13.04.2022

The Parliamentary View: Interview mit Svenja Hahn

Svenja Hahn ist Abgeordnete im Europäischen Parlament für die FDP und Teil der Renew Europe Fraktion. Im Interview mit eco spricht sie über die Herausforderungen bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz, die Ziele des KI-Gesetzes und über ihre Arbeitsgruppe Digitaler Binnenmarkt.

Vor welchen Herausforderungen steht die EU, um Künstliche Intelligenz (KI) noch besser in unseren Alltag zu integrieren? Welche bislang noch ungenutzten Potenziale bietet KI?

Ich stelle oft fest, dass der Begriff Künstliche Intelligenz für viele Menschen abstrakt und fern ist, obwohl KI bereits heute alltäglicher Teil ihres Lebens ist. Zum Beispiel in den Vorschlägen ihrer Musikstreaming App oder bei der Entwicklung von Impfstoffen. Künstliche Intelligenz ist Realität mit großem Potential in vielen Bereichen unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Den Arten von Anwendungen, die jedoch eine Gefahr für Menschenrechte und Demokratie sind, müssen wir einen Riegel vorschieben.

Aber wahrscheinlich die größte Herausforderung bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz ist die Regulierung an sich. Die Brücken über ideologische Gräben müssen teilweise lang sein und einen gesetzlichen Rahmen für eine Technologie mit einem heute nicht vollständig vorhersehbaren Potential zu setzen ist auch nicht einfach. Konservative breiten ihre Überwachungsfantasien aus, wie etwa bei der biometrischen Überwachung im öffentlichen Raum. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Bemühungen von der politischen Linken, die Anwendungen von KI bis ins kleinste Detail regulieren zu wollen. Überregulierung bei ungefährlichen Anwendungen von KI halte ich jedoch für den größten Innovationskiller. Als Liberale arbeite ich daran, dass Innovation durch schlanke Rahmengesetze gefördert werden kann und gleichzeitig unsere demokratischen Werte und Bürgerrechte geschützt werden.

Das EU-Parlament hat im AIDA-Sonderausschuss einen Bericht zu KI erarbeitet. Welche Fragen blieben Ihrer Meinung nach ungeklärt oder kamen zu kurz und inwiefern wird der Bericht Auswirkungen auf die Arbeiten zum KI-Gesetz haben?

In dem Sonderausschuss hat sich das Parlament auf grundlegende Positionen zu Künstlicher Intelligenz geeinigt. Und das übergreifend und unabhängig von dem spezifischen Rahmen und Kompetenzen die den ständigen Ausschüssen gegeben ist. Der Abschlussbericht enthält wichtige Vorschläge zur vertrauenswürdigen und grundrechtskonformen Entwicklung und Nutzung von KI. Die EU soll im internationalen Wettbewerb gestärkt werden. Ich bin überzeugt, dass wir als freiheitlich demokratische Union vorangehen müssen und nicht autoritären Staaten das Setzen technologischer Standards überlassen dürfen. Solche grundsätzlichen Ideen des Sonderausschusses sollten auch in die KI-Regulierung einfließen, die ja explizit nicht Teil des AIDA-Ausschusses war. Ziel des KI Gesetzes muss sein, Innovation zu fördern und Bürokratie besonders für Startups und KMU klein zu halten. Aus verschiedenen politischen Lagern gibt es immer wieder Versuche, immer mehr Aspekte regulieren zu wollen, die bereits anderweitig geregelt sind. Das sehe ich sehr kritisch, denn der AI-Act sollte sich auf die Spezifika von Künstlicher Intelligenz fokussieren. Dazu gehört Chancen zu nutzen, Risiken minimieren und die Bürgerrechte zu schützen.

Vor welchen essenziellen Herausforderungen stehen Sie in Ihrer Arbeitsgruppe “Digitaler Binnenmarkt”?

Die größte Herausforderung dieser Arbeitsgruppe war leider die Covid-19-Pandemie. Aus organisatorischen Gründen gab es lediglich eine Sitzung, da bei der Vergabe von Online Meeting Slots die Ausschüsse im Europäischen Parlament Vorrang hatten.

Deshalb freue ich mich jetzt, dass das Parlament zum Normalbetrieb zurückkehrt, so können wir die Arbeitsgruppe endlich zu der Plattform machen die sie sein soll: ein Forum für die großen digitalpolitischen Diskussionen, die über die Tagespolitik hinausgehen. Gerade vor dem Hintergrund der letzten zwei Jahre und den verschiedenen Gesetzespaketen im Bereich Digitalisierung und neuen Technologien müssen wir die Arbeitsgruppe als Plattform nutzen, um mit Expertinnen zu diskutieren und strategische Gedanken zu entwickeln, den Digitalen Binnenmarkt auszubauen.

The Parliamentary View: Interview mit Svenja Hahn