18.01.2017

Fake News: Schmaler Grat zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen

  • Weniger als ein Drittel der Bevölkerung nutzt soziale Medien als Nachrichten-Informationsquelle
  • 34% der deutschen Bevölkerung sind schon einmal mit Fake News in Berührung gekommen
  • 88% der Deutschen sind der Meinung, zweifelhafte Nachrichten sollten gekennzeichnet werden

Seit Wochen beschäftigen sich die deutsche Öffentlichkeit und die Politik mit Löschforderungen gegenüber Betreibern sozialer Plattformen. Während sich die Diskussion zunächst auf das Löschen von Hate Speech fokussierte, hat sich die Diskussion im Zuge der US-Wahl im November 2016 auf das Löschen von Fake News ausgeweitet. eco – Verband der Internetwirtschaft steht den aktuellen Plänen der Bundesregierung für eine gesetzlich vorgeschriebene Löschung von Hasskommentaren und Falschmeldungen innerhalb von 24 Stunden in sozialen Netzwerken skeptisch gegenüber. „Aus unserer Sicht dreht die Bundesregierung mit diesem Vorschlag an den falschen Stellschrauben. Wir bewegen uns hier in einem sehr sensiblen Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen. Das bedeutet, die Entscheidung über das Löschen fraglicher Inhalte muss sich in erster Linie am Grundsatz juristisch gründlicher Prüfung und nicht an gesetzlich vorgeschriebenen Zeitfenstern orientieren“, sagt eco Vorstand Politik & Recht Süme.

Auch die langjährigen Erfahrungen der eco Beschwerdestelle im Umgang mit rechtswidrigen Internetinhalten zeigten, dass 24 Stunden zur Einordnung juristischer Grenzfälle häufig ganz einfach nicht ausreichten, da die zu prüfenden Sachverhalte in vielen Fällen juristisch sehr komplex seien. „Sollte ein gesetzliches Zeitfenster kommen, haben wir bald eine wahllose Löschkultur im Internet, weil Unternehmen dann nicht mehr gründlich prüfen, sondern im Zweifel Nachrichten und Kommentare schnell löschen, um die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen, so Süme weiter. Der Verband fordert außerdem ein konsequenteres Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden: „Auch der Staat ist hier in der Verantwortung, durch effektivere Strafverfolgung der Täter die Ursache des Problems zu bekämpfen und in der Öffentlichkeit ein stärkeres Bewusstsein für illegale Äußerungen und Inhalte zu schaffen.“

Soziale Medien als Nachrichten-Informationsquelle: Weniger als ein Drittel der Bevölkerung informiert sich über soziale Medien

eco mahnt außerdem zu mehr Augenmaß und Besonnenheit in der Fake News-Debatte. So belegt eine aktuelle repräsentative Bevölkerungsumfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von eco durchgeführt hat, dass die Deutschen sich immer noch hauptsächlich über traditionelle Medien wie TV (80 %) und Radio (59%) informierten. Weniger als ein Drittel (31%) der Deutschen gibt an, sich regelmäßig auf Facebook, Twitter & Co über tagesaktuelle Geschehnisse auf dem Laufenden zu halten. Davon geben 34 % der Befragten an, auch schon mal bewusst mit Fake News in Kontakt gekommen zu sein.

Eine verbesserte und gezieltere Vermittlung von Medienkompetenz von Bundesbürgern aller Altersgruppen könnte aus Sicht des Verbandes dabei helfen, das Bewusstsein in Hinblick auf Falschmeldungen innerhalb sozialer Netzwerke zu schärfen. „Die Bundesregierung sollte daher nicht nur regulatorische Maßnahmen diskutieren, sondern auch Maßnahmen zur Stärkung der Medienkompetenz, damit Internetnutzer dazu befähigt werden, glaubwürdige Quellen zu erkennen und Tatsachenbehauptungen zu prüfen sowie für mögliche Folgen gedankenloser Verbreitung von Fake News sensibilisiert werden“, so Süme.

88% der Deutschen sind der Meinung, zweifelhafte Nachrichten sollten gekennzeichnet werden

Als hilfreich bewertet der Großteil der Deutschen (88%) auch die Kennzeichnung zweifelhafter Nachrichten in sozialen Netzwerken. Entsprechende Maßnahmen werden aktuell beispielsweise von Facebook in den USA und Deutschland etabliert.

eco begleitet die kommenden Monate bis zur Bundestagswahl 2017 mit einer digitalpolitischen Themenkampagne unter dem Motto Wahl/Digital 2017. Ziel ist es, im Rahmen von Veranstaltungen, Publikationen und Onlineangeboten die wichtigen politischen Fokusthemen rund um Internet und Digitalisierung zu diskutieren sowie auf relevante digitalpolitische Fragestellungen und Herausforderungen aufmerksam zu machen. Das Schwerpunktthema des Monats Januar ist „Rechtsverletzungen im Internet“.
Weitere Informationen finden Sie online auf der neuen eco Website zur Digitalpolitik www.eco-digitalpolitik.berlin.

Hinweis: Alle Informationen zum Monatsthema „Rechtsverletzungen im Internet“ sowie ein Interview mit Alexandra Koch-Skiba, Leiterin der eco Beschwerdestelle, stellen wir Ihnen ab morgen online bereit unter: https://politik-recht.eco.de/digitalpolitisches-thema-des-monats.html

Infografik eco Umfrage zum Thema Fake News

Fake News: Schmaler Grat zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen 2