17.04.2023

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

CSAM I – ZUSÄTZLICHE FOLGENABSCHÄTZUNG DES LIBE-AUSSCHUSSES: In der Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten wurde vergangene Woche die zusätzliche Folgenabschätzung zur CSAM-Verordnung präsentiert. Das Ergebnis der Ecorys-Studie ist eine deutliche Kritik am Vorschlag der EU-Kommission.

Obwohl der allgemeine Nutzen der Maßnahmen für den Schutz von Kindern anerkannt wird, wird auch festgestellt, dass die Verordnung unverhältnismäßige negative Auswirkungen auf eine Reihe von Grundrechten der europäischen Bürger hätte, einschließlich der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Rechts auf Privatleben. In den Schlussfolgerungen der Studie wird hervorgehoben, dass die den Anbietern auferlegten Verpflichtungen nach der Rechtsprechung des EuGH nicht als verhältnismäßig im Hinblick auf das verfolgte Ziel angesehen werden können.

Die Studie stellt fest, dass die Frage der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und ihre Verwendung in der privaten Kommunikation als Schlüsselkomponente in der Folgenabschätzung der Kommission hätte untersucht werden müssen. Sie weist auch auf die Gefahren einer mangelhaften Verschlüsselung hin.

In der Folgenabschätzung wird auch darauf hingewiesen, dass einige der Techniken, die zur Erkennung, Meldung und Entfernung neuer CSAM und Grooming eingesetzt werden sollen, nicht ausreichend zuverlässig sind und zu einer großen Anzahl falsch negativer und positiver Ergebnisse sowie in der Folge zu einer Belastung der Ermittlungsbehörden führen könnten.

Die Studie ist noch nicht öffentlich zugänglich. Einen geleakten Entwurf finden Sie hier (PDF). (vgl. netzpolitik.org bzw. Euractiv, EN)

CSAM II – FEMM-AUSSCHUSS VERÖFFENTLICHT STELLUNGNAHME: Vergangene Woche wurde die Stellungnahme des FEMM-Ausschusses zum Vorschlag gegen Online-Kindesmissbrauchsinhalte veröffentlicht (PDF).

Die Berichterstatterin der Stellungnahme schlägt u.a. vor: „Ab August 2024, sollte die vorgeschlagene Verordnung nicht in Kraft getreten sein, gelten die bisherige Übergangsregeln solange weiter, bis die Annahme absehbar ist.“

Eine Debatte über den Entwurf der FEMM-Stellungnahme ist für den 25. April angesetzt, die Frist für Änderungsanträge endet am 5. Mai. Die Verabschiedung der FEMM-Stellungnahme ist für den 23. Juni vorgesehen.

CSAM III – IRISCHES PARLAMENT BESORGT ÜBER ARBEITSBELASTUNG UND FREIHEITEN: „Da sich die Hauptsitze mehrerer großer Dienstanbieter in Irland befinden, können die irischen Behörden bei der Umsetzung der Verordnung einer besonderen Belastung ausgesetzt sein“, schreibt der Justizausschuss des Oireachtas in seiner Stellungnahme (PDF) zum Verordnungsvorschlag. Für den Ausschuss ist der Brüsseler Vorschlag „beispiellos, da er eine unterschiedslose Überprüfung der digitalen Kommunikation und des Cloud-Hostings verlangt“. Die Verordnung würde auch die Sicherheit von Online-Diensten beeinträchtigen, indem sie „die Entfernung von End-to-End-Verschlüsselung oder die Einführung von Backdoors verlangt“. Die Verordnung sei „kontraproduktiv“, da sie zu viele rechtliche Risiken eingehe, so die Schlussfolgerung des Parlamentsausschusses.

PRIVATSPHÄRE – LIBE-AUSSCHUSS LEHNT TADPF AB: Vergangenen Donnerstag nahmen die Europaabgeordneten des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten den Entwurf des Berichts (PDF) zum EU-US Data Privacy Framework (TADPF) einstimmig an.

Der Bericht erkennt zwar an, dass der vorgeschlagene EU-US-Datenschutzrahmen eine Verbesserung gegenüber früheren Rahmenwerken darstellt, betont jedoch, dass er keine ausreichenden Garantien bietet und keine Angemessenheitsentscheidung über die Übermittlung personenbezogener Daten rechtfertigt.

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, den von ihr im Dezember 2022 vorgelegten Entwurf eines Angemessenheitsbeschlusses nicht anzunehmen.

Es wird erwartet, dass der Bericht nun dem Plenum zur Annahme als Initiativentschließung vorgelegt wird. Ein Termin für die Abstimmung im Plenum steht noch nicht fest, könnte aber möglicherweise in der Woche vom 8. bis 11. Mai 2023 stattfinden. (vgl. Pressemitteilung EP bzw. Euractiv)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ I – WEITERER MEILENSTEIN IM EP: Die (Schatten-) Berichterstatter:innen schlossen am Donnerstag in einer politischen Sitzung die Beratungen über Schlussbestimmungen, Durchsetzung, Governance, Normung und Definitionen im KI-Gesetz ab.

