11.08.2015

„ZUGFeRD ist konkurrenzlos integrativ“

eco Kompetenzgruppenleiter Prof. Dr. Hofmann im Interview

Mit ZUGFeRD sollen Rechnungen zwischen Unternehmen schnell, komfortabel und einfach elektronisch ausgetauscht werden. Vorgestellt wurde der Standard bereits letztes Jahr, aber bisher ist die Akzeptanz verhalten. Gründe dafür verrät Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann, Leiter der eco Kompetenzgruppe E-Commerce, im Interview.

Herr Prof. Dr. Hofmann, kurz erklärt, was ist „ZUGFeRD“?

Das Akronym „ZUGFeRD“ steht für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“ – das Akronym hat also eine eigenartige „denglische Bedeutung“, die für die Akzeptanz im internationalen Kontext kaum von Vorteil sein dürfte, da man außerhalb des deutschen Sprachraums die Pointe nicht versteht. Man sollte zu einer elektronischen Rechnung besser – wie international üblich – „E-Invoice“ sagen.

Unter einer E-Invoice versteht man einen Datensatz, der juristisch und funktional einer herkömmlichen Rechnung auf Papier entspricht. Die E-Invoices haben damit das Potenzial, die bekannten Prozesse der Rechnungslegung und Buchhaltung entscheidend zu vereinfachen und zu verbilligen. Das ist auch der Grund, warum man sich bei der eco Kompetenzgruppe E-Commerce der Thematik angenommen hat.

Die Datenformate für eine E-Invoice müssen als ein Standard den Unternehmen der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung frei zugänglich sein, damit man fach- und sachgerecht entsprechende Prozesse programmieren kann. Dieses Ziel hat das „Forum elektronische Rechnung Deutschland“ mit ZUGFeRD auch verfolgt.

Der Standard in der Version 1.0 wurde am 25. Juni 2014 veröffentlicht. Wie steht es Ihrer Wahrnehmung nach seither mit der Akzeptanz?

Die PASSIVE Akzeptanz ist sehr gut. Darunter versteht man, dass fast alle Branchen- und Fachverbände, eine Reihe der maßgeblichen Regierungs- und Verwaltungsstellen das Format „ZUGFeRD“ für eine E-Invoice unterstützen und seine Benutzung empfehlen. Im Prinzip hat die gesamte deutsche Wirtschaft nichts gegen eine E-Invoice einzuwenden. Das ist kein Wunder, denn die Einsparungen beim Übergang von Papierrechnungen zur E-Invoice dürften im deutlich zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich liegen.

Aber, die AKTIVE Akzeptanz lässt in der Tat sehr zu wünschen übrig – das heißt, dass E-Invoices zurzeit nur sehr spärlich wirklich benutzt werden.

Und das bedeutet?

Dass niemand explizit ein Gegner der E-Invoice ist, aber kaum jemand richtet sein Geschäft aktiv darauf aus und benutzt E-Invoices.

Mit Juli 2011 wurde in Deutschland mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 die EU-Richtlinie 2010/45/EU umgesetzt, die E-Invoices und Papierrechnungen gleichstellt. Das Europäische Parlament hat im März 2014 per Richtlinie für öffentliche Aufträge beschlossen, dass öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen zur Annahme und Verarbeitung elektronischer Rechnungen verpflichtet sind – aber eben nur zur (nicht ausschließlichen!) passiven Annahme, nicht aktiven Rechnungslegung. Eine neue europäische Norm für E-Invoices ist zudem zurzeit in Arbeit.

Alle möglichen Dokumente elektronisch einzulesen und zu verarbeiten ist ja schon seit vielen Jahren möglich. Warum dauerte das bei Rechnungen so lange?

Ja, das ist schon ein Unikum – aber die längste Zeit hat es gedauert. Ich gehe davon aus, dass sich das Thema in der nächsten Zeit rasch weiterentwickelt.

Was glauben Sie persönlich, was getan werden muss, damit sich E-Invoices im großen Stil durchsetzen?

Das Problem liegt nicht (mehr) im technischen Bereich. Das Format „ZUGFeRD“ hat – meines Erachtens – für die E-Invoice eine absolut nennenswerte technische Qualität, es ist konkurrenzlos integrativ.

Wir brauchen als nächsten Schritt einen offiziellen Standard für die E-Invoice. Diesen Standard müssen national etwa der DIN, international die CEN/CENELEC und die ISO/IEC betreuen und die Stabilität der technischen Spezifikationen sichern. Dieser Schritt ist auf dem Weg.

Es muss weiter eine öffentliche Einrichtung oder ein öffentlich bestelltes Institut professionell Zertifikate ausstellen können – und auf Anfrage auch ausstellen, ob ein E-Invoice-Datensatz in sich datenkonsistent ist oder ob eine vorgelegte E-Invoice-Implementierung (Software) einer Firma wirklich dem – dann offiziellen – E-Invoice-Standard entspricht. Die gleiche Einrichtung müsste in der Lage sein, Fragen der Interoperabilität zu beantworten, etwa ob das E-Invoice-Programm mit den bekannten (Umsatz-)Steuererklärungssystemen (wie ELSTER) oder E-Payment-Verfahren korrekt zusammenarbeitet. Ist Letzteres sichergestellt, sind zum Beispiel die Einsparungen bei der Umsatzsteuererklärung immens – was wiederum zur aktiven Akzeptanz der E-Invoice beiträgt. Schlussendlich muss seitens der öffentlichen Verwaltung eine Akzeptanz von Papierrechnungen eingestellt werden – womit sich dann die Akzeptanz und damit der E-Invoice-Rationalisierungseffekt per Verordnungslage einstellen.

Wir werden seitens eco das Thema weiter aktiv verfolgen, weil wir uns seiner Wichtigkeit bewusst sind.

Das nächste Projektmeeting „ZUGFeRD“ findet am 17. August in Frankfurt am Main statt.