24.09.2019

Interview mit eco Präsidiumsmitglied Oliver Weimann

Oliver Weimann, Startup-Experte, Initiator des RuhrSummit und Geschäftsführer vom ruhr:HUB ist seit September 2019 neues Mitglied des Anfang dieses Jahres gegründeten eco Präsidiums. Weimann ist selbst Seriengründer und seit über 10 Jahren aktiver Teil der deutschen Startupszene. Wir haben mit ihm über die Chancen der Digitalisierung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, die Voraussetzungen für eine gelungene digitale Transformation und sein Engagement im eco Präsidium gesprochen.

 

Was würden Sie heute machen, wenn das Internet nicht erfunden worden wäre?

Oliver Weimann: Puuh, ehrlicherweise keine Ahnung. Mein komplettes Berufsleben setze ich mich mit digitalen Geschäftsmodellen auseinander und kreiere Wachstum für junge, innovative Unternehmen. Auch die intensive Zusammenarbeit mit Corporates zum Thema digitale Transformation würde dann ja wegfallen. Vielleicht wäre ich in der klassischen Werbeindustrie gelandet und würde Kommunikationsstrategien entwickeln, vielleicht aber auch im klassischen Großkonzern versuchen in allen möglichen Prozessen versuchen noch ein wenig Marge zu finden. Prozesse transparent zu gestalten und hieraus neue Ansätze zu entwickeln macht mir Spaß – ggf. auch in Abwesenheit des Internets.

 

Was ist aus Ihrer Sicht die größte Chance, die sich dem Wirtschaftsstandort Deutschland durch die Digitalisierung eröffnet?

Weimann: Ich bin davon überzeugt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland bereits in erheblichem Maße von der Digitalisierung profitiert hat. Es gibt natürlich einige durchaus sehr relevante Themen (bspw. Plattformökonomie) die verschlafen wurden und in denen der Zug mittlerweile ohne Deutschland oder Europa abgefahren ist. Wenn es aber gelingt die Potenziale aus technisch hervorragenden Produkten, effizienter Produktion und wissenschaftlichem Knowhow zu nutzen und in additionale digitale Services zu überführen, dann hat Deutschland als Wirtschaftsstandort eine große Chance in der zweiten Welle der Digitalisierung eine relevante Rolle zu spielen.

 

Welche sind die drei wichtigsten Voraussetzungen, damit digitale Transformation in Deutschland gelingt?

Weimann: Erstens eine solide, fortlaufend aktualisierte und auf moderne Anforderungen ausgerichtete Infrastruktur, zweitens Unternehmen und Mitarbeiter die sich bewusst sind, dass sie fortlaufend an ihren individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten arbeiten müssen und schlussendlich mehr unternehmerischer Mut! Wir müssen wieder ein Volk werden, dass Spaß hat an dem Neuen, dem Ungewissen und kein Volk der reinen Wohlstandsbewahrer und Angsthasen.

 

Wer trägt die Verantwortung für ein funktionierendes Internet?

Weimann: Mehrere Stakeholder sind in diesem Kontext gefragt. Auf der einen Seite die Politik, welche freundliche Rahmenbedingungen für Investitionen in technische Infrastrukturen und daraus entspringende Geschäftsmodelle schaffen müssen. Dann natürlich die Betreiber der technischen Infrastruktur selber, die für eine kontinuierliche Modernisierung und Instandhaltung verantwortlich zeigen und in gewisser Weise auch die Bevölkerung selber, welche – genauso wie im Kontext mit erneuerbaren Energien – im Einzelfall auch Maßnahmen vor der eigenen Haustür in Kauf nehmen müssen. Am Ende muss uns allen bewusst sein, dass wir ohne eine ausreichende, fortlaufend modernisierte Infrastruktur gesamtwirtschaftlich den Anschluss verlieren werden – eher schnell, als langsam!

 

Welche Ziele verknüpfen Sie mit Ihrem Sitz im eco Präsidium? Welche Themen wollen Sie setzen, welche Projekte anstoßen?

Es gibt zwei Themenbereiche auf die ich mich bei meiner Tätigkeit konzentrieren möchte und bei denen ich gemeinsam mit dem Vorstand Akzente setzen will. Auf der einen Seite geht es mir darum für mehr unternehmerischen Mut zu werben. Junge Menschen in Deutschland sollen „Startup“ noch deutlich mehr als Option wahrnehmen – als Gründer, erste Mitarbeiter oder eben als Kooperationspartner für Pilotprojekte und externe Innovationen. Dazu gehört halt leider immer auch ein wenig Mut, da man sich zwingend aus der persönlichen Komfortzone bewegt und auch persönliche Risiken eingehen muss.

Auf der anderen Seite stelle ich fest, dass die meisten Transformationsprojekte nicht an der Technologie, sondern an den Mitarbeitern scheitern. Aus meiner Sicht beginnt Transformation im Kopf und dafür benötigen Mitarbeiter Kompetenzen und Fähigkeiten, welche in der klassischen Ausbildung nicht vorkommen. Aus diesem Grund werde ich mich den Themen institutionelles Lernen und Mitarbeiterweiterbildung oder wie wir es nennen „real corporate learning“ widmen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Weimann! 

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Oliver Weimann - Präsidium (DE)