08.02.2023

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

INFRASTRUKTURABGABE – LEAK DES FRAGEBOGENS: Vergangene Woche wurde ein Entwurf des Fragebogens (PDF) der EU-Kommission zu Fragen um die Zukunft des Konnektivitäts-Sektors öffentlich. Der Fragebogen enthält 60 Fragen und ist in vier Abschnitte unterteilt:

  • Technologie- und Marktentwicklungen: Auswirkungen auf künftige Netze und Geschäftsmodelle für die elektronische Kommunikation;
  • Fairness für die Verbraucher;
  • Hemmnisse für den Binnenmarkt;
  • Fairer Beitrag aller digitalen Akteure;

Die Veröffentlichung bzw. Verteilung des Fragebogens wurde bereits mehrfach verschoben. Derzeit ist vom 10. Februar die Rede – doch ist auch dieser Termin nicht sicher.

EIDAS – ABSCHLUSS IN REICHWEITE: Die Europaabgeordneten haben ihren Text für die eIDas-Verordnung fertiggestellt, und es sieht so aus, als würden sie ihn, wie vom Berichterstatter vorgesehen, bis zum 9. Februar verabschieden.

Laut letzten Informationen würde die Version des Parlaments die Anforderungen an den Datenschutz und die „Datenminimierung“ verbessern: Die ID-„Wallets“ müssen in der Lage sein, Pseudonyme zu generieren und Daten lokal zu speichern, und zwar in verschlüsselter Form. Der Text schafft auch ein neues Gremium, das European Digital Identity Framework Board, das die Umsetzung der Verordnung und die Einführung der Wallets beaufsichtigen soll. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

E-EVIDENCE – AUSSCHUSS SEGNET TRILOGERGEBNIS AB: Am Dienstag bestätigte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) die in den Verhandlungen mit dem Rat der EU erzielte Einigung über die grenzüberschreitende Erhebung und Aufbewahrung elektronischer Beweismittel („E-Evidence“). Die neue Gesetzgebung soll es den nationalen Behörden ermöglichen, Beweismittel direkt von Dienstleistern in anderen Mitgliedstaaten anzufordern oder zu verlangen, dass Daten für die zukünftige Verwendung aufbewahrt werden.

Beide Anordnungen sollen nur im Rahmen von Strafverfahren erlassen werden. Sie könnten also nur für Straftaten beantragt werden, die im Ausstellungsland mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren geahndet werden, oder für bestimmte Straftaten im Zusammenhang mit Cyberkriminalität, Kinderpornografie, Fälschung bargeldloser Zahlungsmittel oder Terrorismus.

Noch müssen das Plenum des Europäischen Parlaments (13.-16. Februar oder 13.-16. März) und der Rat über die endgültige Annahme des Pakets entscheiden, das aus einer Verordnung und einer Richtlinie besteht. Nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der EU tritt es 20 Tage später in Kraft. Seine Bestimmungen werden nach einer Übergangszeit von 36 Monaten gelten. (vgl. Pressemitteilung EP)

DIGITAL SERVICES ACT – KOMMISSION PRÄSENTIERT LEITLINIEN ZU MELDEPFLICHTEN: Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) gibt Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen noch bis zum 17. Februar Zeit, die Zahl ihrer aktiven Endnutzer zu veröffentlichen. Die Kommission hat jetzt unverbindliche Leitlinien veröffentlicht, um die Unternehmen bei der Umsetzung dieser Pflicht zu unterstützen.

Entsprechend diesen Leitlinien gelten Nutzende dann als „aktiv“ auf Plattformen, wenn sie den Dienst im vorangegangenen Halbjahr „mindestens einmal tatsächlich in Anspruch genommen haben“. Diese Inanspruchnahme bedeute, dass Nutzer:innen Inhalten „ausgesetzt“ sind, die auf der Online-Schnittstelle verbreitet werden, oder wenn sie selbst Inhalte zur Anzeige bereitstellen. Somit seien sowohl Verbraucher:innen, als auch gewerbliche Nutzende und Handeltreibende zu zählen.

Der Begriff der aktiven Nutzenden sei nicht beschränkt auf registrierte Nutzer:innen oder nur jene, die eine Transaktion auf einer Online-Plattform durchgeführt haben. Je nach Gestaltung der Plattform oder Suchmaschine könnten auch jene Inhalten ausgesetzt sein, die dort verbreitet werden, unabhängig davon ob sie registriert sind. Mit Blick auf die Online-Suchmaschinen gelten jene als aktive Nutzende, die in den vergangenen sechs Monaten „aktiv eine Suchanfrage eingegeben“ haben und „den auf der Online-Schnittstelle des Anbieters indexierten und dargestellten Inhalten ausgesetzt sind“.

