16.09.2020

Bundesregierung veröffentlicht Löscherfolge kinderpornografischer Web-Inhalte 2019: Deutsche Beschwerdestellen bleiben wichtigster Hinweisgeber im Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen

• Löschbericht 2019: BKA erhält 7.639 Hinweise zu kinderpornografischen Web-Inhalten
• 97% aller Hinweise auf kinderpornografische Web-Inhalte kommen von deutschen Beschwerdestellen
• Jahresbericht der eco Beschwerdestelle dokumentiert erfolgreiche Arbeit in 2019

Die Bundesregierung hat heute den Evaluationsbericht zur Löschung kinderpornografischer Inhalte* im Internet für das Jahr 2019 veröffentlicht. Demnach wurden im Jahr 2019 insgesamt 7639 Hinweise zu kinderpornografischen Inhalten beim Bundeskriminalamt (BKA) statistisch erfasst, bei denen es sich bei 5.776 Fällen (75,7 Prozent) um im Ausland gehostete Inhalte handelte. Dabei lag der durchschnittliche Verfügbarkeitszeitraum inländischer URLs bei 1,42 Tagen. Die im Vergleich zum Vorjahr stark gesunkenen Verfügbarkeitszeiträume (Messung beginnt ab Beschwerdeeingang beim BKA) sind in erster Linie dadurch begründet, dass die Reaktionszeiten der in diesem Kontext wichtigsten Provider meist im Minutenbereich liegen.

Auch in diesem Jahr thematisiert der Löschbericht die effektive Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den deutschen Beschwerdestellen: Die Weiterleitung der gemeldeten Fälle durch die Beschwerdestellen an das BKA konnte auch 2019 trotz des vermehrten Beschwerdeaufkommens mit durchschnittlich 21,12 Stunden (0,88 Tage) stabil gehalten werden.

97% Prozent aller Hinweise auf kinderpornografische Web-Inhalte kommen von deutschen Beschwerdestellen

„Die aktuellen Statistiken dokumentieren erneut die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem BKA und verdeutlichen nochmals die unverzichtbare Brückenfunktion deutscher Beschwerdestellen als wichtigsten Hinweisgeber. So ermöglicht die eco Beschwerdestelle eine niedrigschwellige und einfach zugängliche Möglichkeit für die Bevölkerung, Inhalte zu melden. Jede Meldung kann auch anonym erfolgen.“, sagt Alexandra Koch-Skiba, Rechtsanwältin und Leiterin der eco Beschwerdestelle.

Im Jahr 2019 erhielt das BKA ganze 97 Prozent aller Hinweise auf kinderpornografische URLs von den deutschen Beschwerdestellen. Lediglich eine Beschwerde von Privatpersonen oder aus der Öffentlichkeit erreichte das BKA im vergangenen Jahr.

Jahresbericht der eco Beschwerdestelle 2019 dokumentiert Anstieg berechtigter Beschwerden zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs: „Eine effektive Ursachenbekämpfung illegaler Internetinhalte muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet werden“

Auch der eigenständige Jahresbericht der eco Beschwerdestelle für das vergangene Jahr dokumentiert die gestiegene Anzahl der berechtigten Beschwerden zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs bzw. der sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen (CSAM) – diese ist im Jahr 2019 um rund 75 % angestiegen. Trotzdem konnten insgesamt 96,33% aller von der eco Beschwerdestelle monierten Inhalte (auch über den CSAM Bereich hinaus) weltweit entfernt bzw. anderweitig (z. B. durch die Implementierung von Altersverifikationssystemen) legalisiert werden.

Die Leiterin der eco Beschwerdestelle ist davon überzeugt, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit von Unternehmen, Beschwerdestellen und Strafverfolgungsbehörden künftig immer relevanter wird. Eine effektive Bekämpfung rechtswidriger Internetinhalte braucht einen breiten Schulterschluss und muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden, so wie die Ursachen mit in den Blick genommen und angegangen werden müssen.

„Wir sind in Deutschland und Europa auf einem guten Weg. Wir haben sehr gute Erfolgsquoten und enge Kooperationen zwischen Strafverfolgungsbehörden, Beschwerdestellen und Unternehmen. Die Unternehmen leisten viel und ergreifen auch präventive Maßnahmen im Kampf gegen Darstellungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger auf freiwilliger Basis.“ Dennoch beobachtet der Verband der Internetwirtschaft aktuell mit Besorgnis die Bestrebungen auf nationaler und europäischer Ebene, bestehende Gesetze zu verschärfen und die Unternehmen zu weitergehenden Maßnahmen, auch proaktiver Art wie Uploadkontrollen, zu verpflichten. „Wir appellieren an die Gesetzgeber, diese Ideen nochmals gründlich zu überdenken. Bestehende und funktionierende Maßnahmen sollten nicht konterkariert werden. Bedenklich ist es auch, wenn nach einer Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung gerufen wird, obwohl die insoweit anhängigen Gerichtsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof noch nicht abgeschlossen sind. Mit einer Neuregelung, die auf unklarem, gar wackligen Grund steht, ist am Ende aber keinem geholfen. Auch nicht der Strafverfolgung, die essenziell ist, um das Übel an der Wurzel zu packen und Straftaten nachhaltig im Internet zu bekämpfen“, sagt Koch-Skiba.

 

Die eco Beschwerdestelle arbeitet seit fast 25 Jahren primär selbstfinanziert nach einem Ansatz, der auf freiwilliger Selbstregulierung der Provider und dem Engagement der Internetnutzer basiert. Von Beginn an kooperiert eco mit Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen Kinderpornografie und andere illegale Internetinhalte. Eine Meldung kann, wenn gewünscht, auch anonym bei der eco Beschwerdestelle erfolgen und wird daher gern auch von Personen genutzt, die Vorbehalte haben, sich direkt an die Polizei zu wenden.

 

Die Erfolgsstatistiken zu allen Arbeitsbereichen der eco Beschwerdestelle finden sich gesammelt im aktuellen Jahresbericht 2019.
Weitere Informationen zur eco Beschwerdestelle unter: beschwerdestelle.eco.de.

 

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*) Begrifflichkeitsanpassung „Kinderpornografie“

Durch die Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen ist sich die eco Beschwerdestelle aus praktischer Erfahrung sehr bewusst, welchen Unrechtsgehalt derartige (Internet-)Inhalte und deren zugrundeliegende „Offline-Taten“ haben. eco begrüßt daher die aktuell vorgeschlagene Anpassung bei den im StGB verwendeten Begrifflichkeiten, könnte sich aber auch vorstellen, dass die Anpassung der Begrifflichkeiten noch weitergeht und auch Tatbestandsbezeichnungen der Kinder- und Jugendpornografie umfasst. Dies würde aus Sicht des eco auch hier den Unrechtsgehalt der Taten besser darstellen. Gleichzeitig könnte so ein Gleichklang auf internationaler Ebene bewirkt werden.

Die ausführliche eco Stellungnahme zum aktuellen „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ lesen Sie hier.

Löscherfolge bei Kinderpornografie im Internet: Wichtigste Hinweisquelle sind deutsche Beschwerdestellen
eco Beschwerdestelle