Der heikelste Teil bleibt das Verbot von Praktiken, da die deutschen Liberalen versuchen, ein Verbot der allgemeinen Überwachung durchzusetzen, was für die EVP eine rote Linie darstellt. Die Bestimmung über die Einstufung von Hochrisikosystemen (Art. 6) ist weitgehend stabil, mit der Idee, dass KI-Entwickler die zuständigen nationalen Behörden benachrichtigen müssen, wenn sie der Meinung sind, dass ihr System kein signifikantes Risiko darstellt. Die Grünen bestehen jedoch darauf, dass die nationalen Behörden jede Meldung innerhalb von drei Monaten prüfen müssen, obwohl die Entwickler in der Zwischenzeit ihre KI-Software auf den Markt bringen können. (vgl. Euractiv, EN)

Bereits am heutigen Montag treffen sie sich in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen wieder. Die politische Sitzung wird sich auf Artikel 5 (verbotene KI-Praktiken), Artikel 6 (hochriskante KI), Anhang III (Liste der hochriskanten KI-Praktiken) und allgemeine KI konzentrieren.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ II – EDSB RICHTEN CHATGPT-TASKFORCE EIN: Die europäischen Datenschutzbehörden haben eine Taskforce eingerichtet, die sich mit den Datenschutzbedenken im Zusammenhang mit ChatGPT befassen soll. Die Entscheidung folgt der Prüfung durch mehrere nationale Behörden.

In der Zwischenzeit hat die italienische Datenschutzbehörde OpenAI eine Frist bis zum 30. April gesetzt, um eine Reihe von Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören die Suche nach einer Rechtsgrundlage, die Erklärung, wie der Chatbot die Daten der Nutzer verwendet, und die Durchführung einer Informationskampagne, um die Menschen darüber zu informieren, dass ihre Daten zum Trainieren von Algorithmen verwendet werden. Die spanische Behörde, welche die Erörterung von ChatGPT auf der EDSA-Sitzung beantragt hatte, leitete ebenfalls eine Untersuchung des KI-Modells ein. Bei der französischen CNIL sind bisher fünf Beschwerden gegen das Modell eingegangen. (vgl. Euractiv)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ III – USA STARTEN ÖFFENTLICHE KONSULTATION: Auch in den USA bereitet sich die Regierung auf mögliche Regulierungsmaßnahmen für Systeme mit Künstlicher Intelligenz vor. Die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) hat dazu eine öffentliche Konsultation gestartet. Die Frist für Rückmeldungen läuft bis zum 12. Juni. (vgl. Pressemitteilung NTIA, EN)

MEDIENFREIHEIT – BERICHTSENTWURF IM KULTURAUSSCHUSS: Der Kultur- und Bildungsausschuss des Parlaments hat seinen Berichtsentwurf zum Europäischen Gesetz über die Medienfreiheit (European Media Freedom Act, EMFA) veröffentlicht (PDF).

Medien erhalten das Recht, nicht nur gegen die Entfernung, sondern auch gegen die „Einschränkung“ ihrer Inhalte vorzugehen. Plattformen müssen ihnen 48 Stunden Zeit geben, um zu antworten, und diese Antwort wiederum innerhalb von 24 Stunden bearbeiten. Bei Meinungsverschiedenheiten muss der Streit vom künftigen Europäischen Rat für Mediendienste behandelt werden, in dem die Medienregulierungsbehörden zusammengefasst werden. Wenn sich Plattformen weigern, ein Medium anzuerkennen, muss künftig die nationale Behörde eine Klärung herbeiführen und, falls die Meinungsverschiedenheit fortbesteht, muss der Europäische Rat konsultiert werden.

Zu den von der Berichterstatterin S. Verheyen (EVP, DE) vorgeschlagenen Änderungen gehören Maßnahmen zur Stärkung der Unabhängigkeit des neuen Europäischen Rats für Mediendienste, der Ausschluss der Kommission von seiner Tätigkeit, die Einschränkung der Bestimmungen über die Konzentration des Medienmarktes und die Spezifizierung der Aspekte, auf die die nationalen Regulierungsbehörden im Hinblick auf ausländische Medienunternehmen abzielen können. (vgl. Euractiv)

DIGITAL MARKETS ACT – KOMMISSION NIMMT DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN ZUM GESETZ ÜBER DIGITALE MÄRKTE AN: Die Europäische Kommission hat ihre Durchführungsverordnung zum Gesetz über die digitalen Märkte (Digital Markets Act, DMA) veröffentlicht.

