05.03.2020

Meinungsvielfalt muss im Medienstaatsvertrag erhalten bleiben

Der Verband der Internetwirtschaft hat sich in einem Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer gewandt: Anlass gab die laut aktuellen Medienberichten von der VG Media geforderte nachträgliche Änderung zur Begründung des Medienstaatsvertrags. Gegenstand der VG-Media Forderung sind demzufolge die Erläuterungen zum Diskriminierungsverbot, die das rechtstreue Verhalten von Medienintermediären als einen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Ungleichbehandlung von journalistisch-redaktionellen Inhalten bezeichnen. Diesen Teil der Begründung hält die VG Media offenbar in verschiedener Hinsicht für rechtswidrig.

eco widerspricht dieser Darstellung entschieden. So sind nach Auffassung des Verbands der Internetwirtschaft einzelne Inhalteanbieter darauf aus, die im Medienstaatsvertrag vorgesehene Nichtdiskriminierungsregel für Medienintermediäre für ihre wirtschaftlichen Interessen zu missbrauchen. Offensichtlich will die VG Media den Medienstaatsvertrag benutzen, um die betroffenen Intermediäre zu leistungsschutzrechtlichen Zahlungen zu verpflichten. Die Verlage würden damit eine Art „(umgekehrte) Zwangslizenz“ erhalten, die – aus guten Gründen – weder von der Bundesregierung noch dem Europäischen Gesetzgeber mit dem Leistungsschutzrecht eingeräumt wurde. Auch das Bundeskartellamt hat in der Vergangenheit in der Auseinandersetzung um das Leistungsschutzrecht derartige Ansinnen deutlich zurückgewiesen. Mit den Regelungszielen des Medienstaatsvertrags ist dies nicht zu vereinbaren.

Es geht im Medienstaatsvertrag bei der Intermediärsregulierung um die Sicherung der Meinungsvielfalt, nicht um den Schutz eines einzelnen Angebots und nicht um den Schutz der wirtschaftlichen Interessen einzelner Presseverleger. Ausschließlich wegen der Sicherung von Meinungsvielfalt und nicht aus anderen Gründen wird eine systematische Ungleichbehandlung von journalistisch-redaktionellen Angeboten durch Intermediäre untersagt. Daher räumt der Staatsvertrag den Inhalteanbietern auch kein subjektives Recht ein, das ihnen erlauben würde, wegen einer Verletzung der Medienvielfalt unmittelbar gegen den Medienintermediär zivilrechtlich vorzugehen. Förmliche Verfahren obliegen nur den Landesmedienanstalten.

Die gesetzlichen Vorgaben aus anderen Rechtsbereichen wie etwa dem Urheberrecht gelten auch für die dem Anwendungsbereich des Medienstaatsvertrags unterfallenden Intermediäre. Die leistungsschutzrechtlichen Bestimmungen bleiben durch den Medienstaatsvertrag unangetastet. Deswegen erschließt sich auch nicht, warum die VG Media hier einen Verstoß gegen geltendes Urheber- oder Kartellrecht zu sehen glaubt und den Ländern darüber hinaus sogar eine Kompetenzüberschreitung unterstellt.

Mein Thema: Medienstaatsvertrag