22.03.2016

Nachbericht:Domain Name Talks beim WHD.global 2016

eco Sessions zu Themen der Domain-Industrie

Bei WHD.global hatte das Team von eco das Vergnügen, drei Podiumsdiskussionen über einige der aktuellen Themen in der Domainbranche zu organisieren: „Building Towards Tomorrow’s Internet: Fixing IDNs, EAI & Universal Acceptance“, „brandTLDs – The Great Unkowns“ und „geoTLDs – Added Value for Regions, Cities & Companies?“. Wir hatten ein tolles Publikum, erstklassige Referenten und danken allen, die an den Diskussionsrunden teilgenommen haben.

Building Towards Tomorrow’s Internet:
Fixing IDNs, EAI & Universal Acceptance

Universal Acceptance war das Thema des ersten Panels am 17. März beim WHD.global. Nach einer Video-Einleitung von Ram Mohan von Afilias , begann eine lebhafte Podiumsdiskussion, co-moderiert von Lars Steffen (eco) und Christian Dawson ( i2Coalition ). Zu den Diskussionsteilnehmern zählten Bert Hubert von PowerDNS , Peter Janssen von EURid und Werner Staub von CORE .

Universal Acceptance bleibt ein weltweites Problem, nicht nur für die neuen Internationalized Domain Names (IDNs), sondern auch für viele der neuen generischen Top-Level-Domains – vor allem für die TLDs, die länger als drei Zeichen sind. Die Domain der Universal Acceptance Steering Group (UASG) – www.UASG.tech – ist zum Beispiel eine Domain, die von Webportalen und E-Mail-Clients regelmäßig als eine ungültige Adresse zurückgewiesen wird, weil die TLD 4 Zeichen lang ist. Zeichenfolgen, die von rechts nach links gelesen werden müssen, sind ebenfalls eine große Herausforderung. Ein Fun-Fact, so Lars Steffen: Nach bisherigen Recherchen der UASG wurde bislang nur eine Website gefunden, das UA-ready ist: myspace.com. Es gibt also offensichtlich noch viel zu tun.

Bert Hubert wies während der Diskussion immer wieder darauf hin, dass Universal Acceptance aus der Sicht eines Software-Ingenieurs „nicht schwer“ zu lösen sei. Man könne durchaus sicherzustellen, dass Unicode-Zeichen vollumfänglich unterstützt werden, stimmte aber am Ende der Diskussion zu, dass es durchaus einige Details gäbe, deren Lösung etwas komplizierter sei.

Eines dieser Probleme wurde von Peter Janssen, CTO von EURid – der Registry für die .eu-Top-Level-Domain – angesprochen. So sei es weniger ein technisches als vielmehr ein Redundanz-Problem, welches die Einführung der internationalen Unicode-Zeichen zur Folge hat. Bis vor kurzem waren kaum sprachspezifische Sonderzeichen bei Second- oder Top-Level-Domains zulässig. Das hatte zur Folge, dass bestimmte Konsonanten oder Vokale transkribiert werden, um sie im lateinischen Alphabet darzustellen. Er nannte das Beispiel des deutschen „Eszett“ beziehungsweise „scharfen S“ (ß), welches als -ss- dargestellt wird. Nachdem das Eszett im Domain Name System (DNS) nun zur Verfügung steht, entschied EURid, die Registrierung eines Domain-Namens zu ermöglichen, der entweder mit ß oder ss geschrieben wird – aber nicht beide. Sobald eine Schreibweise registriert wird, ist die andere dauerhaft nicht mehr verfügbar. Andernfalls könnten konkurrierende Unternehmen nahezu identische URLs haben und Kunden könnten sich mehr eindeutig wissen, welche Website sie gerade aufrufen – oder noch schlimmer, die alternative Schreibweise könnte für missbräuchliche Zwecke verwendet werden. Dies wird auch bei einigen anderen Phänomene der Fall sein – wie beim griechischen Buchstaben Sigma – und die Anzahl der Beispiele wird sich sich mit weiteren IDNs, die zukünftig verfügbar sein werden, weiter erhöhen.

