03.10.2019

EuGH-Urteil ist direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit: Rechtswidrige Beleidigungen sollen weltweit gelöscht werden

Online-Plattformen und Betreiber sozialer Netzwerke können durch eine gerichtliche Verfügung dazu verpflichtet werden, weitere Nachforschungen nach rechtswidrigen Beleidigungen anzustellen und diese weltweit zu löschen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil vom 3. Oktober entschieden.

Geklagt hatte Eva Glawischnig-Piesczek, frühere Vorsitzende der österreichischen Grünen. Bei Facebook war die Politikerin als „miese Volksverräterin“ beschimpft worden. Der Internet-Anbieter entfernte den Kommentar zunächst in ihrem Heimatland. Glawischnig-Piesczek verlangte jedoch, dass jene Beleidigung auch außerhalb Österreichs unkenntlich gemacht werde – genauso wie sämtliche wort- und sinngleiche Hasspostings.

Der EuGH urteilte nun, dass das in Österreich geltende Recht gegen Ehrenbeleidigung auf der ganzen Welt umgesetzt werden müsse. Dies gelte auch für wortgleiche Beiträge Dritter sowie unter bestimmten Umständen auch für sinngleiche Kommentare. Gleichzeitig machte das Europäische Gericht klar, dass es Internet-Anbietern weiterhin möglich sein müsse, hierfür automatisierte Techniken zu verwenden. Das Urteil im Fall der ehemaligen Grünen-Chefin fällt nun der Oberste Gerichtshof Österreichs.

Die Entscheidung aus Luxemburg beurteilt eco äußerst kritisch, denn mit seinem Urteil mischt sich der EuGH grundsätzlich in die Debatte ein, wie Internetinhalte zukünftig global moderiert werden sollen und bewegt sich damit auf einem schmalen Grat zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen. Eine solche Rechtspraxis zwingt Unternehmen zum proaktiven Filtern, wodurch die Meinungsfreiheit erheblich eingeschränkt wird. Zwar begrüßt eco, dass der Europäische Gerichtshof weiterhin am Prinzip des „Notice & Takedown“ festhält, jedoch laborieren Maßnahmen wie Upload-Filter an den vermeintlichen Symptomen herum, tragen jedoch nichts zur Ursachenbekämpfung bei. Eine effektive Ursachenbekämpfung illegaler Internetinhalte erfordert vielmehr einen breiten Schulterschluss und muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden.

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