Die neuen Vorschriften der Europäischen Union sehen vor, dass große Technologieunternehmen (sog. „Gatekeeper“) der Kommission melden müssen, wenn sie über eine beträchtliche Marktmacht bei zentralen Plattformdiensten verfügen. Diese „Gatekeeper“ werden den Vollstreckungsbehörden der Kommission Informationen über die wichtigsten angebotenen Plattformdienste, die Anzahl der Nutzenden sowie über ihren Jahresumsatz der letzten drei Jahre, ihren Marktwert und die EU-Mitgliedstaaten, in denen sie tätig sind, zur Verfügung stellen.

Laut einem zweiten Anhang sollen die Meldungen der Unternehmen insgesamt nicht länger als 50 Seiten sein und bis zu 30 Seiten für jede von ihnen betriebene Kernplattform.

Potenzielle Gatekeeper müssen der Kommission bis zum 3. Juli 2023 mitteilen, dass ihre Dienste in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen. Die Kommission wird diese Benennungen bis zum 6. September 2023 überprüfen. Die Verbote und Verpflichtungen der DMA werden am 6. März 2024 rechtskräftig. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

INFRASTRUKTUR – BERICHTERSTATTER:INNEN IM ITRE-AUSSCHUSS: Zu dem Berichterstatter, A. Mituta (Renew, RO) und der EVP-Schattenberichterstatterin A. Winzig (DE) sind die Sozialdemokratin B. Voassi (IT) und der Grüne N. Nienass (DE) hinzugekommen. (vgl. EP Legislative Observatory)

Die Kommission sei besorgt, dass das Dossier nicht die nötige Aufmerksamkeit erregt hat, da mehrere wichtige Dossiers ungefähr zur gleichen Zeit bei ITRE gelandet sind. Diese Sorge deutet darauf hin, dass die EU-Exekutive befürchtet, dass der EU-Rat das Dossier verwässern könnte und das Parlament nicht genügend politischen Einfluss hat, um dagegen vorzugehen. Dies war bereits bei der Richtlinie zur Senkung der Breitbandkosten der Fall (die ebenfalls als Verordnung begann). In der Tat drängen bereits mehrere EU-Länder auf eine Mindestharmonisierung, insbesondere diejenigen, deren Rechtsrahmen bereits weiter fortgeschritten ist und die ihre derzeitige Situation nicht verschlechtern wollen. (vgl. Euractiv, EN)

DEUTSCHLAND – ECKPUNKTE GEGEN DIGITALE GEWALT: Der deutsche Justizminister hat vergangene Woche Eckpunkte für ein Gesetz zum Schutz vor digitaler Gewalt präsentiert. Im Kern geht es dabei um die Etablierung von Auskunftsansprüchen für Betroffene digitaler Gewalt (das BMJ nennt als Beispiele Beleidigungen, Morddrohungen etc.) und dazugehörige Verfahren für eine zeitnahe Beauskunftung, um die Etablierung richterlich angeordneter und zeitlich befristeter Accountsperren sowie um die Fortführung der Pflicht zur Bestellung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten. (vgl. BMJ)

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

Ausgewählte Konsultationen der EU-Kommission:

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie eine Übersicht der Tagesordnung für die Plenarsitzungswoche. Der Sitzungskalender für 2023 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier.
Den offiziellen Kalender sowie das Programm des schwedischen Ratsvorsitzes können Sie auf der entsprechenden Webseite einsehen.

Bei den Terminen im Rat finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

  • keine

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Auf den 3. Mai verschoben wurde die Empfehlung zur Piraterie bei Online-Livesportveranstaltungen.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • Cyber-Paket
    • Cyber-Solidaritätsgesetz
    • Akademie für Cybersicherheits-Kompetenzen
  • Paket zu digitalen Fähigkeiten und Bildung
    • Empfehlung zu fördernden Faktoren für die digitale Bildung
    • Empfehlung zur Verbesserung der Vermittlung digitaler Kompetenzen in der allgemeinen und beruflichen Bildung
  • Paket „Bankenkrisenmanagement und Einlagensicherung
    • Überprüfung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Banken
    • Überprüfung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme
    • Überprüfung der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE-Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Mittwoch, 26. April, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 27. April, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI-Ausschuss (Recht)

  • Montag, 24. April, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 25. April, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

ITRE-Ausschuss (Industrie)

  • Montag, 24. April, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 25. April, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO-Ausschuss (Binnenmarkt)

  • Montag, 24. April, 15.00-30 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 25. April, 9.00-30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

CULT-Ausschuss (Kultur)

  • Mittwoch, 26. April, 9.00-12.30 Uhr und 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 27. April, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

PEGA-Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Dienstag, 25. April, 15.00-18.30 Uhr (Brüssel)

ING2-Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • Mittwoch, 26. April, 9.00-12.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 16 / Montag, 17. bis Donnerstag, 20. April: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

KW 17 / Montag, 24. bis Donnerstag, 27. April: Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 18 / Dienstag, 2. bis Donnerstag, 4. Mai: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

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