brandTLDs – The Great Unkowns

Die zweite Panel-Diskussion befasste sich mit dem in breiten Öffentlichkeit noch relativ unbekanntes Phänomen der so genannten dotBrands beziehungsweise brandTLDs. In der Öffentlichkeit sind sie bislang kaum in Erscheinung getreten, obwohl bereits eine ganze Reihe von ihnen bei ICANN seit längerer Zeit registriert und genehmigt wurden. Das Panel, moderiert von Lars Steffen, setzte sich aus folgenden Teilnehmern zusammen: Berater Achim Brinkmann von Nameshield Gruppe , Benjamin Crawford, CEO von CentralNic Ltd. , Martin Küchenthal, Geschäftsführer der LEMARIT GmbH , Katrin Ohlmer, Geschäftsführerin der DOTZON GmbH und Jannik Skou, Partner von Thomsen Trampedach GmbH . Sie diskutierten, wo sie die Gründe für die bislang geringe Sichtbarkeit der dotBrands sehen und wo sie in den kommenden Monaten vermehrt Aktivitäten erwarten.

Einigkeit herrschte zu Beginn unter den Diskussionsteilnehmern, dass Universal Acceptance einer der größten Hemmnisse für den Launch vieler dotBrands ist. Marken müssten die flächendeckende und reibungslose Verfügbarkeit ihrer Websites gewährleisten – daher bestehen derzeit noch Vorbehalte und Sorgen was die Verwendung der neuen TLDs betrifft. Ebenso hätte sich der Genehmigungsprozess bei ICANN als zu lang, zu aufwändig und zu teuer dargestellt – mit dem Ergebnis, dass eine Reihe von Marken unter anderem aufgrund von Umfirmierungen und Firmenzusammenschlüssen inzwischen nicht mehr existieren, bevor ein Lauch überhaupt möglich war – so wurden eine Menge Zeit, Energie und Geld investiert, ohne die Möglichkeit, einen Erfolg zu generieren.

Andere Unternehmen verfolgen, so die Diskussionsteilnehmer, bislang auch einen „wait and see“-Ansatz – viele Unternehmen, die ihre dotBrands in der ersten Runde der genehmigten Registrierungen von ICANN zugesprochen bekommen haben, beobachten bislang die Aktivitäten und Erfahrungen der „early adopters“, um zu sehen, wie erfolgreich die Starts sind und wie gut die neuen TLDs seitens der User akzeptiert werden, bevor sie selbst ihre eigenen dotBrands in Betrieb nehmen.

Inzwischen sei aber eine graduelle Bewegung im dotBrand-Sektor erkennbar. Als Beispiel wies Jannik Skou auf .bmw hin. Für ihre Jubiläumsfeier startete der Automobilhersteller eine Kampagne, um einen Ausblick auf die nächsten hundert Jahre zu geben. Die URL www.bmwgroup.com/de/next100.html erschien den Verantwortlichen als zu sperrig, sodass sie nun auf die Möglichkeit, ihre dotBrand zu nutzen, zurückgriffen. Ergebnis war die URL www.next100.bmw . Jetzt, wo die Marken von den Möglichkeiten der dotBrands zunehmend Gebrauch machen, erwarten die Teilnehmer des Panels deutlich mehr Aktivitäten im laufenden und kommenden Jahr sehen zu können. Ebenso erwarten sie eine große Anzahl von weiteren Bewerbungen für neue dotBrands in der nächsten Runde für entsprechende Anträge bei ICANN, auch wenn ein genauer Zeitpunkt hierfür noch nicht in Aussicht steht. Seitdem die dotBrands in der Öffentlichkeit erschienen sind, habe die Anzahl der Anfragen, so die einhellige Meinung der Panel-Teilnehmer, für Bewerbungen um weitere dotBrands deutlich zugenommen.

