02.01.2018

NetzDG seit 1. Januar voll wirksam: Einfallstor für Overblocking und verfassungsrechtlich zweifelhaft

Seit dem 1. Januar 2018 müssen Unternehmen das im Oktober 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) in vollem Umfang umsetzen. Das bedeutet: Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube müssen es ihren Nutzern ermöglichen, sich über rechtswidrige Inhalte beschweren und diese bei den jeweiligen Unternehmen melden zu können. Soziale Netzwerke sind dann dazu verpflichtet, die gemeldeten Inhalte zu prüfen und bei mutmaßlichen Rechtsverstößen zu löschen. Die Entscheidung über die Frage der Rechtmäßigkeit der Inhalte liegt dabei beim Betreiber des Netzwerks. Der Verband der Internetwirtschaft wiederholt die grundsätzliche Kritik am NetzDG und den dort vorgeschriebenen Verfahren: „eco lehnt das umstrittene und verfassungsrechtlich zweifelhafte Netzwerkdurchsetzungsgesetz konsequent ab und wird sich auch weiterhin für eine Abschaffung des Gesetzes einsetzen.“ Insbesondere kritisiere der Verband der Internetwirtschaft den immer noch unklaren Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs sowie die 24h-Löschfrist für offensichtlich rechtswidrige Fälle, die im Ergebnis zum Overblocking von Inhalten durch die Plattform-Betreiber führen und damit zu einer Gefahr für die Meinungsfreiheit im Netz werden könne. Durch das NetzDG stünden die Unternehmen unter enormem Zeitdruck, wenn sie gemeldete Inhalte prüfen. Die hohen Bußgelder verstärken diesen Druck zusätzlich. Was zwangsläufig dazu führen könne, dass auch erlaubte Inhalte gelöscht würden.

Bislang seien außerdem keine geltenden Leitlinien für Bußgelder veröffentlicht worden, die bei Verstößen gegen das Gesetz auf Unternehmen zukommen. Neben den vielen unbestimmten Rechtsbegriffen im Gesetzestext führe dieser Zustand zu weiterer Rechtsunsicherheit.

„Die als Entwurf vorgelegten Bußgeldvorschriften illustrieren den grundlegend falschen Ansatz des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes für die Bekämpfung von Hasskommentaren. Wenn Internetunternehmen einseitig dafür in die Pflicht genommen werden, über Rechtswidrigkeit oder Meinungsfreiheit zu entscheiden und gegebenenfalls Kommentare von ihren Plattformen zu entfernen, entsteht eine privatwirtschaftlich organisierte Parallelrechtsprechung, die außerhalb staatlicher Strafverfolgung und Rechtsprechung entscheidet. Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen und Opfern wird dadurch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Das steht in einem direkten Widerspruch zu unserem Rechtssystem.“

Die neue Bundesregierung müsse deshalb diesen rechtspolitischen Fehlgriff durch eine Rücknahme des Gesetzes korrigieren, fordert eco.

Internationale Netzpolitik