31.10.2023

Geld im Spiel: Wie Tokens und TANGO das Banking wandeln

Von Nils Klute, IT-Fachredakteur beim eco – Verband der Internetwirtschaft

Ob Gutscheine, Coupons oder Jetons – nicht nur im Spiel sind Tokens gefragt, sondern auch in der Finanzwirtschaft. Wie das TANGO-Projekt jetzt Vermögensströme tokenisiert und Datenflüsse digitalisiert, um Open-Banking-Konzepte auf Basis von Gaia-X zu realisieren.

Egal, ob PlayStation-Stars, Microsoft-Points oder Metaverse-Coins – in virtuellen Spielewelten führt kein Weg an Tokens vorbei. Wer beispielsweise im Nintendo-Klassiker Pokémon GO auf den Spuren von Ash Ketchum und Pikachu wandeln möchte, der tauscht echtes Geld in eine virtuelle Währung ein. Über sogenannte Poké-Münzen finanziert das japanische Unternehmen die App. Und das bereits seit 2016: So setzt Pokémon GO pro Monat mit aktuell rund 80 Millionen aktiven Gamern mehr als 30 Millionen US-Dollar um, wie Zahlen von ingame.de und Statistiken von businessofapps.com zeigen.

Reale Schlupflöcher tokenisiert schließen

Tokens sind dabei keine neue Erfindung. Bereits Mitte der 2000er Jahre mischte der Linden Dollar im Second Life die Gamingwelt auf. Zudem sind Roulette-Jetons und Casino-Chips als Ersatzwährungen so alt wie der Spaß des Menschen am Spiel selbst. Was die Tokenisierung heute aber treibt: In puncto Sicherheit sind die digitalen Pendants allen Plastik-Münzen und Papier-Coupons überlegen. Einmal virtuell eingeschlossen, sind Werte vor Missbrauch und Fremdzugriff geschützt. Ein Fakt, der die Technologie interessant macht, um Probleme in der realen Welt zu lösen. Beispiel Geldwäsche: Laut Europäischer Union (EU) entsteht dem Staatenbund durch illegale, dubiose und verschleierte Schattengeschäfte ein Schaden in Höhe von 140 Milliarden Euro jährlich, was etwa einem Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung entspricht. Tokenisiert lassen sich die Schlupflöcher schließen.

Tokens und TANGO: Neue Services für Banken und ihre Kundschaft

Auch das TANGO-Projekt möchte die Chancen von Tokens ausschöpfen. Unter dem Titel “Digital Technologies ActiNg as a Gatekeeper to information and data flOws” arbeiten dabei seit September 2022 mehr als 30 Partner aus 13 Ländern in fünf Pilotprojekten der europäischen Datenökonomie zusammen. Auf der Grundlage eines bürgerschaftsnahen und vertrauenswürdigen Konzepts realisiert das Konsortium bis 2025 eine Plattform, über die sich Daten sicher und souverän teilen lassen. Und das nicht nur, um Finanztransaktionen zu schützen und Betrug auszuschließen, sondern neue Services für Banken und ihre Kundschaft zu realisieren. Die Basis: Blockchain-, Open-Source-Technologien und Tokens.

Open-Banking mit TANGO: Konten leichter führen und Risiken einfacher abwehren

Egal, ob Kontoverbindungen, SEPA-Mandate oder Depotnummern, lassen sich die persönlichen Finanzdaten und das eigene Vermögen digital einfacher verwalten, erschließt das neue Geschäftsmodelle und intelligente Anwendungen für Institute, Drittanbieter und die Kundschaft. Beispiel Open Banking: Wollen Verbraucher:innen die Hausbank wechseln, um in Zeiten der Zinswende anderswo von besseren Konditionen zu profitieren, ist das bislang Handarbeit und analoger Papierkram. Anders dann, wenn Geld tokenisiert und Finanzdaten digitalisiert sind: Depots, Konten und Transaktionen lassen sich geschützt und problemlos managen – und das sogar übergreifend. „Citizens are able to access and manage multiple bank accounts from a single point, as well as to use third-party services that leverage their identity and financial data”, schreibt das TANGO-Projekt auf seiner Website. Wer Haushaltsbudgets überwachen, Ausgaben planen und Kosten sparen möchte, der bindet smarte Apps und Fintech-Dienste ins eigene Konto ein. Nicht anders profitiert die Branche am Ende selbst: Tauschen Institute Informationen aus, lassen sich Risiken erkennen und abwehren: „Furthermore, strong user and device continuous behavioural authentication will allow financial institutions to proactively detect fraudulent transactions, protecting their customers and regaining trust”, heißt es auf tango-project.eu.

TANGO und Gaia-X: Technologisch offener Rahmen für alle Entwicklungen

Konten bequem zentral managen, Risiken ausschließen und das eigene Vermögen so einfach wie Poké-Münzen verwalten – damit das gelingt, müssen sich Daten und Werte nicht nur jederzeit kontrolliert und sicher austauschen lassen, sondern auch selbstbestimmt. Genau dafür schaffen europäische Standards und Werte die Voraussetzungen, die Gaia-X aktuell zur Grundlage dezentraler und verteilter Dateninfrastrukturen macht. So stellt die Initiative einen offenen technologischen Rahmen bereit, auf den die Entwicklungen im TANGO-Projekt zulaufen.

Virtuelle Tokens als universelle Lösung, um immer mehr reale Werte digital zu repräsentieren – davon sind die Expert:innen auf dem World Economic Forum 2023 überzeugt. Nicht nur Vermögen und Währungen lassen sich tokenisieren, sondern „Staatsanleihen, Energie und sogar Kohlendioxid-Zertifikate“, wie Jirayut Srupsrisopa, Group Chief Executive Officer, Bitkub Capital Group Holdings in einer Paneldiskussion auf dem Gipfel sagte. Tokens als Mittel für soziale und ökologische Nachhaltigkeit? Laut Studie von WIK Consult und Fraunhofer besteht selbst daran kein Zweifel: Tokenisiert lässt sich nicht nur der Emissionshandel transparent überwachen, sondern alle Faktoren, um fairer, sozialer, ökologischer und damit nachhaltiger zu produzieren.

Tokens und TANGO für mehr Nachhaltigkeit

Tokens, für Games, Banken und eine bessere Welt – Ziele, auf die TANGO ebenso hinarbeitet. So ist das Förderprojekt unter Leitung von ATOS Spanien Teil von Horizon Europe, dem mit 95,5 Milliarden Euro bislang größten Forschungs- und Innovationsprogramms der EU. Jeder dritte Euro soll dabei in Technologien fließen, die dem Staatenbund helfen, seine Klimaziele zu erreichen. Dazu setzt TANGO auf dezentrale und geteilte Architekturen, offene Standards und besonders stromsparende Algorithmen – und das nicht nur im Banking, sondern in allen Pilotprojekten, an denen das Konsortium in den kommenden Jahren arbeitet.

Zur englischen Version des Artikels auf der Website des TANGO-Projekts: www.tango-project.eu.

Der eco Verband ist eine von mehr als 30 führenden europäischen Organisationen, die sich im TANGO-Projekt zusammengeschlossen haben, um eine vertrauenswürdige Lösung fürs gemeinsame sichere Daten-Management zu schaffen. Weitere Informationen auf eco.de.

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