24.07.2018

„Es gilt, das Prinzip des lebenslangen Lernens zu fördern“

Die fortschreitende Digitalisierung, der Fachkräftemangel und öffentliche Beurteilungen auf Job-Portalen und in sozialen Netzwerken zwingen Arbeitgeber dazu, neue Wege beim Recruiting zu gehen. Wie diese aussehen können, zeichnet Lucia Falkenberg, eco Chief People Officer und Leiterin der eco Kompetenzgruppe New Work, im Interview nach.

Frau Falkenberg, durch den IT-Fachkräftemangel kehrt sich der Bewerbungsprozess um. Sollten Unternehmen ebenso viel Energie in die Mitarbeiterakquise wie in die Kundenakquise stecken und wie sieht das dann konkret aus?

Ja, der Mangel an Fachkräften wird als eine der größten unternehmerischen Herausforderungen der Zukunft bewertet. Gemäß diverser Studien (Beispiel VDI) fehlen mindestens 50.000 IT-Talente in den Unternehmen. Bewährte Strategien aus dem Marketing greifen auch im Recruiting: die Nähe zur Zielgruppe, „werben“ um die besten Talente – Be-Werbung kommt schließlich von werben … – auf Augenhöhe sowie ein authentisches und werbewirksames Bild davon vermitteln, was den Bewerber später im Job erwartet.

Welche Rolle spielen heute aus Mitarbeitersicht Innovation, Agilität und Digital Workplaces beim potenziellen Arbeitgeber?

Mitarbeiter wollen sich in einem sehr dynamischen Umfeld einbringen, das alle Beteiligten kontinuierlich vor neue Herausforderungen stellt. Inhaltliche Herausforderungen, der Austausch mit Gleichgesinnten und die Möglichkeit, sich individuell weiterzuentwickeln, binden Talente ans Unternehmen.

Zudem setzen Mitarbeiter heute mindestens die gleichen technischen Standards voraus, die sie auch im privaten Umfeld gewohnt sind.

Über Mitarbeiterportale erhalten Fachkräfte ebenfalls einen Eindruck ihres potenziellen Arbeitgebers. Wie sollten Unternehmen mit Kritik auf Kununu & Co. umgehen?

Zunächst ist es wichtig, jeden Fall ernst zu nehmen. Erfahrungen zeigen, dass mindestens jeder zweite Bewerber sich an derartigen Portalen orientiert. Ich empfehle, beim Feedback immer höflich zu bleiben, wertschätzend und um den Dialog bemüht zu agieren.

Und auch bei Kritik sollte man immer sachlich bleiben, auch wenn das Portal als Meckerecke nach der Kündigung oder der ausbleibenden Gehaltserhöhung missbraucht wird.

Neben Mitarbeitergewinnung sollte aber auch die Mitarbeiterbindung nicht vergessen werden. Wie wichtig ist heute das Talent Management?

Die Mehrheit der IT-Fachkräfte ist zumindest latent wechselwillig. Aus diesem Grund ist zum Beispiel die persönliche Weiterentwicklung wichtig, um die besten Talente zu binden und mit der rasanten technischen Entwicklung Schritt zu halten.

Ebenso wichtig ist es, mit den Talenten im Gespräch zu bleiben. Als Arbeitgeber sollte man die Talente darin unterstützen, bestehende Arbeitsplätze auf neue Aufgaben auszurichten.
Arbeitgeber mit Verantwortung entwickeln ihre Mitarbeiter weiter, um ihnen über Bildung die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft zu ermöglichen: Es gilt, das Prinzip des lebenslangen Lernens zu fördern.

Lucia Falkenberg