Gefragt, was sie sich von ICANN zukünftig wünschen, waren sich die Diskutanten in ihren drei Wünschen ebenfalls weitestgehend einig: Reduzierung des Zeitaufwands für den Antrags- und Genehmigungsprozesses bei neuen Top-Level-Domains, Reduzierung des administrativen Aufwands und Verschlankung des Verfahrens – womit auch das Applicant-Guidebook deutlich schmaler ausfallen sollte – sowie eine Reduzierung des monetären Aufwands. Der letzte Punkt wurde allerdings doch dahingehend eingeschränkt, dass eine bestimmt Kostengrenze nicht unterschritten werden sollte, um ernsthaften und legalen Bewerbungen den Weg zu ebnen, gleichzeitig aber effektiv den Missbrauch einzuschränken.

geoTLDs –
Added Value for Regions, Cities & Companies?

Die dritte und letzte Panel-Diskussion im Rahmen der Domain Name Talks drehte sich um die geoTLDs, mit den Diskussionsteilnehmern Anja Elsing von der .RUHR Registry regiodot GmbH & Co. KG , Dirk Krischenowski von dotBERLIN GmbH Co. KG , Crystal Peterson von Neustar, Inc. (die .nyc, .melbourne und. sydney), Hartmut Schulz von NetCologne GmbH (.koeln und .cologne) und Ronald Schwärzler von punkt.wien GmbH , moderiert von Lars Steffen.

Die Referenten zeigten während der gesamten Diskussion sehr vielfältige Geschäftsmodelle und Anwendungsfälle vor. So benötigt man beispielsweise für die Registrierung einer .nyc-Domain eine in New York City registrierte Adresse, bei .sydney und .melbourne muss ein deutlicher Bezug zwischen der Domain und der Stadt nachgewiesen werden. Dagegen können die Kölner Top-Level Domains .koeln und .cologne uneingeschränkt registriert werden. Positive und negative Beispiele wurden aufgezeigt, wie Unternehmen, die nicht in der jeweiligen Stadt ansässig sind, die geoTLDs für sich einsetzen: So wollte ein kleiner Flughafen außerhalb Wiens mit der Verwendung des Stadtnamens in der Domain Kunden und Fluggäste anlocken. Andererseits wirbt ein Pub in New York mit einer .koeln-Domain dafür, auf den Ausschank von Kölsch spezialisiert zu sein.

Alle auf dem Panel vertretenen Registries konnten berichten, dass ihre Top-Level Domains inzwischen von den jeweiligen Städten, Unternehmen und Bürgern gut angenommen werden – die geographische Referenz wird von vielen lokalen Unternehmen als Marketingvorteil wahrgenommen. Von mehreren Städten konnte jedoch berichtet werden, dass es nur sehr langsame Fortschritte bei den jeweiligen Stadtverwaltungen gibt. Für diese großen und häufig komplex organisierten Institutionen verursacht die Änderung des Domain-Namens enorme Kosten, zum Beispiel für alle Drucksachen und Dokumente. Vielmehr erwarteten die die Diskussionsteilnehmer einen langsamen Wechsel, beispielsweise in Verbindung mit einer Neugestaltung des Corporate Image. Einige Stadtverwaltungen betreiben bereits Dienste und Programme, die auf den neuen geoTLDs basieren, aber diese sind häufig noch Einzelfälle, die von zukunftsorientierten Marketing-Managern vorangetrieben werden. Auch hier wurde die Frage aufgeworfen, ob Universal Acceptance auch hier ein Hemmschuh für die flächendeckende Verbreitung der neuen TLDs sei, was von einigen der Diskussionsteilnehmer durchaus bejaht wurde und daher einige Stadtverwaltungen noch zögerlich bei der Umsetzung seien.

Was die Bewerbung um weitere geoTLDs in der Zukunft betrifft, wiesen die anwesenden Registries darauf hin, dass die mit einer geoTLD verbundenen Kosten für viele kleinere Städte einfach nicht aufgebracht werden können. Auch hier wurde an ICANN appelliert, die Kosten für zukünftige Bewerbungen zu reduzieren.

Nachbericht:Domain Name Talks beim WHD.global 2016