18.12.2023

Open Banking und TANGO: Offen für mehr Geschäft

Von Nils Klute, IT-Fachredakteur beim eco – Verband der Internetwirtschaft

Die Europäische Union öffnet das Bankwesen. Denn egal, ob Kontonummern, Sepa-Mandate oder Buchungsdetails – auf Daten wie diese haben bislang nur die Finanzunternehmen selbst Zugriff. Welche Vorteile offene und kundenzentrierte Ökosysteme im Banking bieten. Und wie das TANGO-Projekt Daten sicher und souverän fließen lassen möchte. 

Egal, ob Tages- oder Festgeld – in Zeiten steigender Zinsen lohnen sich Konten wie diese wieder. Wer seine Ersparnisse in Deutschland beispielsweise bei Traditionsbanken deponiert hat, geht in dem Punkt jedoch oft leer aus: Kund:innen von deutschen Sparkassen profitieren eher nicht von der Zinswende. Finanzdienstleister lösen das Problem: Über Online-Broker legen Sparer ihre Gelder bei anderen Instituten mit besseren Konditionen an. Wer den Service nutzen möchte, der muss sich registrieren, ausweisen, ein Verrechnungskonto eröffnen und das eigene Girokonto koppeln. Einmal eingerichtet, lassen sich Ersparnisse dann im In- und Ausland anlegen und verzinsen.

Open Banking: Europäische Union öffnet das Bankwesen

Sich erst ausweisen und registrieren, um Konten zu eröffnen und Rendite zu erzielen – was bislang mit Aufwand, Geduld und Papierkram verbunden ist, soll schon bald schneller und reibungsloser funktionieren. Mit der zweiten Zahlungsdienstleisterrichtlinie (Payment Services Directive 2, kurz PSD2) öffnet die Europäische Union das Bankwesen. In der Folge sollen Verbraucher:innen die Services Dritter deutlich einfacher nutzen können. „Diese lizenzierten Dienstleister (…) können Zahlungsauslösedienste, Kontoinformationsdienste und Zahlungskarten anbieten,“ heißt es in einer Kurzstudie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO aus dem Jahr 2022. „Nun spielen nicht mehr nur Banken in dem Geschäft um Kontodaten mit, sondern auch weitere Akteure.“ Open Banking macht es möglich.

PSD2 regelt die Zusammenarbeit auf dem Finanzmarkt neu

Von Kontonummern über Sepa-Mandate bis hin zu Buchungsdetails – auf Kundendaten wie diese haben bislang nur die Finanzfirmen selbst exklusiv Zugriff. Aber: „Die Einführung der PSD2 hat den Weg für eine weitreichendere Offenlegung von Finanzdaten geebnet“, schreibt das Beratungsunternehmen Deloitte auf seiner Website. Egal, ob FinTechs, Versicherungen oder InsurTechs: Wenn Informationen selbstverständlicher souverän und sicher in offenen Ökosystemen fließen, lässt das übergreifend neue Formen der Zusammenarbeit entstehen – und das mit deutlich weniger Aufwand, Geduld und Papierkram für alle Seiten. Einzige Voraussetzung: Bankkund:innen haben ihr Einverständnis gegeben.

Vorteile für Händler, Versicherer, Banken und Verbraucher:innen

Versicherungen individualisieren, Whitelabel-Dienste anbieten, Bezahlverfahren vereinfachen und externe Konto- und Depotservices wie eben Zinsbroker durchgängig digital einbinden – offene Märkte bieten Vorteile für Händler, Versicherer, Institute und Kund:innen. „Dies kann so weit reichen, dass Banken und Finanzdienstleister selbst Plattformen bereitstellen und dort nicht nur ihre eigenen Produkte der Kundschaft anbieten, sondern auch die ihrer Wettbewerber“, hält die Fraunhofer-Kurzstudie fest. Heißt praktisch: Wenn Daten bidirektional fließen, um Dienste von Dritten in die eigene Kontoführung zu integrieren, dann können persönliche Anlagen und Services beispielsweise zentral über ein Dashboard im Blick bleiben. Anders in geschlossenen Ökosystemen: Wer Transaktionen, Erträge und Anwendungen checken möchte, der muss sich überall separat einloggen.

TANGO-Projekt: Neue Services für Banken und ihre Kundschaft

Offene, kundenzentrierte Ökosysteme, in denen sich Informationen nicht auf Einbahnstraßen, sondern übergreifend bewegen – daran arbeitet auch das TANGO-Projekt. Unter dem Titel “Digital Technologies ActiNg as a Gatekeeper to information and data flOws” treiben seit September 2022 mehr als 30 Partner aus 13 Ländern die europäische Datenökonomie voran. Auf der Grundlage eines bürgerschaftsnahen und vertrauenswürdigen Konzepts realisiert das Konsortium bis 2025 in fünf Pilotprojekten eine Plattform, über die sich Daten geschützt und selbstbestimmt teilen lassen. Und das eben auch, um neue Services für Banken und ihre Kundschaft zu realisieren. Die Basis bilden Open-Banking-Konzepte und Gaia-X.

Gaia-X erschließt Chancen für offene Märkte

Für eine offene Finanzwelt, die Institute zu Plattformanbietern macht und monolithische Geschäftsmodelle mit datenzentrierten Produkten auflöst, liefert Gaia-X alle Bausteine. Standardisierte Softwareelemente, die notwendig sind, um Chancen für Akteure zu erschließen. Chancen, die sich nur ergeben, wenn Informationen – bidirektional und übergreifend – auf einer dezentralen und verteilten Dateninfrastruktur fließen. Egal, ob Online-Banking, Direktbanken oder Payment-Dienstleister – laut Deloitte ist das nur die Spitze einer Entwicklung, die Open Banking möglich machen wird.

Von Telekommunikationsprovidern über die Versorgungswirtschaft bis hin zu smarten Geräten und der öffentlichen Verwaltung: Open Banking ändert die Art und Weise, wie die Finanzwirtschaft mit Vermögenswerten, Kundenzugängen, Vertriebsschnittstellen und Daten umgehen wird. Schöne neue Bankingwelt, der auch Verbraucher:innen offen gegenüberstehen: Laut Fintech Adoption Index von Ernst & Young aus dem Jahr 2019 nutzen bereits 64 Prozent der Verbraucher:innen aus Deutschland die Services von Finanzdienstleistern.

Das TANGO-Projekt unter Leitung von ATOS Spanien ist Teil von Horizon Europe, dem mit 95,5 Milliarden Euro bislang größten Forschungs- und Innovationsprogramms der EU. Der eco Verband ist eine von mehr als 30 führenden europäischen Organisationen, die sich im Konsortium zusammengeschlossen haben, um eine vertrauenswürdige Lösung fürs gemeinsame sichere Daten-Management zu schaffen. Weitere Informationen auf eco.de.

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