität der Wahlen
    • Schutz der Integrität der Wahlen und Förderung der demokratischen Beteiligung
    • Überarbeitung der Satzung und der Finanzierung der europäischen politischen Parteien und der europäischen politischen Stiftungen
    • Änderung der Richtlinie 93/109/EG des Rates über das aktive Wahlrecht bei den Europawahlen
    • Änderung der Richtlinie 94/80/EG des Rates über das Wahlrecht bei den Kommunalwahlen
    • Größere Transparenz bei bezahlter politischer Werbung

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

LIBE Ausschuss (EP)

  • Montag, 29. November 2021, 15.45-18.45 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 30. November 2021, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 9. Dezember 2021, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (EP)

  • Mittwoch/Donnerstag, 1./2. Dezember 2021 (Brüssel)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (EP)

  • Dienstag, 30. November 2021, 9.00-12.00 Uhr, 13.45-15.45 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (EP)

  • Mittwoch, 1. Dezember 2021, 9.30-12.30 Uhr und 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (EP)

  • Mittwoch/Donnerstag, 1./2. Dezember 2021 (Brüssel)

(Kalender)

AIDA Ausschuss (EP) – Sonderausschuss zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter

  • Dienstag, 30. November 2021, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

Übersicht der Hearings

INGE (EP) – Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation

  • Montag, 15. November 2021, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel) – Aufzeichnung

(Kalender)

Übersicht der Hearings

Weiterer Parlamentskalender

KW 48 / Montag, 29. November bis Donnerstag, 2. Dezember: Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 49 / Montag, 6. bis Donnerstag, 9. Dezember: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 50 / Montag, 13. bis Donnerstag, 16. Dezember: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

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