16.10.2014

Interview mit Sebastian Ritze – new gTLDs im Fokus

Folge 9 mit dem Communications & Legal Manager der united-domains AG aus Starnberg

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Lars Steffen: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe unserer Interviewreihe „New gTLDs im Fokus“. Heute mit Sebastian Ritze von United Domains. Hallo!


Sebastian Ritze: Vielen Dank für die Einladung, Herr Steffen.

Lars Steffen: Können Sie kurz zusammenfassen, wer Sie sind und was Sie bei United Domains machen?

Sebastian Ritze: Ich bin in der Kommunikationsabteilung nachdem ich vorher in der Rechtsabteilung war. Ich vertrete United Domains häufig auf Veranstaltungen und Konferenzen, teilweise auch mit dem eco Verband zusammen. Vielleicht noch ein paar Worte über das Unternehmen. Wir sind im Jahr 2000 gegründet worden und haben unseren Sitz in Starnberg. Unser Kernprodukt sind die neuen Domain-Endungen beziehungsweise die Domain-Endung an sich. Wir bieten mittlerweile 500 Endungen an.

Lars Steffen: Sie verfügen dann ja über einen große Erfahrungsschatz was TLDs betrifft. Was macht denn unabhängig von den new gTLDs allgemein eine gute TLD aus? Was macht sie erfolgreich?

Sebastian Ritze: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt viele einzelne Kriterien, die nur in der Kombination aussagekräftig werden. Wenn Sie zum Beispiel die Anzahl einer Registrierung unter einer Endung wählen, gibt es Vergabestellen die haben sehr viele Registrierungen verlangen können. Aber angenommen, wir haben vielleicht eine Millionen Registrierungen, die sie jeweils für 1 Cent verkaufen, dann nutzt diese Domains wahrscheinlich keiner und wenn sie genutzt wird, dann wahrscheinlich nur für Spam. Außerdem haben sie keine Einkünfte um Werbekampagnen machen zu können. Das würde ich nicht als Erfolg bezeichnen.

Andererseits, wenn Sie sehr wenige Domains haben, die sie zu einem hohen Preis verkaufen können und dort viele bekannte Marken vereinen, dann würde ich das durchaus als Erfolg bezeichnen. Aber isoliert von diesen ganzen Kriterien würde ich sagen, dass es zwei zentrale Kernpunkte gibt: „Bezahlt“ und „Benutzt“. Wenn zu einem vernünftigen Betrag bezahlt wurde und die Vergabestelle eine gute Marketingkampagne fahren kann. Die Benutzung einer Domain ist deshalb extrem wichtig, weil der Domain-Inhaber dann sagen kann, dass die Domain mit der neuen Endung tatsächlich mehr wert als eine .de oder .com ist.

Lars Steffen: Stichwort Nutzung der Domain: Denken Sie, dass genug Kunden und Interessenten von United Domains darüber informiert sind, dass sie diese neuen TLDs nutzen können?

Sebastian Ritze: Ich würde sagen, dass unser Kundenstamm sehr gut informiert ist. Das liegt aber teilweise auch daran, dass wir in der Vergangenheit bei der Einführung neuer Domains sehr aktiv waren. Bei .info als eine gTLD, aber keine new gTLD, und bei der .eu, einer ccTLD, war unser Team sehr darum bemüht, dass unsere Kunden informiert sind.

Allgemein würde ich sagen, dass noch immer viel Informationsbedarf besteht, auch wenn beispielsweise auf faz.net oder in den Print Medien mehr darüber berichtet wird, vor allem über geoTLDs wie Hamburg, Berlin, Bayern und viele mehr. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist im Kopf angekommen, aber noch nicht im Herzen.

Lars Steffen: Welche Maßnahmen und Aktionen werden von ihrer Seite durchgeführt, um den Informationsbedarf weiter zu decken?

Sebastian Ritze: Wir haben bereits sehr früh damit angefangen. Die erste Maßnahme war eigentlich eine sogenannte unverbindliche Vorbestellung einzuführen. Das war dann gleich sehr konkret, weil sofort eine Domain da war, wo der Kunde sagen konnte, die möchte ich gerne haben. Für den Kunden war das alles sehr greifbar.

Wir haben außerdem eine große Plakat-Kampagne durchgeführt und natürlich die üblichen Kanäle wie Newsletter, Social Media und Print Werbung benutzt, um nach außen zu kommuniziert. Letztes Jahr waren wir mit dem eco Verband auf einer World Tour und das hat, glaube ich, sehr viel gebracht. Ich erinnere mich noch sehr gut an Hamburg. Da gab es eine riesige Resonanz.

Wir haben 2011 und 2013 auch eine Konferenz zum Thema Domains veranstaltet, die sich aber eher an Unternehmen und Fachkreise gerichtet hat. In Hinblick darauf war die Konferenz sehr erfolgreich, hatte aber weniger den Verbraucher im Visier.

Lars Steffen: Werden aus ihrer Sicht die neuen TLDs ein Erfolg werden?

Sebastian Ritze: Meine klare Antwort ist jein! Unter den ccTLDs gibt es erfolgreiche Endungen und weniger erfolgreiche Endungen. Ähnlich wie bei bestehenden gTLDs wird sich das auch bei den neuen Domain-Endungen gestalten. Es gibt .com mit über 100 Millionen Registrierungen und andere, die nur 100 oder auch 1000 Registrierungen haben.

Es gibt einige, die sehr gute Voraussetzungen haben und wenn diese mit dem richtigen Management gepaart sind, können sie ein unheimliches Erfolgspotential haben. Dann gibt es noch die Domain-Endungen die weniger attraktiv sind und stiefmütterlich behandelt werden. Unter Umständen haben sie zu kämpfen, weil sie später in den Markt kommen und zu viel Konkurrenz haben. Diese Domain-Endungen werden dann wahrscheinlich aufgekauft oder dümpeln dahin.

