16.01.2023

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

E-EVIDENCE – ABSTIMMUNG IM EP VERSCHOBEN: Vergangene Woche hätte die Abstimmung zur E-Evidence Verordnung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) stattfinden sollen. Nachdem mehrere Mitglieder im Rat noch mehr Zeit zur Prüfung erbeten haben, hat das Europäische Parlament die Abstimmung zum Trilogkompromiss vorläufig verschoben. Die nächste Möglichkeit für einen neuen Versuch bietet sich am 30. bzw. 31. Januar.

Bestätigt hat der LIBE-Ausschuss hingegen das zweite Zusatzprotokoll zum Budapester Einkommen über Computerkriminalität des Europarats. Nach der noch offenen Abstimmung im Plenum können Mitgliedstaaten dieses sodann ratifizieren. (vgl. Pressemitteilung EP)

URHEBERRECHT – KOMMISSION STARTET SONDIERUNG ZU ONLINE-LIVE-PIRATERIE: Vergangenen Freitag hat die EU-Kommission eine Sondierung zu Fragen der Bekämpfung von Online-Piraterie von Live-Inhalten gestartet. Die Frist läuft bis zum 10. Februar.

Die Kommission ziele darauf ab, Erfahrungen und Beweise von allen relevanten Interessengruppen über die Online-Piraterie von Live-Veranstaltungen und über die Funktionsweise der einschlägigen EU- und nationalen Vorschriften zu sammeln, insbesondere über:

  • das Ausmaß der unerlaubten Online-Weiterverbreitung von Live-Events;
  • die Verarbeitung von Hinweisen durch Online-Vermittler bei Live-Events;
  • die Wirksamkeit von dynamischen und Live-Sperrverfügungen und die damit einhergehenden Verfahrensgarantien zur Wahrung der Grundrechte;
  • die Praktiken und Herausforderungen beim Vorgehen gegen die unerlaubte Weiterübertragung von Live-Ereignissen, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen; und
  • die Rolle der zuständigen nationalen Behörden, insbesondere bei der Anwendung von dynamischen und Live-Sperrverfügungen, sowie die Erfahrungen und Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Ziel ist eine Empfehlung, in der die Kommission den Mitgliedstaaten und Marktteilnehmern empfiehlt, effizienter gegen die unerlaubte Online-Weiterverbreitung von Live-Ereignissen vorzugehen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf drei Bereichen: (1) unverzügliche Entfernung, (2) Nutzung von IPRED-Rechtsmitteln und (3) Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden sowie zwischen Rechteinhabern und Vermittlern.

Die Annahme der Empfehlung durch die Kommission ist für das zweite Quartal 2023 vorgesehen.

KI-HAFTUNG – KOMMISSION PRÄSENTIERT VORSCHLAG IN EP-AUSSCHUSS: Vergangenen Montag präsentierte der für Justiz zuständige Kommissar D. Reynders den Abgeordneten des Rechtsausschusses (JURI) offiziell den Vorschlag für eine KI-Haftungsrichtlinie. (Video)

Kommissar Reynders erklärte das Hauptziel der vorgeschlagenen Maßnahme darin, die zivilrechtlichen Haftungsregeln im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz (KI) zu ändern, um: (i) die Rechtssicherheit in diesem Bereich für Unternehmen im Binnenmarkt zu verbessern, (ii) das Vertrauen der Verbraucher in diese Technologie zu stärken und (iii) den Opfern von KI das gleiche Schutzniveau zu gewährleisten wie den Opfern anderer Arten von Technologien oder Produkten.

Reynders betonte, dass es für eine strikte Harmonisierung der KI-Haftung und der Pflichtversicherung noch zu früh ist, da sich diese Technologie noch in der Entwicklung befindet.

Zum Abschluss seiner Ausführungen teilte Reynders den MdEP mit, dass der Vorschlag bereits im Rat diskutiert wird und dass die Kommission das Parlament ermutigt, die Arbeit an diesem Dossier so schnell wie möglich voranzutreiben.

Berichterstatter A. Voss (EVP, DE) ergriff daraufhin das Wort, um zu erklären, dass sich die Aufnahme der Arbeit an dem Dossier aufgrund der engen Verknüpfung mit dem vorgeschlagenen KI-Gesetz, dessen Verhandlungen noch andauern, als schwierig erwiesen habe. Voss brachte seine Überzeugung zum Ausdruck, dass eine Verordnung das bessere Instrument für diese Initiative wäre, da sie eine größere Harmonisierung in der gesamten EU gewährleisten würde, anstatt möglicherweise zu 27 verschiedenen Systemen in jedem Mitgliedstaat zu führen.

