24.04.2023

eco Verband fordert mehr Koordinierung bei Umsetzung der Digitalstrategie

Netzpolitisches Forum am 25. April mit Digitalminister Volker Wissing zieht Zwischenbilanz zur Digitalpolitik der Bundesregierung

 

  • eco Vorstandsvorsitzender Süme formuliert drei Kernforderungen zur Umsetzung der Digitalstrategie
  • Koordination: Digitalministerium muss koordinierende Rolle übernehmen
  • Budget: Ampel darf im Koalitionsvertrag beschlossenes Digitalbudget nicht streichen
  • Evaluierung: Bundesregierung muss Umsetzung der Digitalstrategie transparent dokumentieren

 

Deutschland bis 2025 unter die digitalen Top Ten in Europa bringen – so lautet das erklärte Ziel der Bundesregierung für diese Legislaturperiode. Dazu hat sie im August letzten Jahres ihre Digitalstrategie vorgestellt, die einen konkreten Fahrplan für die digitale Transformation liefern soll.

„Der Status Quo ist nicht zufriedenstellend“, bilanziert eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme ein dreiviertel Jahr nach Vorstellung der Digitalstrategie. Sowohl im europäischen als auch internationalen Vergleich liegt Deutschland nach wie vor maximal im Mittelfeld, deutlich hinter anderen Industrienationen, aber auch hinter europäischen Nachbarn wie Slowenien oder Malta.*

„Klar ist: die Herausforderungen, vor denen wir als Gesellschaft und damit auch die Bundesregierung stehen, werden nicht kleiner: der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Folgen für die Energieversorgung, aber auch für die sicherheitspolitische Lage, haben Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und alle Bürgerinnen und Bürger in Europa. Auch der Klimawandel schreitet voran und die Zeit das 1.5 Grad Ziel des Pariser Abkommens noch zu erreichen wird immer knapper“, so Süme. Digitalisierung könne der Schlüssel für eine klimafreundlichere und nachhaltigere Wirtschaft sein, resiliente Kommunikationswege garantieren und auch die Energiewende selbst unterstützen. „Ich wünsche mir eine funktionalere Digitalpolitik, die sich stärker an konkreten aktuellen Herausforderungen orientiert. Die Bundesregierung müsste Digitalisierung dafür auch viel stärker und strategischer als Enabler für eine nachhaltigere, ressourcenschonendere und gemeinwohlorientierte Wirtschaft einsetzen.“

Die vorgelegte Digitalstrategie biete hierfür einige richtige Ansätze. Diese müssten nun aber auch umgesetzt werden, so Süme weiter: „Drei Punkte sind aus meiner Sicht entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Digitalstrategie und den digitalen Aufbruch in Deutschland: Koordinierung, ein Digitalbudget und eine transparente Evaluation der Hebel- und Leuchtturmprojekte.“

  1. Digitalministerium muss koordinierende Rolle übernehmen

 „Leider erleben wir aktuell wie auch schon in früheren Legislaturperioden eine teilweise zögerliche Digitalpolitik, unklare Zuständigkeiten, redundante oder schlimmstenfalls gegenläufige Aktivitäten aus unterschiedlichen Ressorts, fehlende Bund-Länder-Abstimmung und generell einen Mangel an Koordination“, stellt Oliver Süme fest und fordert Bundesdigitalminister Volker Wissing auf, hier künftig eine stärkere koordinierende Rolle einzunehmen. „Natürlich ist Digitalisierung ein Querschnittsthema, das im Kern alle Bundesministerien betrifft. Doch die digitale Transformation gelingt nur, wenn sie nicht von geteilter Federführung, zu vielen Zuständigkeiten und bürokratischem Aufwand aufgeweicht wird.“

So liege beispielsweise beim Thema digitale Infrastrukturen der Fokus immer noch auf den Netzen, während die Bedeutung von Rechenzentren als Rückgrat und Fundament für digitale Souveränität und eine nachhaltige Digitalisierung weitestgehend unbeachtet bliebe oder von einzelnen Ministerien lediglich zur Erreichung der eigenen Ziele bspw. in Sachen Wärmewende instrumentalisiert werde. „Ein Energieeffizienzgesetz zu verabschieden, dass Rechenzentren mittelfristig zur Abwanderung zwingt, aber gleichzeitig die Weltspitze in Sachen KI anzustreben. Das passt aus meiner Sicht einfach nicht zusammen.“

 

  1. Ampel darf im Koalitionsvertrag beschlossenes Digitalbudget nicht streichen

 

Fakt ist: Ein starkes Digitalministerium mit Gestaltungskraft braucht ein entsprechendes Budget, das ressortübergreifend flexibel eingesetzt werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn man Digitalisierung als Querschnittsaufgabe begreift. „Ein Digitalminister, der kein Budget zur Unterstützung anderer Projekte außer seiner eigenen hat und nur darauf hoffen muss, dass die anderen Häuser ihre Budgets auch vor dem Haushaltsausschuss bewilligt bekommen, verliert Gestaltungsmöglichkeiten und kann keine Impulse für die Digitalisierung geben. Angesichts aktueller Krisen, die zusätzlich das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland erschweren, mag es auf den ersten Blick nachvollziehbar sein, dass die Ampel über Kürzungen für den Bundeshaushalt spricht. Den Rotstift bei der Digitalisierung anzusetzen, führt jedoch in eine hausgemachte digitalpolitische Abwärtsspirale“, so Oliver Süme.

 

  1. Bundesregierung muss Umsetzung der Digitalstrategie transparent evaluieren

eco begrüßt grundsätzlich die Prioriserung der in der Digitalstrategie formulierten Hebelprojekte, dem Netzausbau, der Einführung einheitlicher technischer Normen und Standards sowie Etablierung sicherer digitaler Identitäten. Auch die Begleitung der Leuchtturmprojekte durch einen Beirat, an dem auch eco Geschäftsführer Alexander Rabe mitwirkt, sei eine sinnvolle Einbeziehung von Expertise aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. „Eine fundierte Zwischenbilanz der Digitalstrategie fällt dennoch schwer, da es ja bislang keine Dokumentation oder offizielle Evaluierung der in der Digitalstrategie formulierten Leuchtturmprojekte gibt“, stellt Oliver Süme fest. Die Hebelprojekte haben eine Ausstrahlungskraft für die Digitalisierung insgesamt. Daher muss frühzeitig nachjustiert werden und eine Auseinandersetzung stattfinden, woran es gelegen hat. Bei strukturellen Problemen in Regierung und Verwaltung müssen diese zeitnah angegangen werden. Auch eine unabhängige wissenschaftliche Begleitung ist wichtig, um zu zeigen, ob die Bundesregierung ihre Ziele wirklich erreicht hat und wo Hürden lagen. Hier gelte es, die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Evaluierung abzuwarten. Grundsätzlich könne in diesem Kontext künftig auch ein breiteres Mandat des Beirats hilfreich sein, um die Transparenz und den Austausch mit Wirtschaft und Gesellschaft zu möglichen Hürden oder Wechselwirkungen zwischen den Projekten noch weiter zu erhöhen.

Das Netzpolitische Forum von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. zieht am 25. April, ab 18:15 Uhr in Berlin u.a. mit Digitalminister Volker Wissing und der Beauftragten der Bundesregierung für die Digitale Wirtschaft und Start ups, Anna Christmann, eine erste Zwischenbilanz zur Umsetzung der Digitalstrategie und diskutiert Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft.

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