24.03.2016

„Wir haben eine Gewaltenteilung etabliert“

Interview mit Thomas Rickert in Marrakesch

Beim 55. ICANN-Meeting in Marrakesch haben die Vertreter der Regierungen für den Vorschlag gestimmt, die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) endgültig aus der US-Aufsicht zu entlassen. Für eco war unter anderem Thomas Rickert vor Ort, der als eco Director Names and Numbers sowie Co-Chair der CCWG-Accountability wesentlich an dem Vorschlag mitgewirkt hat. Im Interview erklärt er den Durchbruch.

Herr Rickert, warum bezeichnen Sie das Votum als Meilenstein?

Die globale Community hat einen Vorschlag erarbeitet, der erhebliche Reformen bei ICANN auslöst. Viele haben bezweifelt, dass eine so diverse Community, in der von Regierungen über Unternehmen bis hin zu Nutzervertretungen alle Interessen vertreten waren, bei einem solch komplexen Thema zu einem Konsens kommen kann.

Nicht alle Regierungen sind mit der Reform glücklich. Warum?

Einige Regierungen hätten sich gewünscht, dass die Rolle der Regierungen im Zuge der Reformen gestärkt wird und dass der Regierungsbeirat auch dann sogenannten GAC-Advice an das ICANN-Direktorium richten kann, wenn dieser nicht von einem Konsens im Regierungsbeirat getragen wird. Stattdessen können nach dem gemeinsamen Vorschlag einzelne Länder mit ihrem Veto einen GAC-Advice verhindern. Das ist einigen Regierungen ein Dorn im Auge.

Wie wird künftig verhindert, dass die ICANN ein Eigenleben wie beispielsweise die FIFA führt?

Wir haben eine Gewaltenteilung etabliert, die es erstmals der Community erlaubt, Einfluss auf Budget, Strategie und Satzungsänderungen zu nehmen. Zudem kann die Community einzelne Direktoren oder gar den gesamten Vorstand entlassen. Schließlich haben wir eine unabhängige Gerichtsbarkeit etabliert, mit der Satzungsverletzungen des Vorstands geahndet werden können. Das Gesamtkonzept sichert ICANN gegen verschiedenste Risiken ab.

An dem Vorschlag hatte auch eco mitgewirkt. Wie sieht die Mitarbeit in der Working Group praktisch aus?

Die Arbeitsgruppe zu den Accountability-Reformen habe ich mit zwei Kollegen aus Frankreich und Mexiko geleitet. Wir waren insofern für die gesamte Projektleitung und Verhandlungsführung verantwortlich. Nach einigen Hundert Stunden Telefonkonferenzen und knapp 14.000 E-Mails sind wir nun für diese Phase am Ziel. Wolf-Ulrich Knoben vom eco war in einem Leitungsgremium aktiv, das die technischen Proposals zusammengeführt hat.

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