26.09.2022

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

VORRATSDATENSPEICHERUNG – EUGH SPRICHT SICH NEUERLICH DAGEGEN AUS: Vergangene Woche hat der EuGH sein Urteil im Fall SpaceNet AG und Deutsche Telekom AG gegen die Bundesrepublik Deutschland gefällt. Darin erklärte er die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung als überwiegend nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Die generelle und anlasslose Speicherung verletze das Gebot, dass die Speicherung von Verkehrsdaten die Ausnahme sein muss und nicht die Regel darstellen darf.

Das Gericht sieht in der anlasslosen und umfassenden Vorratsdatenspeicherung einen so tiefen Eingriff in die Grundrechte von Unionsbürger:innen, dass auch zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität die Verpflichtung zur präventiven, unterschiedslosen Speicherung von Kommunikationsdaten aller Büger:innen nicht verhältnismäßig ist. Der EuGH trägt damit den Empfehlungen des Generalanwalts vom November 2021 Rechnung. Die Vorratsdatenspeicherung soll nach Auffassung des EuGH zukünftig nur noch bei realen und aktuellen oder vorhersehbaren Bedrohungen für die nationale Sicherheit gestattet sein. (vgl. Pressemitteilung EuGH – PDF, Pressemitteilung eco)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – NEUER RATS-KOMPROMISS: Im neuen Kompromiss zum KI-Gesetz (PDF, 16. September) empfiehlt die tschechische Ratspräsidentschaft, Systeme, die bei der Entscheidungsfindung eine untergeordnete Rolle spielen, nicht als Hochrisikosysteme zu betrachten (und somit strengeren Anforderungen zu unterwerfen). Prag betont außerdem, dass nicht alle automatisierten KI-Systeme ein hohes Risiko darstellen, und streicht daher den Verweis auf ein unmittelbares Ergebnis ohne Eingreifen Dritter als Kriterium zur Bestimmung von Systemen mit hohem Risiko. Insgesamt wird die Kommission aufgefordert, bei der Aktualisierung des Anhangs III die „Vorteile des Einsatzes von KI für Einzelpersonen, Gruppen oder die Gesellschaft als Ganzes“ zu berücksichtigen.

Während im Parlament die Idee eines vollständigen Verbots biometrischer Identifikationssysteme an Boden gewinnt, unterstützt der Rat weiterhin die im Vorschlag enthaltenen Ausnahmen von diesem Verbot und präzisiert sie. So stellt die tschechische Ratspräsidentschaft in ihrem Kompromissvorschlag klar, dass die Genehmigungen, welche die Strafverfolgungsbehörden einholen müssen, „nur für die Nutzung des Systems und nicht für die Nutzung gegenüber einzelnen Personen“ erforderlich sind. Diese Vorschläge wurden am 22. September in der Telekom-Gruppe diskutiert. (vgl. Contexte, FR, Paywall und Euractiv, EN)

POLITISCHE ONLINEWERBUNG – 450 ÄNDERUNGSANTRÄGE IM EP: Das Europäische Parlament hat vergangene Woche die fast 450 Änderungsanträge zum Berichtsentwurf von S. Gozi (Renew) im Binnenmarktausschuss (IMCO, 140 bis 409 und von 410 bis 686) veröffentlicht.

Parallel dazu hat der Rechtsausschuss (JURI) die 200 Änderungsanträge zum Entwurf der Stellungnahme von A. Niebler (EVP) veröffentlicht. Die Stellungnahme soll am 26. Oktober angenommen werden.

Bereits zuvor hat der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) seine Änderungsanträge veröffentlicht. Die EVP ist dabei die einzige Partei, die sich für eine gezielte politische Werbung einsetzt, allerdings auf Kosten von mehr Transparenz.

Die Verordnung zielt darauf ab, die Transparenz von politischer Werbung durchzusetzen und ihre Ausrichtung auf der Grundlage von persönlichen Daten zu begrenzen.

CLOUD-ZERTIFIZIERUNG – DEUTSCHLAND FORDERT POLITISCHEN DIALOG: Deutschland hat die Europäische Kommission um eine politische Diskussion über die Souveränitätsanforderungen gebeten, die die EU-Exekutive in das europäische Zertifizierungssystem für Cybersicherheits-Clouds aufnehmen will.

