29.03.2019

eco Akademie: Suchen mit Sprache, KI & Co.

In den Weiten des World-Wide-Webs schaffen Suchmaschinen Orientierung – und sind zugleich mächtige Mittler zwischen Inhalten und Nutzern. Ihre Rolle wird aktuell neu definiert: Künstliche Intelligenz (KI) und Sprachsuchen revolutionieren die Welt der Onlinesuchen. Unter dem Titel „Suchen Sie noch oder lassen Sie suchen?“ kamen am 20. März 2019 rund 25 Experten für Online-Suchen auf Einladung der eco Akademie in den Räumlichkeiten des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V. zusammen, um ein Bild von der Suche der Zukunft zu entwerfen.

Seit Google 1998 online ging, ist die eigenverantwortliche Suche den Nutzern in Fleisch und Blut übergegangen. Nur ausnahmsweise geben wir noch eine Domain direkt in den Browser ein, meistens fragen wir Google und sind mit einem Klick dort, wo wir hinmöchten. Das wird sich verändern, darin waren sich die Experten auf der eco Akademie-Veranstaltung weitgehend einig.

Wird Suche zum Hintergrundthema?

Benjamin Kirsche, Senior SEO Manager, denkwerk GmbH, Köln erläuterte, wie durch KI und Machine Learning beispielsweise die Bildung von Keyword-Clustern automatisiert wird. Dem Menschen bleibt die Aufgabe, die richtigen Keywords im Kontext der Suche auszuwählen, so dass nicht immer nur der gleiche Content auf der ersten SERP gezeigt wird. Der Such-Aufwand wird deutlich geringer, weniger Zeit geht verloren.

Auch für Unternehmen birgt Suche mit KI-Methoden Einsparpotential: Für die Agentur denkwerk würde sich nach ungefähr zwei Jahren eine Investition in eine entsprechende Software-Lösung rentieren. Bei aktuellen Erhebungen, wofür virtuelle Sprachassistenten eigentlich eingesetzt werden, ist die Internet-Suche vorne, fast gleichauf mit persönlichen Terminen und dem Wetter. Benjamin Kirsche stellte jedoch die Frage nach dem Vertrauen in Antworten von Sprachassistenten: „Müssen wir nicht in Frage stellen, ob die eine Antwort auch die richtige Antwort ist? Und was ist, wenn der erste Treffer der Postillion ist?“

„Big-Data macht das Suchen noch wichtiger“

Patrick Hünemohr, Geschäftsführer Greven Medien GmbH & Co. KG, Köln gab einen Ausblick, wo heute Google, BING & Co. technologisch stehen. In den Google-Entwicklungslabors seien Micro-Moments und AI die Kernaufgaben für das beste Sucherlebnis. Dahinter stehe die These von Googles Ray Kurzweil, 2029 würden Computer über eine mit dem Menschen vergleichbare Intelligenz verfügen. Erste zarte Einsätze von KI startete Google 2015 mit dem Einsatz von Smart Reply, die automatische Vorschläge für Gmail-Antworten erstellte. Nutzer der Google-Suchmaschine verfügen bereits über 1 Mrd. Voice-fähige Endgeräte und Voice Search macht dort heute global etwa 20% der Suchanfragen aus.

Die Kommerzialisierung der Suche, so seine Prognose, werde weiter steigen, zumal die Klickrate auf Anzeigen insbesondere bei Mobile, v.a. zu Lasten von Organic Search deutlich steigt. Rund die Hälfte der ersten Ergebnisse sind heute bereits Anzeigen. Seine aus dieser Beobachtung abgeleiteten Thesen: Erstens gehe der Trend zu „zero organic“, zweitens werde durch die Pluralität der Treffer Suche zu Information führen und drittens werde Video immer stärker Voice dominieren – alle Assists werden eine Displayvariante erhalten. AI ermögliche es inzwischen, auch Videos zu erkennen sowie die passende entsprechende Stelle im Video zu identifizieren und in der Suche korrekt anzuzeigen (Quelle: RankRangers).

Was geht da noch mit Big, Smart und Small Data?

Laut Dr. Christoph Lange-Bever, Leiter Enterprise Information Systems beim Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin, schafft das Internet of Things (IoT) smartere Lösungen durch viele Daten und viel Vorwissen. Neue Lösungen aber würden auch mit wenigen geeigneten Daten bessere Ergebnisse durch Machine-Learning hervorrufen. Eine Herausforderung stelle hingegen auch in Zukunft die Suche in verteilten Quellen dar, über das kommerzielle Internet hinaus in Social Media, im Deep- oder Dark-Web.

Was wird aus SEO, SEA und SEM?

Christian Vollmert, Geschäftsführer des Such-Spezialisten luna-park GmbH, Köln, beschrieb, wie sich Suchanfragen verschieben. Insbesondere die Suche nach „in der Nähe von“ verzeichnet einen starken Anstieg, was sich durch Sprachsuchen noch verstärken werde. Seine Ratschläge aus der Praxis für alle Überlegungen rund um Suchmaschinen-Marketing: Zum einen sollte die Customer-Journey in den Mittelpunkt gestellt werden, zum zweiten sei unbedingt die Website Performance Optimierung zu priorisieren.

Haftung, Datenschutz und Medienregulierung: Noch viele juristische Aspekte offen

Ein weiterer thematischer Block widmete sich rechtlichen Fragen der Suche. Laut Kilian Kost, Rechtsanwalt bei WILDE BEUGER SOLMECKE reichen angabenlose Bestellmöglichkeiten bei reinen Sprachassistentinnen nicht, so dass so abgeschlossene Verträge nicht wirksam würden. Und: es könnten sogar Unterlassungsansprüche der Mitweber entstehen. Für Dr. Lutz Keppeler, Fachanwalt für IT-Recht und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, ist das gesprochene Wort in Sachen Datenschutz noch sensibler als das geschrieben Wort, auch wenn es nur gegenüber Assistentinnen gesprochen wird. Problematisch sei nach wie vor auch die Übertragung des Gesprochenen in die USA und die Möglichkeit, dass die Sprachbefehle gehackt werden könnten. Prof. Dr. Dieter Frey, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Partner der Kanzlei FREY Rechtsanwälte, erläuterte warum es kartell- und medienrechtliche Fragen aufwerfe, wenn es nur EINE Antwort auf eine Anfrage gebe. Er sieht jedoch derzeit keinen spezifischen Regulierungsbedarf.

Perspektiven: Audiosuche, Visuelle Produktsuche und Knowledge Graphs

Das Startup Spaactor aus Bremen durchsucht sämtliche deutschprachigen Radio- und TV-Quellen nach den gesuchten Stichworten und liefert die Fundstellen dann punktgenau aus. Christian Schrumpf, Gründer und CEO, sieht dafür noch viel Potenzial, weil viele Suchen auch auf Gehörtem basierten. Sebastian Kielmann, Managing Director von picalike aus Hamburg, zeigte wie effizient die Suche nach einem Kleidungsstück mit KI gehen kann, wenn ein bestimmtes Foto als Basis genutzt wird. Dies sei nicht nur für die Konsumenten interessant, sondern auch für das Marketing, um es z.B. mit Konkurrenzprodukten zu vergleichen. Dr. Michael Cochez vom Fraunhofer FIT schließlich erläuterte den aktuellen Stand bei Knowledge Graphs, die immer komplexere Suchen und Antworten möglich machen und damit der Online-Suche noch auf lange Zeit eine bedeutende Zukunft bescheren werden.

Weitere Informationen zu den folgenden Veranstaltungen der eco Akademie sind hier erhältlich.

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