Lars Steffen: Wie sehen Sie die Auswirkungen der neuen gTLDs auf die bereits bestehenden TLDs am Markt?

Sebastian Ritze: Was die Anzahl von Registrierungen angeht, würde ich sagen, dass sie nicht weniger werden und auch das Wachstum wahrscheinlich davon unbeeinflusst bleiben wird. Dafür sind die absoluten Registrierungszahlen bei den Level Domain-Endungen eher zu gering. Ich gehe davon aus, dass viele die neuen Domain Endungen zusätzlich zu ihrem bestehenden Domain-Pool hinzuregistrieren und danach abwarten was damit passiert, weil sie jetzt einfach verfügbar sind.

Um die ein Bespiel zu geben: Gestern habe ich gelesen, das ein chinesischer Finanzkonzern eine eigene Domain-Endung beantragt. Vorher waren sie unter einer .com Domain immer präsent. Seit gestern wird von der .com Domain, auf die eigene Domain-Endung weitergeleitet. Ich spreche von der sitic group, die vorher unter sitic.com erreichbar war und jetzt auf limited.sitic weitergeleitet wird. Das sind genau die Signale die man braucht: Eine Bewegung hin zu neuen Domain-Endungen. Aber kurzfristig würde ich sagen, dass es keine großen Veränderungen gibt.

Lars Steffen: Sie hatten das Thema ja schon angesprochen: In den Köpfen ist das Thema schon angekommen, in den Herzen aber noch nicht. Warum sollten Kunden eine der neuen TLDs registrieren lassen?

Sebastian Ritze: Ich find einfach, dass die neuen Domains viel mehr erzählen als die alten Endungen. So ist mir zum Beispiel meine erste Domain in Erinnerung geblieben. Da musste man immer überall mit hinschreiben: http://www.stutz.uni-München.de/ Tilde (das find ich gar nicht mehr auf meiner Tastatur) Vorname.Nachname. Das bekommen Sie mittlerweile nirgendwo mehr unter, jeder vergisst einen Teil und allgemein ist die Adresse viel zu lang.

Mit einer neuen Domain-Endung können sie viel mehr ausdrücken und die Endung sagt tatsächlich etwas aus. Und zwar nicht nur: Ich bin in Deutschland und adressiere vielleicht an ein deutsches Publikum oder deutsche Kunden. Die neuen Domains sind genauer. Die sagen: Ich bin in Berlin oder in Bayern und betreibe hier einen Shop. Es gibt einfach unzählige Varianten, bei denen man die Domain sprechen lassen kann und wo einfach mehr Prägnanz da ist.

Die .de und .com Domains hatten sehr lange Zeit, sich als Marke zu entwickeln. Aber wenn Sie sich diese Domains anschauen – was sagt .de oder .com eigentlich aus? Da sind die neuen Endungen doch vielleicht prägnanter. Das bedeutet aber nicht, dass eine .de Domain oder eine .com Domain absorbiert wird, diese Domains werden auch weiterhin ihren Wert haben, so wie andere etablierte Marken auch weiterhin existieren werden.

Lars Steffen: Was tun sie dafür, dass Kunden die passende Endung unter den neuen TLDs einfacher auffinden können?

Sebastian Ritze: Das wird mit der Zeit eine immer noch größere Herausforderung, weil von den 1900 Anträgen vielleicht 1200 Endungen übrig bleiben. Am Ende sind es dann vielleicht 300 Endungen die tatsächlich für eine Registrierung zur Verfügung stehen.Für bestimmte Gruppen und Kategorien sind manchmal auch mehrere Endungen möglich, auch im Singular oder Plural.

Deswegen haben wir eigentlich im ersten Schritt dafür gesorgt, dass es bei uns eine Seite gibt, wo wir alternative Domain-Endungen vorstellen. Aber wir haben auch gleichzeitig angefangen zu kategorisieren. Das heißt es gibt Kategorien in Tourismus, Gastronomie und Business-Anwendungen, in denen Sie dann entsprechende Endungen finden. In unserer Suchfunktion können Kunden ihre Domain suchen und sich Ergebnisse nur unter Verwendung von new gTLDs anzeigen lassen.

Lars Steffen: Werden denn seitens United Domains alle neuen Endungen angeboten?

Sebastian Ritze: Es gibt sehr wenige die wir nicht anbieten werden. Grundsätzlich bieten wir eigentlich die meisten Endungen an und selbst wenn sie auf unserer Seite nicht ersichtlich sind, können wir im Hintergrund noch einige Registrierungen explizit auf unserer Seite einführen.

Lars Steffen: Werden die Domains grundsätzlich ab der Sunrise-Phase angeboten oder differenzieren sie da bei einigen TLDs?

Sebastian Ritze: Wir fangen auch schon in der Sunrise-Phase an. Das ist bei uns sogar ein relativ wichtiger Schritt. Wir beraten auch Kanzleien und Unternehmen vor Ort. Im ersten Schritt bieten wir sogar an, Voraussetzung für die Teilnahme während der Sunrise-Phase zu erfüllen. Das heißt eine Marke eintragen zu lassen, um dann an der Sunrise teilzunehmen zu können. Also entweder die Kunden kommen zu uns oder wenn der Kunde schon sein Trade erreicht hat, kann er uns seinen SED-File geben und dann bei der Sunrise-Phase teilnehmen. Das ist ein wichtiger Schritt für Unternehmen.

Lars Steffen: Ich bedanke mich für den kurzen Einblick in United Domains und den Bereich der new gTLDs. Herzlichen Dank dafür!