Der Brief (PDF) von vergangener Woche wurde von Andreas Könen, Daniela Brönstrup und Ben Brake, den Generaldirektoren der deutschen Ministerien für Inneres, Wirtschaft und Digitales, unterzeichnet. Gerichtet ist er an Roberto Viola, den Generaldirektor der Abteilung Digitales der Kommission (DG Connect). (vgl. Euractiv, EN, Contexte, FR, Paywall)

CLOUD-DIENSTE – OFCOM STARTET STUDIE ÜBER STAND DER CLOUD-DIENSTE: Die britische Regulierungsbehörde für Telekommunikation (Ofcom) kündigte an, den Wettbewerb und die Innovation auf dem britischen Cloud-Markt sowie die Position der drei „Hyperscaler“ (AWS, Microsoft, Google) zu untersuchen. Das Ziel sei es, innerhalb von zwölf Monaten einen Abschlussbericht zu veröffentlichen. Ofcom hat außerdem seine Absicht bekundet, „in den nächsten Jahren“ digitale Dienste wie WhatsApp, Facetime und Zoom sowie intelligente Lautsprecher zu untersuchen, da Online- und traditionelle Netze zunehmend zusammenwachsen. (vgl. Pressemitteilung Ofcom)

EUROPOL-VERORDNUNG – EDPS BRINGT VERORDNUNG VOR EUGH: Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS), W. Wiewiórowski, hat beim Europäischen Gerichtshof beantragt, zwei Artikel der Europol-Verordnung für nichtig zu erklären. Diese war von den EU-Institutionen in diesem Jahr verabschiedet worden: „Die angegriffenen Bestimmungen der ergänzenden Europol-Verordnung legalisieren rückwirkend Verarbeitungsvorgänge, die Verstöße gegen die Europol-Verordnung von 2016 waren“, erläutert Wiewiórowski.

Europol hatte ohne ausreichende Rechtsgrundlage 4 Petabyte Daten angehäuft, die für Big Data-Analysen genutzt worden sein sollen. Der für Europol zuständige Europäische Datenschutzbeauftragte hatte die Behörde am 3. Januar 2022 angewiesen, alle Daten umgehend zu löschen, die nach sechs Monaten nicht eindeutig einem Fall zugeordnet wurden. (vgl. EDPS – PDF, Europe Table, Paywall)

DIGITAL SERVICES ACT – ENDE IN SICHT: Die endgültige Fassung des Digital Services Act wird von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat (AStV I) am Mittwoch angenommen. Der Text muss dann von den EU-Ministern im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) am 4. Oktober verabschiedet werden. Die endgültige Unterzeichnung im Plenum des Europäischen Parlaments wird für den 19. Oktober erwartet, bevor die Verordnung schließlich im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht wird.

Zwischenzeitig veröffentlichte der Rat die endgültige Version des DSA.

CYBER RESILIENCE ACT – ZUSTÄNDIGKEIT IM EP: Der Industrieausschuss erhält die Zuständigkeit für den CRA im Europäischen Parlament (vgl. EP Legislative Observatory).

Wie bereits zuvor bei CSAM, verschiebt sich auch beim CRA derzeit das Ende der Konsultationsfrist täglich weiter nach hinten, bis der Text in allen offiziellen EU-Sprachen vorliegt und endet frühestens am 21. November.

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments. Der Sitzungskalender für 2022 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier. Den offiziellen Kalender des tschechischen Ratsvorsitzes können Sie hier erreichen (PDF).

Darunter finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • Anpassung der Haftungsregeln
    • Richtlinie über die Haftung für künstliche Intelligenz
    • Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie
  • Umsetzung der sozialen Säule
    • Empfehlung zum Mindesteinkommen
    • Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Montag, 10. Oktober 2022, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 25. Oktober 2022, 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (Recht)

  • Montag, 3. Oktober 2022

(Kalender)

ITRE Ausschuss (Industrie)

  • Montag, 3. Oktober 2022, 20.00-20.30 Uhr (Straßburg)
  • Donnerstag, 13. Oktober 2022, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (Binnenmarkt)

  • Montag, 10. Oktober 2022, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (Kultur)

  • Montag, 3. Oktober 2022 (Straßburg)

(Kalender)

PEGA Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Donnerstag, 6. Oktober, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 20. Oktober, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)

INGE2 Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • offen

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 40 / Montag, 3. bis Donnerstag, 6. Oktober: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

KW 41 / Montag, 10. bis Donnerstag, 13. Oktober: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 42 / Montag, 17. bis Donnerstag, 21. Oktober: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

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