16.10.2017

„Eine Technologie, die eine digitale Transaktion ermöglicht“

In immer mehr Branchen sorgt die Blockchain-Technologie für Gesprächsstoff. Nach dem Finanzsektor entdecken Industrie und auch die öffentliche Verwaltung die mit ihr verbundenen Möglichkeiten. Wo erste Anwendungen funktionieren und gleichzeitig derzeit noch Hürden liegen, erklärt Stephan Zimprich, Leiter der eco Kompetenzgruppe Blockchain, im Interview.

Herr Zimprich, Technologie, Recht & Politik und wirtschaftliche Interessen. Was gehört eigentlich alles zur Blockchain-Thematik dazu?

Das Thema Akzeptanz ist unglaublich wichtig. Public Blockchains, also Blockchains, die im Prinzip allen Teilnehmern offenstehen, werden nicht von einer zentralen Instanz kontrolliert. Hier ist Akzeptanz ein wichtiges Kriterium; alle Beteiligten müssen das Vertrauen haben, dass die Technologie funktioniert. Schließlich geht es in vielen Fällen um die Transaktion von echten Werten.

Ist das dezentrale Prinzip der Blockchain Vorteil und Nachteil zugleich?

Das verteilte Netzwerk ist ein wesentliches Sicherheitsmerkmal des Ganzen. Sobald man eine zentrale Instanz hat, hat man im Prinzip jemanden, der Kontrolle ausübt und Kontrolle ist ein Einfallstor für Sicherheitsrisiken. Wenn Sie jetzt fragen, ob sich das Dezentrale durchsetzen wird: Das hängt vom Anwendungsszenario ab.

Es gibt sicherlich Anwendungsszenarien, in denen eine zentrale Instanz nicht besonders sicherheitsrelevant ist und kein großes Vertrauen in Anspruch genommen werden muss. Da dürften die Menschen wahrscheinlich bereit sein, Blockchain-basierte Modelle auszuprobieren. Wenn es um hochsicherheitsrelevante Anwendungen geht, dann braucht es entweder großes Vertrauen in die zentralen Akteure oder in das System als Ganzes.

Welche Anwendungen werden zuerst kommen?

Man kann sich Blockchain-Lösungen überall vorstellen, wo eine Information oder ein Wert digital übermittelt wird. Wo es wenig regulatorische Vorgaben gibt, haben Blockchain-Lösungen die besten Chancen auf eine schnelle Umsetzung. Zum Beispiel im Digital Rights Management. Denken Sie an ein digitales Musikstück. Mit Blockchain-Technologie könnte man einrichten, dass man mit dem Download automatisch Berechtigungen herunterlädt und der Verbrauch dieser Berechtigung in die Blockchain geschrieben wird. Damit hätte man ein sehr gutes System, um Privatkopien zu machen und deren Verbreitung zu kontrollieren.

Auch die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften wäre ein gutes Anwendungsfeld. Künstler bekommen ja Tantiemen für jede Nutzung eines Musikstücks z.B. im Radio oder in einer Disko. Hierzu werden die jeweiligen Nutzungen an die Verwertungsgesellschaft gemeldet. Der Künstler bekommt dann am Jahresende einen Betrag ausgeschüttet, der sich aus dem entsprechenden Anteil an den Gesamteinnahmen errechnet. Eine Blockchain-basierte Technologielösung würde die Administration einer solchen Verwertungsgesellschaft weitestgehend überflüssig machen.

Hier haben wir zumindest keine hohen rechtlichen Hürden. Deshalb glaube ich, dass wir in diesem Bereich recht bald innovative Konzepte sehen könnten.

Apropos Hürden, wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf, um Blockchain den Durchbruch zu ermöglichen?

Ich glaube, dass wir da eine ganze Menge technologische Probleme haben, technische Hindernisse, Geschwindigkeitsprobleme, Bandbreitenthemen, also es gibt noch sehr viele Sachen, die in den Griff zu bekommen sind. Hier rechne ich angesichts der Entwicklungsgeschwindigkeit nicht mit unüberwindbaren Hindernissen. Schwieriger wird es dort, wo rechtliche Rahmenbedingungen geändert werden müssen.

Stephan Zimprich