KI-GESETZ I – DEUTSCHE VORBEHALTE BEIM RATS-KOMPROMISS: Am 6. Dezember bestätigten die im EU-Telekommunikationsrat versammelten Minister:innen ihre Unterstützung für die allgemeine Ausrichtung des KI-Gesetzes, welches die künstliche Intelligenz auf der Grundlage ihres Schadenspotenzials regulieren soll.

Der deutsche Bundesminister für Digitales, Volker Wissing, begrüßte zwar den Kompromiss, merkte jedoch an, dass es „noch Raum für Verbesserungen“ gebe. Er wünsche sich, dass die Bedenken Deutschlands bei den Trilog-Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Kommission berücksichtigt würden.

So spricht sich Deutschland für ein Verbot der biometrischen Echtzeit-Identifizierung im öffentlichen Raum aus. Auch sollen KI-Anwendungen weder bei der Risikobewertung einer Person in Bezug auf Straftaten noch bei öffentlichen Behörden als Lügendetektoren oder zur Emotionserkennung verwendet werden. Ebenso will Deutschland ein Verbot von KI-Systemen zur systematischen und anlasslosen Überwachung der Leistung und des Verhaltens am Arbeitsplatz. (vgl. Euractiv)

KI-GESETZ II – NEUE KOMPROMISSE IM EP: Die Ko-Berichterstatter haben einen neuen Stapel von Kompromissänderungsanträgen zum KI-Gesetz in Umlauf gebracht, die strengere Verpflichtungen für Nutzer:innen von KI-Systemen mit hohem Risiko vorschlagen. Auch die Verantwortung der Nutzer solcher Systeme wurde gestärkt, insbesondere um sicherzustellen, dass die KI über die notwendige Robustheit und Cybersicherheitsmerkmale verfügt. Für den Arbeitsplatz soll keine KI ohne die Zustimmung der Arbeitnehmer:innen eingesetzt werden dürfen. Für die Nutzer:innen von generativen KI-Modellen wie ChatGPT wurde eine Transparenzpflicht hinzugefügt. Die Bedingungen, unter denen ein Dritter für ein System verantwortlich wird, wurden präzisiert.

Die neuen Vorschläge standen im Mittelpunkt eines technischen Treffens, das am Mittwoch stattfand. Die Diskussion über den neuen Artikel zur Folgenabschätzung für die Grundrechte soll am Dienstag fortgesetzt werden. Die wichtigsten Fragen, die noch geklärt werden müssen, sind die allgemeine Zweckbestimmung von AI und die Hochrisikoliste in Anhang III. (vgl. Euractiv)

DATA ACT I – SCHWEDEN SUCHT BESTÄTIGUNG IM RAT: Stockholm hat ein Optionspapier zum Datengesetz in Umlauf gebracht, in dem die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, sich zu einigen der umstrittensten Elemente des Gesetzes zu äußern, nämlich zum Ausschluss von KMU, zum B2G-Datenaustausch und zu Geschäftsgeheimnissen. Der Ansatz der Präsidentschaft bestand nicht darin, etwas Neues vorzuschlagen. Die Optionen beinhalten die Bestätigung des letzten Kompromisses der tschechischen Präsidentschaft, die Rückkehr zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission oder die Vorlage eines detaillierteren Vorschlags. Die Attachés hatten bis Donnerstag Zeit, schriftliche Kommentare abzugeben, welche zusammen mit der Diskussion, die am Dienstag stattfinden wird, die Grundlage für einen neuen Kompromisstext bilden werden, der für Ende Januar erwartet wird. (vgl. Euractiv, EN)

DATA ACT II – NEUE VORSCHLÄGE IM EP: Die Diskussionen über das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Binnenmarkt-Ausschuss des EU-Parlaments (IMCO) haben die bekannte Frage der funktionalen Äquivalenz für Cloud-Anbieter wieder aufgegriffen, nachdem der Versuch des Berichterstatters A. Bielan, diese Verpflichtung aus dem Text zu streichen, abgelehnt wurde.

Der jüngste Stapel von Kompromissänderungsanträgen versucht, den Prozess mit einigen wichtigen Vorbehalten zu verfeinern, die Portabilitätsverpflichtungen für Cloud-Anbieter zu spezifizieren und Wechselgebühren wie Ausstiegsgebühren abzuschaffen. Der Text wurde am Donnerstag in einer Schattenberichterstatter-Sitzung diskutiert. Nach vergangenen Freitag soll am Montag noch eine technische Sitzung stattfinden, um den Text bis Mitte der Woche zu konsolidieren. Die Abstimmung im Ausschuss ist für den 24. Januar geplant. (vgl. Euractiv, EN)

DIGITAL MARKETS ACT – VORSTELLUNG NEUER BEHÖRDE: Auf einer öffentlichen Veranstaltung der Denkfabrik CERRE sagte A. Bacchiega von der Generaldirektion Wettbewerb (DG COMP), dass die neue Direktion, die für die Durchsetzung des DMA und für Kartellfälle im Technologiebereich zuständig sein wird, in der folgenden Woche bekannt gegeben wird. Sie soll insgesamt etwa 40 Beamte, einschließlich Neueinstellungen, umfassen.

