06.07.2016

Nachbericht: 56. ICANN Meeting

Community treibt IANA Stewardship Transition weiter voran

Noch nicht vollzogen, aber mit Fortschritten in den letzten Monaten versehen, war die Übergabe der Rootzonen-Verwaltung des Domain Name Systems aus der US-Aufsicht an die ICANN-Community, die so genannte IANA Stewardship Transition, weiterhin das bestimmende Thema beim 56. ICANN Meeting vergangene Woche in Helsinki.

IANA Transition geht in nächste Phase

Schließlich hatte einerseits am 9. Juni 2016 die National Telecommunications & Information Administration des US-Handelsministeriums (NTIA) gemeldet, dass die von ihr formulierten Kriterien mit dem am 10. März 2016 eingereichten Vorschlag der ICANN-Community vollständig erfüllt werden. Andererseits hat unter anderem der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat Ted Cruz Gefallen daran gefunden, davor zu warnen, dass im Zuge der IANA Stewardship Transition, die US-Regierung leichtfertig die Aufsicht über das Internet abgebe.

Eine detaillierte Analyse von Monika Ermert mit einer Einschätzung der Lage von Thomas Rickert, Director Names and Numbers im eco – Verband der Internetwirtschaft und Co-Chair der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung der Accountability-Maßnahmen bei ICANN, finden sie hier.

Seit 1998 führt die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) die Funktionen der Internet Assigned Numbers Authorit (IANA) als Vertragspartner für die NTIA des US-Handelsministeriums aus. Zukünftig soll die so genannte “empowered community“ von ICANN die Aufsicht über diese Aufgabe übernehmen. Damit würde ICANN die Rolle eines sich selbst regulierenden Verwalters über eine der zentralen Ressourcen des Internets zuteil kommen.

Neues Meetingformat

Trotz des neuen und verkürzten Meetingformats, das mehr Raum für Diskussionen und Austausch zwischen den einzelnen Communities, bestehend aus technischen Experten, Regierungen und Gruppen der Zivilgesellschaft fördern sollte, war dieses Meeting mit etwas mehr als 1.400 Teilnehmern nur unwesentlich kleiner als frühere ICANN Meetings.

Durch das neue Format standen die so genannten Cross-Community Sessions, die zwischen den einzelnen Supporting Organizations und Advisory Committees durchgeführt wurden, im Mittelpunkt des Meetings in der finnischen Hauptstadt. Das gab vor allem Raum für direktes und durchaus konstruktives Feedback aus der Community zu den zentralen Fragen auf der ICANN-Agenda. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann ICANN mit CCS eine weitere Abkürzung in sein bereits reiches Repertoire an Akronymen aufnehmen wird.

CCWG-Accountability setzt Arbeit fort

Nach den sehr lang anhaltenden Diskussionen rund um die Verbesserung der Rechenschaftspflicht und Transparenz (Accountability) von ICANN im Rahmen der IANA Stewardship Transition beim letzten Meeting in Marrakesch, beschäftigte sich der Regierungsrat (GAC) dieses Mal intensiver mit den Details wie man sich selbst zukünftig in die Prozesse der „empowered community“ einbringen wird. Aber auch andere Themen, die bislang nicht sehr weit oben auf der Agenda standen, fanden nun mehr Raum, wie beispielsweise die Frage nach einer möglichen Liberalisierung von Ländernamen und Länderkennungen. Ein spannender Aspekt in dieser Diskussion ist die weiterhin nicht geklärte Definition eines „öffentlichen Interesses“, das sowohl für oder wider eine Liberalisierung dieser Abkürzungen sprechen kann.

Trotz aller Unwägbarkeiten, die theoretisch noch eintreffen können, setze die ICANN-Community und mit ihr die CCWG-Accountability ihre Arbeit fort. Nachdem in Markresch der so genannte „Workstream 1“ abgeschlossen wurde, begann in Helsinki nun der „Workstream 2“. Dieser Prozess beschäftigt sich mit allen Aspekten, die einerseits nicht von Tag 1 der Transition greifen müssen, andererseits aber für die Verbesserung der Organisation unbedingt erforderlich sind.

Die Cross Community Working Group on enhancing ICANN’s accountability (CCWG) mit ihren Co-Chairs Mathieu Weill, León Felipe Sanchez und Thomas Rickert hatte daher einen ganzen Tag für die Arbeit am Workstream 2 eingeplant.

So gilt es etwa zu prüfen, ob für Verträge oder auch Auseinandersetzungen mit ICANN nur die Rechtsordnung des Sitzes von ICANN Anwendung finden soll. Dazu kommen Fragen nach der konkreten Ausgestaltung von Transparenz, Diversität und Rechenschaftspflichten von ICANN, seiner Angestellten sowie der Supporting Organizations und Advisory Committees. Auch die zukünftige Rolle des Ombudsmanns wird diskutiert und ein Regelwerk für die Anwendung von Menschenrechten im Rahmen der Aktivitäten ICANNs soll entwickelt werden.

Diese Themen werden in Arbeitsgruppen erarbeitet, deren Ergebnisse von der CCWG überprüft werden. Zu allen Punkten wird es die Möglichkeit geben, die Ergebnisse öffentlich zu kommentieren. Ebenso kann sich jeder in den Arbeitsgruppen engagieren und sich so beim Gestaltungsprozess für die zukünftige Rolle von ICANN einbringen. Bei Interesse, melden sie sich bitte bei Thomas Rickert.

Ausblick & Deutscher Abend

Für das Networking war der Deutsche Abend einer der Höhepunkte des ICANN-Meetings in Helsinki, zu dem DENIC und eco stets gemeinsam einladen. Das historische Lager für Kanonenkugeln war der ideale Ort, um die Live-Übertragung des EM-Viertelfinalspiels der deutschen Nationalmannschaft mit dem Networking zwischen den Mitgliedern von eco und DENIC sowie der deutschen ICANN-Community mit internationaler Beteiligung stattfinden zu lassen. Das ICANN-Meeting in Helsinki war auch das erste Meeting für Göran Marby in seiner Rolle als neuer CEO von ICANN.

Die nächste ICANN-Meeting findet vom 3. bis 9. November 2016 in Hyderabad statt.

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