05.11.2025

Halbjahresbilanz der Bunderegierung: Rund zwei Drittel der Bürger:innen unzufrieden mit Digitalpolitik

Seit dem 6. Mai 2025 ist die neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz im Amt. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, Deutschland auf die digitale Überholspur zu bringen (KoaV 2025, S.67) und den Digitalstandort in Bezug auf Zukunftstechnologien wie beispielsweise KI an die Spitze zu führen (KoaV 2025, S. 70). Dazu wurde erstmals ein eigenes Digitalministerium gegründet, das nicht nur für Digitalisierung, sondern auch für Staatsmodernisierung zuständig ist.

Doch welche Bilanz ziehen Wahlberechtigte ein halbes Jahr nach Antritt der neuen Bundesregierung in Bezug auf den aktuellen Stand der Digitalisierung in Deutschland?

Eine aktuelle Umfrage von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut YouGov* zeigt, dass die Mehrheit der Befragten (68%) nach wie vor unzufrieden ist mit der Digitalpolitik der Bundesregierung. Rund ein Drittel (29%) gibt sogar an, sehr unzufrieden zu sein. Nur 17 Prozent bewerten sie als insgesamt zufriedenstellend, “sehr zufrieden” sind tatsächlich nur 2 Prozent der Befragten.

Oliver Süme: Richtung stimmt, jetzt müssen Veränderungen auch für Bürger:innen und Unternehmen spürbar werden

eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme sieht die Ursache für die Unzufriedenheit allerdings nicht in einer grundsätzlich verfehlten Digitalpolitik: “Die Herausforderungen und Hindernisse am Digitalstandort Deutschland sind seit Jahren bekannt. Das neue Digitalministerium setzt die richtigen Prioritäten. Viele der angestoßenen Themen sind von hoher Relevanz und fußen auf einem klaren Verständnis für digitale Wertschöpfung.” Jetzt müsse es allerdings darum gehen, dass die Veränderung auch bei den Bürger:innen und den Unternehmen ankomme, so Süme weiter.

“Als Verband begrüßen wir die klare Haltung und den sichtbaren Willen des Digitalministers, Dinge tatsächlich zu verändern. Gleichzeitig bleibt die Zersplitterung der Zuständigkeiten eine Herausforderung: Datenschutz, IT-Sicherheit in der Wirtschaft, Energiepreise und zentrale Fragen zur Umsetzung des Digital Markets Act liegen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Digitalministeriums. Der politische Aufbau zwischen den Häusern führt weiterhin zu Reibungsverlusten und verlangsamt dringend notwendige Fortschritte.

Dringender Handlungsbedarf bei digitaler Infrastruktur, Datenschutz & Cybersicherheit und digitalen Verwaltungsservices

Gefragt nach den drei größten Herausforderungen bei der Digitalisierung in Deutschland, gaben 56 Prozent langsame Verwaltungsprozesse und bürokratische Hürden geben der Befragten an. 40 Prozent identifizieren die schlechte Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen als eine der größten Herausforderungen. Rund 32 Prozent nennen den mangelnden Ausbau digitaler Infrastruktur – konkret den zu langsamen Breitbandausbau und Funklöcher.

Zu den drei dringlichsten Aspekten der Digitalisierung, die in den nächsten Jahren vorangetrieben werden müssen, zählten die Befragten das Thema digitale Infrastruktur und Netzabdeckung (42%).  Auch im Bereich Datenschutz und Cybersicherheit (40%) sowie bei der Einrichtung digitaler Services in der Verwaltung (39%) sehen die Menschen digitalpolitischen Handlungsbedarf.

Digitalisierungsbestrebungen brauchen Umsetzung und Tempo

eco fordert eine klare Priorisierung, verbindliche Ziele und mehr Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Aus Sicht des Verbands müssen in den kommenden Monaten insbesondere drei Projekte sichtbar vorangetrieben werden:

  • Digitalisierung der Verwaltung: Das Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) muss endlich flächendeckend umgesetzt werden – für weniger Bürokratie und einheitliche Plattformstandards. Verwaltungsleistungen für Bürger:innen sollten flächendeckend vollumfänglich digital verfügbar sein.
  • Digitale Infrastruktur: ein funktionierendes und leistungsfähiges Ökosystem digitaler Infrastrukturen ist die Grundvoraussetzung, damit Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung digital funktionieren. Dazu zählen Rechenzentren, genauso wie Cloud- und Colocation-Anbieter, Internetaustauschknoten und ein gut ausgebautes Gigabitnetz.
  • Cybersicherheit und Datenschutz: Klare, verständliche und verhältnismäßige Regeln die die Interessen von Nutzer:innen in ein sinnvolles Verhältnis zum Schutzgut setzen und die für Unternehmen mit angemessenem Aufwand umgesetzt werden können.

„Mit dem Bundesdigitalministerium hat die große Koalition den Startschuss gesetzt. Jetzt gilt es mit Taten, Tempo und spürbaren Ergebnissen im Rennen zu bleiben. Digitalisierung darf kein Zukunftsversprechen bleiben, sondern muss im Alltag der Menschen ankommen“, so Oliver Süme.

* Grundlage der Angaben ist eine Online-Umfrage, die YouGov Deutschland im Auftrag des eco – Verbands der Internetwirtschaft e.V. durchgeführt hat. Befragt wurden vom 31. Oktober bis 3. November 2025 insgesamt 2.374 Personen ab 18 Jahren. Die Ergebnisse wurden nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region, Wohnumfeld, Wahlverhalten und politischem Interesse quotiert und die Ergebnisse anschließend entsprechend gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

 

 

RA Oliver J. Süme