03.07.2020

eco kritisiert neues Telemediengesetz: Gesetzgeber verpasst Chance, Netzsperren klare Absage zu erteilen

Der Bundestag hat gestern Abend in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet. Mit dem Gesetz werden die Änderungen der europäischen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt und treten somit noch vor Ende der Umsetzungsfrist am 19. September 2020 in Kraft. eco-Verband der Internetwirtschaft e.V. bedauert, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit nicht wahrgenommen hat, die mit der vorigen 3. TMG Novelle geschaffene Grundlage für Netzsperren endgültig zu beseitigen. Die aktuelle Rechtsgrundlage und Anwendung von Netzsperren sorgt bei Unternehmen und Bürgern gleichermaßen für Rechtsunsicherheit und ist kein angemessenes Mittel für die Rechtsdurchsetzung von Urheberansprüchen im Internet.

Dazu sagt eco- Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme:

„Leider hat der Gesetzgeber mit der Verabschiedung des neuen Telemediengesetzes die Chance verpasst, Netzsperren eine klare Absage zu erteilen. Dabei sind Netzsperren nie ein gangbares und erst recht kein effizientes Mittel bei der Bekämpfung illegaler Inhalte oder Urheberrechtsverletzungen im Internet. Gleichzeitig bedeuten sie aber immer einen tiefen Einschnitt in die Informationsfreiheit der Bürger und stehen dabei in keinem Verhältnis zu dem erhofften Nutzen.“

Neben der gesetzlichen Grundlage für Netzsperren hat die Bundesregierung eine weitere Änderung des Telemediengesetzes zur Umsetzung der AVMD-Richtlinie beschlossen, die eco kritisch bewertet: So sollen Videosharing-Plattformen fortan ein fest umrissenes Melde- und Abhilfeverfahren für Verstöße gegen Werbe- und Jugendschutzvorschriften vorhalten.

„Anstatt die bekannten Kritikpunkte aktiv in der Neuauflage des Telemediengesetzes anzugehen, hat der Gesetzgeber zusätzliche Verpflichtungen für Betreiber von Videoportalen eingeführt, die sich mit dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz überwerfen. Zwar soll eine Kollision der gesetzlichen Auflagen vermieden werden. Doch für die Betreiber entsprechender Videoportale werden sich in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bei den unterschiedlichen Meldeverfahren ergeben“, so Süme abschließend.

RA Oliver J. Süme