18.11.2022

Kostbare Abwärme aus Rechenzentren nutzen: Roundtable von eco und DENEFF zeigt Praxisbeispiele

Digitale Infrastrukturen sind die Grundlage für mehr CO2-Ersparnisse und mehr Nachhaltigkeit – Dank Digitalisierung. Um diese Potentiale jedoch vollumfänglich auszuschöpfen, braucht es mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit. Das ist die Haupterkenntnis des Roundtables „Energieeffizienz in Rechenzentren“, zu dem der eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. und die DENEFF (Deutsche Unternehmensinitiative Energieefizienz e. V.) am 17. November nach Frankfurt a. M. eingeladen hatten.

Abwärme aus Rechenzentren ist kostbar und kann sinnvoll recycelt werden, wenn alle Stakeholder gemeinsam an einem Strang ziehen. Das bewies einmal mehr der Roundtable „Energieeffizienz in Rechenzentren“, an dem Vertreter der Bundespolitik als auch Expert:innen aus dem gesamten Bundesgebiet virtuell und vor Ort in Frankfurt a. M. teilnahmen. Eingeladen hatten der eco Verband und die DENEFF ins Meeting-Center des DE-CIX – des größten Internet-Austauschknotens.

Nach einer kurzen Begrüßung erteilten die Moderatoren Markus Schaffrin (eco) und Martin Bornholdt (DENEFF) Herrn Thomas Hirsch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Wort. In seinem Impulsvortrag sprach Hirsch über Grundsatzfragen der Energieeffizienz als auch über Ansätze des geplanten Energieeffizienzgesetzes, das in einem eigenen Kapitel Rechenzentren in Deutschland adressiert. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die angedachten Vorgaben aus dem bekanntgewordenen Referentenentwurf zur Abgabe von Abwärme aus Rechenzentren in der bisherigen Form nicht realistisch umsetzbar sind, da vor allem der Markt der Abnahme für Abwärme in der im Entwurf skizzierten Höhe in Deutschland schlichtweg nicht vorhanden ist. Eine einseitige Verpflichtung zur Abgabe von Abwärme bei fehlenden Abnehmern verfehlt daher aus Sicht der Rechenzentrenbetreiber das intendierte Ziel dieses Abschnitts im Energieeffizienzgesetzes.

Auf rechtliche Rahmenbedingung als auch rechtliche Hürden im stark regulierten deutschen Energiemarkt selbst, ging anschließend Rechtsanwalt Dr. Dirk Leger in seinem Vortrag ein.

Rechenzentren übernehmen bereits Verantwortung für Wärmenutzung

Statt reiner Theorie und gesetzgeberischer Initiativen stand anschließend die Praxis im Fokus:

Auf der Agenda stand die Vorstellung zahlreicher und unterschiedlichster Beispiele, die es für die effiziente Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren jetzt schon gibt. Denn als klimafreundliche Energiequelle ist die Abwärme eine spannende Option zur Dekarbonisierung von Wärmenetzen, für Gebäudewärme oder auch für manche Industrieprozesse.

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Abwärmenutzung in der Landwirtschaft – Best Practices:

  • Fischzucht: Karl Rabe, Gründer und Geschäftsführer von WoodenDataCenter
  • Spargelkulturen: Rupert Reisch, Agraringenieur, Spargel + Beeren Baumann
  • Insektenzucht: Matthias Vesterlund, Projektleiter und Senior Researcher für Digitale Systeme und Informatik im ICE-Datenzentrum.

Auch für Industrieprozesse bietet Abwärme verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, wie folgende Unternehmen zeigten:

  • Trockenfrüchteherstellung und Biomassetrocknung: Matthias Vesterlund, Projektleiter und Senior Researcher für Digitale Systeme und Informatik im ICE-Datenzentrum
  • Nachhaltiges Waschen und Konservieren: Benjamin Ott, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Effiziente Energienutzung, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER)

Für den Gebäudesektor könnte die Abwärmenutzung zur notwendigen Klimaneutralität des gesamten Sektors beitragen. Best Practices sind:

  • Interne Abwärmenutzung und Warmwasseraufbereitung: Werner Stark, Freier Berater und ehemaliger Projektmanager bei IBM Deutschland GmbH
  • Einspeisung in Nahwärmenetz: Günter Eggers, Leiter für Öffentlichkeitsarbeit bei NTT Global Data Centers EMEA
  • Einspeisung in Fernwärmenetz: Staffan Reveman, Geschäftsführer der Reveman Energy Academy und Reveman Energy Consulting
  • Machbarkeitsstudie Abwärmenutzung in Eschborn und Frankfurt Sossenheim: Dr. Janybek Orozaliev, Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Solar- und Anlagentechnik an der Universität Kassel

Weitere Beispiele sind etwa der Straßenfrostschutz und die Sportplatzbeheizung, wie die Innovative WärmeNetze GmbH zeigten. Alternative Stromerzeugungsmöglichkeiten können ebenfalls durch Abwärme umgesetzt werden. Die Forschung dazu findet am Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung statt. Sofern Abwärme nicht direkt weiterverwendet werden kann, gibt es Möglichkeiten, diese zu speichern, wie es das Planungsbüro Weidemann in seinem Beispiel aufzeigte. Auch das Unternehmen greenDCision GmbH beschäftigt sich mit Wärmespeichern bei der Abwärmenutzung von Rechenzentren.

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Im Resümee am Tagesende fassten Mira Weber (DENEFF) und Markus Schaffrin (eco) zusammen:

Die Nutzung von Abwärme in Rechenzentren ist – dort wo sich die Partner zum Austausch finden – längst schon Realität, wie die zahlreichen Praxisbeispiele eindrucksvoll zeigten. Digitale Infrastrukturen, wie eben auch  Rechenzentren, leisten daher bereits heute einen wichtigen Beitrag zum verantwortungsbewussten Umgang mit Energie – und dazu, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht. Dieses Miteinander zu fördern und in ganzheitlichen Systemen zu denken und zu handeln, wird auch in Zukunft die Bedeutung von Rechenzentren und deren Abwärmenutzung noch steigern.

Nach dem Ende der Veranstaltung nutzten zahlreiche der Anwesenden noch die Chance zum Netzwerken bei Fingerfood und Getränken.

Kontakte zu den Verantwortlichen der Best Practice Anwenderinnen und Anwender vermittelt Ihnen gerne Mira Weber, Projektmanagerin von Bytes2Heat und Mitorganisatorin des Roundtables zu „Energieeffizienz in Rechenzentren“. 

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