17.03.2021

Drei Fragen an Prof. Christian Kastrop

Seit 25 Jahren bekämpft die eco Beschwerdestelle erfolgreich illegale Inhalte im Netz. Prof. Dr. Christian Kastrop, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) stellt am heutigen Mittwoch gemeinsam mit eco Beschwerdestellen-Leiterin Alexandra Koch-Skiba den Bericht für das Jahr 2020 vor.

Welche Verantwortung tragen Politik und Internetwirtschaft im Umgang mit illegalen Inhalten im Netz?

Wenn wir vom Umgang mit Hass, Hetze oder Bedrohungen, aber auch Desinformation im Internet sprechen, tragen wir alle Verantwortung: Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Politik setzt durch ihre die Arbeit im Parlament Regeln und einen verbindlichen Rechtsrahmen. Deswegen kann und darf nicht von einzelnen Konzernen entschieden werden, was erwünscht, unerwünscht, legal oder illegal ist. Dafür muss der Gesetzgeber die Standards setzen. Morddrohungen oder Hetze müssen auf der Straße ebenso konsequent verfolgt werden, wie in virtuellen Räumen. Aber das allein reicht nicht aus. Plattformbetreiber haben ein Hausrecht für Ihre Dienstleistungen, dennoch müssen sie auch den Rechtsrahmen einhalten, selbst wenn dies mit Mehraufwand wie zum Beispiel dem Löschen illegaler Online-Meldungen verbunden ist. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen auf der anderen Seite aber auch für ihre Rechte einstehen können. Das heißt für eine offene, faire und auch kritische Debatte eintreten und dort wo Normen verletzt werden, auch den Rechtsweg nutzen. Wenn dies nicht geschieht, laufen wir Gefahr, unser Miteinander und unsere Demokratie von einer Minderheit digitaler Brandstifter zerstören zu lassen.

Welche Bedeutung haben in diesem Kontext Selbstregulierungsinitiativen wie die eco Beschwerdestelle?

Wer Hass sät, braucht ein Feld, auf dem die Saat aufgeht. Diesbezüglich reden wir hauptsächlich über die Regulierung großer Plattformen mit viel Reichweite und Einfluss. Aber wir wollen, dass auch die Verbraucherinnen und Verbraucher illegale Inhalte melden. Leider kennen viele Menschen nicht ihre Rechte und Möglichkeiten im virtuellen Raum. Die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtsrelevanten Inhalten ist nicht für jeden sofort erkennbar. Teilweise fehlt es vielleicht auch an dem nötigen juristischen Fachwissen. Daher sind Maßnahmen zur digitalen Bildung und Befähigung der Verbraucherinnen und Verbraucher elementar. Die eco Beschwerdestelle ist ein exzellentes Beispiel, wie so eine Befähigung aussehen kann. Durch die Bündelung juristischer Expertise bietet die Beschwerdestelle ein effektives Instrument, um Unsicherheiten in Bezug auf Rechtsverstöße im Netz auszuräumen. So wurden zum Beispiel 2019 über 300.000 Beschwerden bei der eco Beschwerdestelle eingereicht und überprüft. Durch solche Initiativen wird der gesetzliche Rahmen effektiv komplementiert und es wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um die Einhaltung von Regeln im Netz zu fördern und illegale Inhalte konsequent zu löschen.

Gemeinsam mit verschiedenen Unternehmen hat das BMJV die Initiative Corporate Digital Responsibility gegründet, um die digitale Verantwortung zu stärken. Welche Ziele verfolgen Sie mit der Initiative und welche Schwerpunkte setzen Sie dabei 2021?

Die CDR-Initiative wurde 2018 ins Leben gerufen und versteht sich als Lernpartnerschaft zwischen Politik und Wirtschaft – mit Unternehmen, die bewusst ein Beispiel guter Praxis sein wollen. Mit der Initiative möchten wir den Dialog zwischen Wirtschaft und Politik fördern, um die Chancen der digitalen Transformation gemeinwohlorientiert und im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher zu nutzen. Dafür möchten wir mit der Initiative eine der wichtigsten Währungen im digitalen Zeitalter stärken: Vertrauen. Gesetze sind natürlich gut, aber Vertrauen ist manchmal eben noch besser. Wenn Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Gestaltungsmacht verantwortungsbewusst einsetzen, werden ihnen Verbraucherinnen und Verbraucher das durch mehr Vertrauen danken – was Unternehmen wiederum erfolgreicher machen kann.  Langfristiges Ziel der Initiative ist es, den Leitgedanken der Unternehmensverantwortung im digitalen Zeitalter, die Corporate Digital Responsibility, genauso selbstverständlich zu verankern, wie die schon sehr bekannte CSR, die Corporate Social Responsibility. Dafür wollen wir in der Öffentlichkeit werben und informieren mit der Initiative ansprechen. Wir freuen uns,in diesem Jahr so weitere Unternehmen für unsere Initiative zu gewinnen und mit Veranstaltungen und Debattenbeiträgen auf die Bedeutung digitaler Unternehmensverantwortung hinweisen zu können.

Jahresauftakt netTALK #1