Die Anbieter sollen zudem Doppelzählungen vermeiden und „dürfen“, wenn sie „über die technischen Mittel verfügen, um unauthentische Nutzer wie Bots oder Scraper zu identifizieren“, die Zahlen entsprechend korrigieren.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – VERHANDLUNGEN IM EP NOCH BIS MÄRZ: Vergangene Wochen trafen sich die Schattenberichterstatter zum 6. Mal. Die technischen Sitzungen Nr. 22 und 23 sind bereits für Montag und Donnerstag Woche angesetzt.

Eine Abstimmung im Ausschuss sei derzeit nicht vor März sowie im Plenum nicht vor April zu erwarten. Bisher wäre erst der Batch#1 (Art. 30-39) vollständig erledigt. (vgl. Kai Zenner, Linkedin / Twitter)

Entsprechend dürften die Triloggespräche wohl frühestens unter der spanischen Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden.

Für diese Woche steht insb. die Diskussion des Artikel 5 des KI-Vorschlags auf der Tagesordnung und die Frage, welche KI-Anwendungen grundsätzlich verboten werden sollen. (Batch#11 – PDF)

KI-HAFTUNG – ZUSTÄNDIGKEIT IM PARLAMENT NIMMT FORM AN: Die Konferenz der Ausschussvorsitzenden des Europäischen Parlaments (CCC) hat eine Empfehlung (PDF) abgegeben, welche parlamentarischen Ausschüsse für die KI-Haftungsrichtlinie (AILD) zuständig sein sollten. Der Rechtsausschuss (JURI) hatte den Antrag des Binnenmarktausschusses (IMCO) und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten (LIBE) – die beide an dem KI-Gesetz arbeiten, welches die Grundlage für die AILD bildet – auf eine geteilte Zuständigkeit in einigen Fragen abgelehnt. Die Konferenz der Ausschussvorsitzenden unterstützt den Antrag der übergangenen Ausschüsse und vertritt die Auffassung, dass JURI zwar weiterhin federführend ist, IMCO und LIBE jedoch (manchmal gemeinsam) ein Mitspracherecht bei den ersten vier Artikeln der AILD haben sollten.

Insbesondere wird IMCO mit JURI in allen Fragen zusammenarbeiten, die mit den Rechten eines Geschädigten gemäß der Produkthaftungsrichtlinie und den Haftungs- und Sorgfaltspflichten des Gesetzes über digitale Dienste zusammenhängen. Die Arbeit von JURI wiederum wird sich auf außervertragliche verschuldensabhängige zivilrechtliche Ansprüche konzentrieren, die vor nationalen Gerichten geltend gemacht werden. Die drei Ausschüsse werden bei der Offenlegung von Beweismitteln vor nationalen Gerichten und bei mehreren Aspekten zusammenarbeiten müssen, bei denen die Richtlinie mit dem KI-Gesetz interagiert.

Die Kompetenzverteilung muss noch von der Konferenz der Präsidenten bestätigt werden, bevor die Arbeit beginnen kann. Der Berichterstatter Axel Voss hat jedoch bereits klargestellt, dass dieses Dossier bis zur Stellungnahme des Parlaments zum KI-Gesetz warten muss. Auch der EU-Rat die AILD ja auf Eis gelegt, während er an der Produkthaftungsrichtlinie weiterarbeitet.

URHEBERRECHT – AUSTAUSCH ZU ONLINE-LIVE-PIRATERIE: Am 28. Februar veranstaltet die Kommission eine Anhörung mit Interessenvertretern, um ihren kommenden Vorschlag zur Bekämpfung der Online-Piraterie von Live-Veranstaltungen zu erläutern (Agenda – PDF). Die Diskussion wird sich mit den derzeitigen Praktiken in Bezug auf Entfernung von Inhalten, dynamische Unterlassungsklagen und die Zusammenarbeit mit und zwischen den Behörden befassen. Die Initiative soll, in Form einer Empfehlung, am 26. April präsentiert werden. (vgl. Euractiv)

CYBERRESILIENZ – NEUER VORSCHLAG AUS STOCKHOLM: Die schwedische Ratspräsidentschaft hat vergangene Woche einen neuen Kompromissvorschlag zum Cyberresilience Act (PDF) verteilt. Darin bringt der EU-Ratsvorsitz seine Vorliebe zum Ausdruck, die Cybersicherheit (weitgehend) unter der Kontrolle der Mitgliedstaaten zu belassen.

Der Vorschlag sieht einige Änderungen vor, insb. bei den Anforderungen an Produkte mit digitalen Elementen (Artikel 5) und den Pflichten der Hersteller (Artikel 10). Interessant ist jedoch, dass das Dokument die Rolle der nationalen Computer-Notfallteams (CSIRTs) und der EU-Agentur für Cybersicherheit (ENISA) umstellt. Die Präsidentschaft möchte, dass die Hersteller alle cyberbezogenen Ereignisse auf ihren Produkten innerhalb von 24 Stunden an die CSIRTs und nicht an die ENISA melden. Die Reaktionsteams sollen dann die ENISA und die Marktaufsichtsbehörden informieren.