Es ist nicht klar, ob Bacchiega selbst, der derzeit für Wettbewerbsfälle in den Bereichen Information, Kommunikation und Medien zuständig ist, die neue Direktion leiten wird, oder ob der neu ernannte Direktor der einzige Ansprechpartner für die Zusammenarbeit mit der DG CNECT bei der Umsetzung des DMA sein wird. (vgl. Euractiv, EN)

CSAM – WIDERSTAND GEGEN EU-ZENTRUM: Mehrere EU-Länder, darunter Irland, Griechenland und Ungarn, haben sich mit der Europäischen Kommission über eine neue zentrale Agentur zur Bekämpfung von Kindesmissbrauchsinhalten gestritten. Die Kommentare (PDF) legen die Positionen der verschiedenen Hauptstädte von Juli bis September 2022 dar, kurz nachdem die EU-Exekutive ihren Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Geißel im Internet veröffentlicht hatte.

Einige EU-Länder befürchten, dass das Zentrum ihre eigenen nationalen Mechanismen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern beeinträchtigen könnte. Andere sind einfach nur frustriert, dass die Niederlande ihnen vorgezogen wurden.

Es überrascht nicht, dass Berlin und Wien die vorgeschlagenen Ermittlungsanordnungen aus Angst um die Privatsphäre strikt ablehnen. Österreich nannte die Maßnahme einen „massiven Eingriff in die Grundrechte“. Auch die Niederlande und Litauen äußerten sich zu ihren Befürchtungen bezüglich der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Belgien warnte, dass die höchste Form der Verschlüsselung zwar wichtig sei, aber nicht als „technische Ausrede“ benutzt werden dürfe, um der Verpflichtung zur Überprüfung von Nachrichten auf illegale Inhalte nicht nachzukommen.

Länder wie Irland und Frankreich finden die Regeln, nach denen die Behörden die Entfernung von Kindesmissbrauch anordnen oder eine Plattform sperren können, zu umständlich und argumentieren, dass die Strafverfolgungsbehörden schnell handeln müssen. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

DEUTSCHLAND – BNETZA ERWEITERT SPERRLISTE FÜR RUSSISCHE MEDIEN: Die Bundesnetzagentur hat die Liste der russischen Medienanbieter erweitert:

„Damit ist ab dem 1. Februar 2023 die Sperrungen für folgende Domains aus hiesiger Sicht gemäß Art 3 Abs. 3 UAbs. 3 lit. a Verordnung (EU) 2015/2120 (‚durch Unionsrecht in Form der durch die Verordnung (EU) 2022/350 angepassten Sanktionsverordnung 833/2014″) gerechtfertigt, vorausgesetzt der Rat beschließt dies nach Prüfung der betreffenden Fälle im Wege eines Durchführungsrechtsakts:

NTV/NTV Mir

  • ntvmir.ntv.ru
  • ntv.ru

REN TV

  • ren.tv

Perviy Kanal

  • 1tv.ru

Russia 1

  • freeintertv.com (vgl. freeintertv.com/view/id-3163)
  • ontvtime.tv (vgl. https://ontvtime.tv/russia-1)“

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie die Übersicht der Plenarsitzungswoche.
Der Sitzungskalender für 2023 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier.
Den offiziellen Kalender sowie das Programm des schwedischen Ratsvorsitzes können Sie auf der entsprechenden Webseite einsehen.

Bei den Terminen finden sich u.a.:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda (letzter Entwurf, PDF):

  • Nutzung von Talenten in Europas Regionen

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Montag, 30. Januar 2023, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 31. Januar 2023, 9.00-12.30 Uhr und 14.00-18.00 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (Recht)

  • /24. Januar 2023 (Brüssel)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (Industrie)

  • Montag, 23. Januar 2022, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 24. Januar 2022, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (Binnenmarkt)

  • Montag, 23. Januar 2022, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 24. Januar 2022, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (Kultur)

  • Montag, 23. Januar 2022, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 24. Januar 2022, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

PEGA Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Montag, 23. Januar 2023, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)

INGE2 Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • offen

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 4 / Montag, 23. bis Donnerstag, 26. Januar: Ausschuss- und Mini-Plenarsitzungswoche (Brüssel);

KW 5 / Montag, 30. Januar bis Donnerstag, 2. Februar: Mini-Plenarsitzungswoche (Brüssel);

KW 6 / Montag, 6. bis Donnerstag, 9. Februar: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche;

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