26.11.2019

„Der Mittelstand wird enorm von einer Digitalisierung seiner Geschäftsmodelle profitieren“

Zum ersten Mal ist Deutschland Gastgeber des Internet Governance Forums (IGF), das vom 25. bis 29. November im Estrel Congress Center in Berlin stattfindet. Im Zentrum der internationalen Konferenz steht in diesem Jahr die Frage, wie vor allem der Mittelstand vom Potenzial des Internets profitieren kann. Im Interview verrät Dr. Béla Waldhauser, CEO der Telehouse Deutschland GmbH und Sprecher der Allianz digitaler Infrastrukturen in Deutschland, wie dies künftig gelingen kann.

Herr Dr. Waldhauser, nutzen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) das Internet aktuell noch zu wenig?

Definitiv haben KMUs das Potenzial des Internets bislang noch nicht voll ausgeschöpft. Dabei ist es vor allem der Mittelstand, der enorm von einer Digitalisierung seiner Geschäftsmodelle profitieren kann. Das Internet macht es möglich, dass Produkte oder Services schneller an den Markt gebracht, Kundenwünsche besser berücksichtigt und womöglich sogar zusätzliche Leistungen angeboten werden können.

Momentan erlebe ich es oft, dass die Anwendung von Künstlicher Intelligenz sowie Cloud und Edge Computing ausschließlich den Global Playern zugesprochen wird. Hier darf sich der deutsche Mittelstand keinesfalls verstecken, sondern sollte möglichst frühzeitig handeln. Dazu müssen jedoch auch von Seiten der Politik die richtigen Weichen gestellt werden.

Was müsste Ihrer Meinung nach konkret verbessert werden?

Um alle Vorteile des Internets nutzen zu können, müssen zunächst die nötigen Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden. Dies schließt ein flächendeckendes Glasfasernetz in Deutschland ein, das gleichzeitig auch die Grundlage für den bundesweiten Einsatz von 5G bildet. Gleichzeitig muss Deutschland als Standort für Rechenzentren strategisch gestärkt und weiterentwickelt werden.

Diese grundlegenden politischen Forderungen verfolgen wir auch mit der unter dem Dach von eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland. Die Bundesregierung muss endlich ein umfassendes Verständnis für die Wichtigkeit von digitalen Infrastrukturen entwickeln. Ansonsten könnte der Wirtschaftsstandort Deutschland empfindlich geschwächt werden – worunter KMUs womöglich am stärksten leiden würden. Als Allianz wollen wir das verhindern.

Auch beim diesjährigen IGF soll der Mittelstand stärker in die Diskussion miteinbezogen werden. Was erhoffen Sie sich von der internationalen Konferenz?

Zunächst einmal begrüße ich sehr, dass KMUs beim diesjährigen Treffen eine zentrale Rolle spielen. Denn kleine und mittelständische Unternehmen tragen deutlich zur Wirtschaftskraft bei: Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erwirtschaften KMU allein in Deutschland rund 35 Prozent des Gesamtumsatzes; bei der Nettowertschöpfung liegt der Anteil sogar bei knapp 55 Prozent. Darum halte ich es für sehr wichtig, in einen gemeinsamen Dialog mit Vertretern von KMUs, der Internetwirtschaft und der IGF-Community zu treten.

Genau dies ist bei der von eco initiierten Paneldiskussion am 25. November geschehen, bei der ich als Sprecher der Allianz digitaler Infrastrukturen teilgenommen habe. Gemeinsam mit Andreas Keck, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesvereinigung Liberaler Mittelstand, Sabine Zimmermann, Geschäftsführerin und Partnerin der X.0 Group, Judith Nink, Head of Advocacy eyeo GmbH und eco Geschäftsführer Alexander Rabe habe ich über die Bedürfnisse und Forderungen von KMU an das Internet der Zukunft gesprochen. In Deutschland benötigen wir nicht nur ein überall verfügbares und leistungsfähiges Internet – es muss vor allem auch sicher sein.

Bela Waldhauser