01.09.2025

Aus der Hosentasche in die Welt: Hinter jeder App steckt ein globales Netz

Smartphone-Apps begleiten uns auf Schritt und Tritt – und mit ihnen eine vielschichtige digitale Infrastruktur, die den meisten verborgen bleibt. Hinter jeder Geste auf dem Display entfaltet sich ein komplexes Zusammenspiel aus Netzwerkknoten, Rechenzentren, Content-Diensten und globalen Anbietern… all das findet alles irgendwie in der Cloud statt. Eine „einfache“ App in der Hosentasche bedeutet in Wirklichkeit, dass Dutzende Server und Netzwerke parallel aktiv werden. Eine aktuelle Analyse macht dieses unsichtbare Geflecht greifbar.

Symbiose zwischen Smartphones und digitaler Infrastruktur

Die Untersuchung wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts von Ferhan Kesici (Masterstudent an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen) und Prof. Dr. Norbert Pohlmann, eco Vorstand IT-Sicherheit, durchgeführt. Sie zeigt, wie groß die digitale Infrastruktur hinter alltäglichen Apps tatsächlich ist.

Insgesamt kontaktierten die 65 untersuchten Anwendungen mehr als 1.600 unterschiedliche Server mit verschiedenen IP-Adressen. Im Durchschnitt verbindet sich eine App mit rund 25 Servern, und die IP-Pakete durchlaufen 6,35 autonome Systeme (AS), bevor sie ihr Ziel erreichen. Mehr als drei Viertel dieser Netze und Server liegen in US-amerikanischer Hand – ein Hinweis auf die starke internationale Abhängigkeit.

Besonders stark vertreten sind die Rechenzentren von Amazon, Google und Akamai: Sie tauchten in fast 90 % aller Top-Apps auf. Fast jede untersuchte Anwendung nutzt also Dienste mindestens eines dieser drei globalen Infrastrukturriesen. Damit wird deutlich, wie sehr zentrale Anbieter die digitale Basis unseres Alltags prägen – oft ohne dass Nutzer:innen dies bemerken.

Auch die DNS-Aktivität offenbart die Komplexität: Pro App wurden im Schnitt 65 Domains abgefragt, davon etwa 13 auf Werbe- oder Tracking-Server. Das entspricht 23 % aller Anfragen und zeigt, wie tief Drittanbieter-Komponenten in den mobilen Datenstrom eingebettet sind.

Die Datenmengen sind beträchtlich: Alle Apps zusammen erzeugten 115,6 MB Uploads und 2,84 GB Downloads. Pro App entspricht dies etwa 1,78 MB Upload und 43,7 MB Download. Schon eine kurze Nutzung aktiviert also eine beachtliche Menge an Datenverkehr über zahlreiche Netze hinweg.

Obwohl moderne Plattformen längst IPv6 unterstützen, dominiert weiterhin IPv4 mit einem Anteil von 96 %. Rund 93 % des Traffics war verschlüsselt – ein positives Signal, das aber nichts an der grundlegenden Abhängigkeit von globalen Strukturen ändert.

Unsichtbare Netze sichtbar machen

Das Zusammenspiel aus global verteilten Servern, DNS-Anfragen und hohen Datenmengen zeigt: Bereits wenige Minuten App-Nutzung setzen ein komplexes, weltumspannendes Netz in Bewegung. Was nach außen hin simpel wirkt, etwa eine Nachricht verschicken, ein Video öffnen, ein Icon antippen, aktiviert im Hintergrund eine globale Liefer- und Servicekette digitaler Infrastruktur.

Diese Unsichtbarkeit birgt Konsequenzen: Sie macht Abhängigkeiten von wenigen großen Infrastrukturanbietern deutlich, wirft Fragen nach digitaler Souveränität auf und zeigt, wie wichtig Transparenz über Datenflüsse und Netzverbindungen ist. Nur wenn sichtbar wird, welche Netze hinter unseren Alltags-Apps stehen, können Unternehmen, Politik und Nutzer:innen fundierte Entscheidungen treffen.

„Es ist bemerkenswert, wie viele Netze, Dienste und Prozesse im Hintergrund aktiv werden, sobald wir eine App öffnen, die wir ganz selbstverständlich in der Hosentasche mit uns herumtragen. Gerade deshalb ist es wichtig, einmal hinter die Kulissen zu schauen und zu verstehen, welche Konnektionen dabei entstehen“, fasst Norbert Pohlmann zusammen.

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