eco
29.05.2018

„Datenschutz an sich ist eine gute Sache“

Bei Verstößen gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit dem 25. Mai verpflichtend anzuwenden ist, drohen empfindliche Strafen. Wie der Status der Umsetzung hierzulande ist und wie wahrscheinlich Sanktionen sind, erklärt Thomas Rickert, Rechtsanwalt und eco Director Names & Numbers, im Kurzinterview.

Herr Rickert, seit ein paar Tagen ist die DSGVO zwingend anzuwenden. Wie ist Ihr subjektiver Eindruck: Hat sich die Mehrzahl der Unternehmen darum gekümmert?

Wer von der DSGVO bis heute nicht gehört hat, der dürfte wenig Kontakt zur Außenwelt pflegen. Ich würde allerdings wetten, dass der überwiegende Anteil der Unternehmen zwar begonnen hat, sich mit den Anforderungen der DSGVO zu beschäftigen, aber noch nicht fertig mit der Umsetzung ist.

Haben Sie den Eindruck, dass doch viele kurzfristig von dem Umfang der Vorschrift überrascht wurden?

Oh ja. Da spielt allerdings sicherlich auch teils eine Rolle, dass Unternehmer sich auf ihre Geschäfte konzentrieren wollen und solche Themen auf die lange Bank schieben, die nur interne und externe Ressourcen fressen, aber für das Geschäft vermeintlich nichts bringen.

Sicher motiviert nicht zuletzt die Gefahr von Abmahnungen und Strafen zu einer Umsetzung der Vorschrift. Wie schätzen Sie die akute Gefahr ein?

Wir müssen davon ausgehen, dass zwei Dinge passieren werden. Zum einen werden – auch durch die vermehrte Aufklärung – Betroffene versuchen, zu ihrem Recht zu kommen und sich zur Geltendmachung von Betroffenenrechten an Unternehmen, aber auch an Behörden wenden. Neu in der DSGVO ist, dass sie bei Untätigkeit der Behörden auch gegen diese vorgehen können. Das wird sicherlich einen gewissen Sanktionsdruck auslösen.

Weiter muss man davon ausgehen, dass das Netz mit Crawlern nach etwa fehlenden oder nicht passenden Privacy Policies durchforstet wird, um dann systematisch abzumahnen, um dann abzusahnen.

Bietet aus Ihrer Sicht die DSGVO der Abmahnbranche neues Futter – und sollte dieses Geschäft nicht endlich eingeschränkt werden?

Grundsätzlich sind Abmahnungen keine schlechte Sache. Die Idee ist eigentlich, außergerichtlich Rechtsverletzungen erledigen zu können. In Deutschland ist allerdings das Problem, dass Abmahnkosten der eingeschalteten Anwälte durch den Abgemahnten zu erstatten sind. In anderen Jurisdiktionen ist so ein Hinweis nicht direkt mit Kosten verbunden.

Es sind also die Anwaltskosten, die unheilige Allianzen von Anwälten mit angeblichen Wettbewerbern der Abgemahnten auf den Plan rufen. Das müsste man grundsätzlich überdenken.

Was halten Sie von der Entscheidung der österreichischen Regierung, DSGVO-Verstöße nur eingeschränkt zu bestrafen und keinen Schadenersatz zu verlangen?

Die Datenschutzbeauftragten sind unabhängig und Datenschutz an sich ist eine gute Sache. Ich vertraue darauf, dass die Aufsichtsbehörden ihrem gesetzlichen Auftrag mit Augenmaß nachkommen. Wer Anstrengungen unternimmt, sich rechtskonform zu verhalten, dem wird der gesetzliche Rahmen für Bußgelder sicherlich nicht ausgeschöpft.

Wer allerdings systematisch datenschutzrechtliche Anforderungen und damit die Rechte der Betroffenen mit Füßen tritt, der sollte durchaus spürbar sanktioniert werden. Bislang hatten wir ein erhebliches Vollzugsdefizit, das weitreichend rechtswidrigen Geschäftsmodellen Vorschub geleistet hat.

eco bietet umfangreiche Informationen und Hinweise rund um die DSGVO online in einem eigenen Themenschwerpunkt.

Thomas Rickert