Ein weiterer Punkt betrifft die Dauer von Sicherheitsaktualisierungen, welche für die Dauer von mindestens 10 Jahren verfügbar sein müssen. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN; Euractiv, EN)

POLITISCHE ONLINEWERBUNG – EP BESTÄTIGT AUSSCHUSSPOSITION: Das Plenum des EU-Parlaments hat am Donnerstag die neuen Bestimmungen für politische Werbung bestätigt, mit dem Ziel „Wahlen und Referenden transparenter zu machen und besser vor Einflussnahme von außen zu schützen“.

Am Ende war das Ergebnis weit klarer, als es im Vorfeld erwartet wurde: Mit 433 gegen 61 Stimmen bei 110 Enthaltungen sprach sich das Plenum für die vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vorgeschlagene Verhandlungsposition aus. Die Zustimmung des Plenums gibt dem Berichterstatter des Parlaments, Sandro Gozi (Renew, FR), grünes Licht für die Aufnahme von Gesprächen mit Vertretern der Mitgliedstaaten. Der Rat hat die eigene Position im Dezember verabschiedet. (vgl. Pressemitteilung EP)

PLATTFORMARBEITER – PARLAMENT BEREIT FÜR TRILOG-GESPRÄCHE: 376 Abgeordnete stimmten für das Mandat für Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten, 212 stimmten dagegen und 15 enthielten sich. Die Gespräche über das neue Gesetz zu Plattformarbeitern können beginnen, sobald die Mitgliedstaaten ihren eigenen Standpunkt festgelegt haben.

Die neuen Vorschriften würden regeln, wie der Beschäftigungsstatus von Plattformarbeitern korrekt zu bestimmen ist und wie digitale Arbeitsplattformen Algorithmen und künstliche Intelligenz zur Überwachung und Bewertung von Arbeitnehmern nutzen sollten. (vgl. Pressemitteilung EP)

MEDIENFREIHEIT – ARBEIT IM KULTURAUSSCHUSS NIMMT FAHRT AUF: Nach der Präsentation des Vorschlags für einen Media Freedom Act im Kulturausschuss am 23. Januar (Video, 15:11 Uhr) fand vergangene Woche die Anhörung ebendort statt (Video, 16:07 Uhr; vgl. Pressemitteilung EP).

Während sich der Kulturausschuss mit dem Binnenmarktausschuss über die Zuständigkeitsfrage einigen konnte (geteilte Kompetenz), wird eine Einigung mit dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten in der nächsten Woche erwartet.

Es wird erwartet, dass S. Verheyen (EVP, DE) die Berichterstattung übernimmt. Dabei wird sie vermutlich von P. Kammerevert (S&D, DE) und D. Riba (Grüne, ES) unterstützt. Die Stellungnahme im IMCO wird G. Didier (EVP, FR) verfassen. (EP Legislative Observatory)

DEUTSCHLAND – GLÜCKSSPIELSTAATSVERTRAG TAUGT NICHT FÜR INTERNETSPERRE: – Eine Sperrverfügung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder gegen den deutschen Internetdiensteanbieter 1&1, welche den Zugang zu ausländischen illegalen Glücksspielinhalten im Internet verhindern soll, ist rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nun im vorläufigen Rechtsschutz entschieden (vgl. Pressemitteilung OVG und LTO)

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

Ausgewähltes Konsultationen der EU-Kommission

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments.
Der Sitzungskalender für 2023 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.
Am Donnerstag stehen im ITRE u.a. der Data Act und eIDAS zur Abstimmung. Der Kulturausschuss widmet sich bereits am Montag dem EMFA in einer öffentlichen Anhörung.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier.
Den offiziellen Kalender sowie das Programm des schwedischen Ratsvorsitzes können Sie auf der entsprechenden Webseite einsehen.

Bei den Terminen im Rat finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • Ziele der Union im Bereich der Katastrophenresilienz

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Mittwoch, 1. März, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 2. März, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-17.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (Recht)

  • /28. Februar

(Kalender)

ITRE Ausschuss (Industrie)

  • Donnerstag, 9. Februar (Brüssel)
  • Donnerstag, 9. März (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (Binnenmarkt)

  • Mittwoch, 1. März, 9.00-30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 2. März, 9.00-30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (Kultur)

  • Mittwoch, 1. / Donnerstag, 2. März (Brüssel)

(Kalender)

PEGA Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Donnerstag, 9. Februar 2023, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 16. Februar, 9.00-12.00 Uhr (Straßburg)
  • Dienstag, 28. Februar, 10.00-12.30 Uhr (Brüssel)

INGE2 Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • Dienstag, 28. Februar, 14.00-18.00 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 7 / Montag, 13. bis Donnerstag, 16. Februar: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

KW 8 / Montag, 20. bis Freitag, 24. Februar: Grüne Woche (Sitzungsfrei);

KW 9 / Montag, 27. Februar bis Donnerstag, 2. März: Ausschusssitzungswoche;

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